Die Antwort vorab: Ja, ein Schalter kann nachhaltig sein! Und dies in mehrfacher Hinsicht: durch ressourcen- und klimafreundliche Herstellung, durch wiederverwertbare Materialien und im Ideal durch Langlebigkeit. Sie fragen sich, warum das relevant ist? Weil Architektur die Summe vieler Einzelteile ist und sich jeder Hersteller – aber auch jeder Planer und jede Planerin – fragen muss, wie er/sie zu einer nachhaltigen Architektur beitragen kann. Und sei es durch die Wahl des Lichtschalters.
Die Meldung kommt scheinbar unspektakulär daher: Das Unternehmen Jung hat einen ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Auf freiwilliger Basis und in Anlehnung an den GRI-Standard (Global Reporting Initiative). Dies bedeutet, dass sich der Schalterhersteller vollkommen transparent in unternehmensweiten Prozessen hinter die Kulissen blicken lässt. Und das ist durchaus keine Selbstverständlichkeit, denn auch bei viel Engagement und positivem Willen für umweltfreundliche Produkte unterliegen Hersteller verschiedensten Zwängen, die es erst einmal zu meistern gilt.
Insgesamt wurden in den Jung Werken in Schalksmühle und Lünen im Jahr 2021 etwa 28,5 Mio. Produkte hergestellt. Bei der Materialbeschaffung nehmen die elektrotechnischen Einsätze den größten Anteil ein, und diese bestehen – auch bei Kunststoff-Schaltern und -Steckdosen – hauptsächlich aus Metallen, darunter Stahl mit Zink-Magnesium-Beschichtung, Messing, Edelstahl und Silberdraht.
Gegenüber konventionellen Zink-Überzügen bietet die Zink-Magnesium-Beschichtung der Tragringkonstruktionen von Jung ein deutlich verbessertes Korrosionsverhalten. Durch seine gute Umformbarkeit trägt das Material während der Verarbeitung zu geringerem Werkzeugverschleiß und weniger Stillstand der Anlagen bei, was zu einer Effizienzsteigerung und somit Energieersparnis während der Produktion führt.
Der Werkstoff lässt sich beliebig oft recyceln, sodass alle Produktionsabfälle wiederverwertet werden können. Bei den technischen Bauteilen wie Erdungsbügeln, Kontaktfedern oder Erdschienen wird verzinntes Messing statt wertvollem Kupfer verwendet. Bei einigen innenliegenden Komponenten kommt Edelstahl zum Einsatz. Beide Metalle sind vollständig recycelbar. Die Schaltkontakte werden aufgrund der sehr guten elektrischen Leitfähigkeit aus Silberdraht gefertigt.
Sichtbare Rahmen und Einsätze der Kunststoffschalter werden bei Jung hauptsächlich aus Duroplast gefertigt. Die Option, Gebäudetechnik mit Komponenten aus Duroplast zu erwerben, bieten dabei nicht viele Hersteller, obwohl das Material entscheidende Vorteile hat: Duroplaste sind Kunststoffe, die sich nach dem Aushärten nicht mehr verformen lassen und dadurch besonders robust sind. Die Kratzfestigkeit ist so gut, dass Transportschutzverpackungen reduziert werden oder sogar entfallen können.
Zur Herstellung von Duroplast werden überwiegend Harnstoffharz (UF), Formaldehyd auf Erdgasbasis sowie Harnstoff, Methanol und Zellulose eingesetzt. Das erfordert keine erdölbasierten Rohstoffe, und das benötigte Formaldehyd wird während des Herstellungsprozesses nahezu vollständig gebunden. Duroplast ist ein idealer Isolierstoff, schwer entflammbar und selbstverlöschend, sodass keine zusätzlichen Flammschutzmittel erforderlich sind.
Im Vergleich zu Thermoplasten werden bei der Herstellung weniger CO2 und flüchtige Bestandteile (VOC) emittiert sowie weniger Energie und Wasser verbraucht. Am Ende seines Lebenszyklus kann Duroplast in granulierter Form als Füllstoff oder Strahlmittel verwendet werden. Bei der thermischen Verwertung oder Deponierung werden keine toxischen Stoffe freigesetzt. Bei der Zersetzung entsteht kein Mikroplastik.
Aufgrund ihrer Bruchfestigkeit werden bei Jung auch Produkte aus Thermoplasten angeboten, die bevorzugt in öffentlichen Gebäuden eingesetzt werden, wo eine erhöhte Schlagfestigkeit gefordert ist. Thermoplaste sind Kunststoffe, die wieder aufgeschmolzen werden können. Sie werden aus erdöl-, erdgas- oder kohlebasierten Derivaten hergestellt.
Bei Jung kommen hauptsächlich Polycarbonat (PC) und Polyamid (PA) zum Einsatz. Polycarbonat (PC) wird teilweise mit Mahlgutanteilen aus post-industriellen Abfällen verwendet. Thermoplastische Altkunststoffe können durch einfache mechanische Zerkleinerung vollständig als Wertstoff recycelt werden.
Über den Jung Nachhaltigkeitsbericht 2021/2022
Jung ist sich der Verantwortung als Hersteller und Arbeitgeber für die Umwelt und die Menschen bewusst und möchte einen Beitrag leisten, um die Lebensräume heute, morgen und für zukünftige Generationen zu erhalten. Dazu wurde der Jung Nachhaltigkeitsbericht 2021/2022 veröffentlicht, in dem das Unternehmen transparent seine ESG-Strategie offenlegt. Diese dient der Bewertung von Nachhaltigkeit in den drei Bereichen Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance).
Der Bericht wurde professionell nach GRI Universal Standards 2021 unter Beratung und Konzeption von Andrea Herold, Consulting & Sustainability Reporting (GRI), InteriorPark, in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung erstellt. Er gibt Einblick in die Unternehmensgrundsätze und -historie, erläutert anschaulich die Nachhaltigkeitsstrategie sowie sämtliche Aspekte von Produktion und Vertrieb der Jung Lösungen inklusive aller Auswirkungen auf die Umwelt wie Energieverbrauch und Emissionen, Logistik und Lieferketten, Wasserverbrauch und Abfallentsorgung.
Das Kapitel „Mensch und Gesellschaft“ widmet sich den Mitarbeiter:innen und deren Arbeitsbedingungen, dem sozialen Engagement von Jung sowie internationalen Kooperationen und eigenen Veranstaltungsformaten. Zahlen und Fakten finden sich gebündelt im Anhang.
Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind für Jung kein Weltverbesserungsthema, sondern fokussieren auf greifbare relevante Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Anfangen ist wichtig – dazu integrieren wir ESG in die Strategie von Jung. Aus Tradition wurden Entscheidungen bei Jung niemals aufgrund reiner Gewinnmaximierung getroffen. Auf diese Haltung und diesen Habitus legt die Familie Jung bis heute größten Wert.
Michael Eyrich-Ravens, Jürgen Kitz und Martin Herms, Geschäftsführer JUNG