Die Conversion-Optimierung gehört zu den wichtigen Disziplinen im E-Commerce. Die laufende Verbesserung erhöht die Performance bei der Ansprache der möglichen Kunden. A/B-Tests sind ein bewährtes Instrument für die fundierte Entscheidung zwischen Alternativen.
Beim Einkaufen entscheidet man oft subjektiv: das rote Radtrikot gefällt einem besser als das blaue Shirt, man kauft die rote Variante. Die gewählte Farbe soll gefallen, vielleicht richtet man sich noch nach der Partnerin oder dem Partner. In der Gestaltung eines Online-Shops können Parameter wie Farbe oder Form Auswirkungen auf die Performance haben. Wird der Call-to-Action Button rot oder blau gestaltet? In der Vermarktung geht es um die Wirkung, dabei können leichte Unterschiede in den Varianten spürbare Ausstrahlung auf das Verhalten der User haben. Wenn man die eigene subjektive Einschätzung oder ein Raten der besseren Wirkung vermeiden möchte, hilft das quantitative Testen der Alternativen im Vergleich.
Testen statt Raten
Ein A/B-Test (auch Split Test genannt) ist ein quantitatives Verfahren, bei dem zwei Varianten einer ausgewählten Variable (die Varianten A und B) gegeneinander getestet wird. Bei der Umsetzung sieht eine Gruppe der Zielgruppe bzw. Besucher die eine Variante, die zweite Gruppe sieht die andere Version. Es wird beispielsweise die Wirkung der aktuellen Farbe eines relevanten Buttons oder einer Display-Werbung gegen die Umsetzung mit einer anderen Farbe verglichen, oder es werden zwei alternative Text-Varianten in der Betreffzeile beim Newsletter oder bei der Produktbeschreibung im Online-Shop gegenübergestellt. Die Erweiterung von einem Element auf mehrere gleichzeitig geänderten Elemente bezeichnet man als multivariaten Test.
Das nachfolgende Beispiel demonstriert die Wirkung einer Variation auf den Umsatz. Welche Variante führt zu mehr Bestellungen?
Variante A (auf der linken Seite) führte zu 8 % mehr Bestellungen. Der Unterschied? Es gibt ganz unten eine zeitliche Limitierung, die beim Betrachten bewusst oder unbewusst in die Präferenz einfließt. Wir können uns nun besser vorstellen, warum Booking.com bei Hotelbuchungen auf das bewährte System der zeitlichen und mengenmäßigen Verknappung setzt. Ein vergleichsweise kleiner Baustein hat große Wirkung, der über A/B-Test fundiert mit Zahlen belegt werden kann. Überprüft werden kann die unterschiedliche Wirkung beim Einsatz von Elementen wie Buttons, Überschriften, Formulare, Designs, Texte und Bilder.
Strukturiertes Vorgehen
Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten messen die Wirkung direkt bei der Zielgruppe, man verlagert die Entscheidung vom subjektiven Einschätzen zum quantitativen Testen mit Fakten zur direkten Umsetzung für Conversion-Optimierung. Durch den Einsatz von Testing-Tools lassen sich Vergleiche mit geringem technischem Aufwand durchführen. Das Vorgehen bei A/B-Tests folgt einem strukturierten Schema: Identifizierung eines Problems, Recherche zu möglichen Ursachen und Lösungen, Aufstellen einer Hypothese, Vorbereiten und Umsetzung des Tests bzw. Analyse der Ergebnisse.
Das Problem kann sich beispielsweise auf eine geringe Klickrate beim Call-to-Action Button im Online-Shop oder eine niedrige Öffnungsrate im Newsletter beziehen. Beim Suchen nach Lösungen sind die Orientierung an Referenzen, Studien oder Expertentipps hilfreich, diese sind Inspiration für die Überlegungen zur Optimierung. Daraus ergibt sich eine Hypothese für das Verbessern, zum Beispiel „Wenn beim Button die grüne Farbe gewählt wird, dann ist die Klickrate höher als bei der aktuellen roten Farbe.“ Nach dem Vorbereiten der Varianten und des technischen Rahmens wird der Split durchgeführt.
Beim professionellen Vergleich der Ergebnisse werden die Stichprobengröße und der Unterschied zwischen den beiden Varianten berücksichtigt, bei der Interpretation wird auf statistische Signifikanz (üblich ist für Zuverlässigkeit ein Konfidenzintervall von 95 %) geachtet. Die Stichprobengröße hängt von Parametern wie der Conversion-Rate der aktuellen Variante (z.B. eine Bestellrate von 3 %), der erwarteten Steigerung der neuen optimierten Variante (z.B. eine Verbesserung der Conversion auf 4 %) und der statistischen Power des verwendeten Tools ab. Viele Conversion-Optimierer empfehlen als Regel mindestens 1.000 Conversions pro Variante bzw. eine Laufzeit von zwei bis vier Wochen. Ein hilfreiches Instrument zum Kalkulieren der Stichprobengröße ist das folgende Online-Tool: https://www.evanmiller.org/ab-testing/sample-size.html
Tools helfen bei der Umsetzung
Beim Durchführen eines A/B-Tests helfen Tools, diese vereinfachen das Vorgehen. Ein kostenloses Tools ist Google Optimize, welches in Verbindung mit Google Analytics einen raschen Einstieg erlaubt. Zu den kostenpflichtigen Testing-Tools gehört Optimizely, es hat eine einfache Benutzeroberfläche mit vielfältigen Funktionen. Eine weitere Alternative mit Kosten ist Visual Website Optimizer (VWO), das auch Funktionen wie Heat- und Clickmaps anbietet.
Tipp: die kostenpflichtigen Tools erlauben üblicherweise einen Probemonat ohne Bezahlung für erste Tests.
Nachfolgend wird das Vorgehen beim breit eingesetzten und kostenlosen Tool Google Optimize kurz dargestellt: die Schritte umfassen das Registrieren bei Google Optimize, das Integrieren des Codes via Tag-Manager oder direkt in der Website im Google-Analytics Code, das Konfigurieren von Optimize, das Erstellen der Testvarianten (das ist auch im Editor des Tools möglich) bzw. nach dem Durchführen des Tests die Auswertung. Beim Interpretieren der Ergebnisse hilft die enge Anbindung an Google Analytics.
Zusammenfassend: A/B-Tests vergleichen die Wirkung von unterschiedlichen Varianten in realer Umgebung in der Zielgruppe bzw. bei den Besuchern der Website oder des Online-Shops. Das subjektive „Wir vermuten…“ wird zum „Wir wissen…“ anhand von Fakten. Ein regelmäßiges Testen und Optimieren liefert wertvolle Einblicke in das Nutzerverhalten, das kann die Grundlage für Wachstum bei Leads, Downloads, Öffnungsraten oder Umsatz sein.
FH-Prof. Mag. Harald Rametsteiner
UPGROW Marketing Consulting
Leiter des berufsbegleitenden Masterlehrgangs „Digital Marketing“ der Fachhochschule St. Pölten
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