Ein „Robin Hood“ im Elektrofachhandel

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Kundschaft oder doch schon Freundschaft? Bei Expert Chwapil liegen beide Beziehungsformen dicht nebeneinander oder gehen manchmal Hand in Hand. Inhaber Michael Klapal kennt nicht nur die Lebensgeschichten seiner Kunden, sondern geht bei seinem Service auch oft einen Schritt weiter: Das fällt dann bei ihm unter den Begriff „Nachbarschaftshilfe“.

In der Hütteldorferstraße 124 im 14. Wiener Gemeindebezirk ist Expert Chwapil seit vielen Jahren ansässig. Runde Fensterbögen verschönern die Auslagen – das Haus wurde erst vor wenigen Jahren saniert. Keine Spur mehr vom „überwuzelten“ alten Charme, den die Räumlichkeiten davor hatten. Den Kunden ist das egal – die sind vorher gekommen und tun es heute noch. Chwapil, eine Institution im Grätzel, hat selbst nach über 85 Jahren nicht an Popularität eingebüßt.

Portrait Chwapil Innen

Liegen wird’s vor allem auch an dessen Betreiber, Michael Klapal, der das Geschäft vor mittlerweile elf Jahren übernommen hat. Wer glaubt, dass vorwiegend ältere Damen und Herren das Geschäft aufsuchen, irrt. „Die Klientel ist bunt gemischt, auch sehr viele junge Leute kommen“, erzählt Klapal. Wer sich mit ihm unterhält oder ihn kennt, kann erahnen, dass er ein fantastischer, aber vor allem ehrlicher Verkäufer ist. Der Schmäh kommt bei ihm keinesfalls zu kurz. Unter Kundenbetreuung versteht er, auch einmal etwas vom Baumarkt für einen alten Kunden mitzunehmen, der selbst nicht mobil ist. Oder eine ehemalige Kundin, die mittlerweile im Altersheim wohnt, zu besuchen. Nachbarschaftshilfe nennt er das. All seine Kunden kennt Klapal mit Namen und auch die Familiengeschichte dazu.
Wenig verwunderlich also, dass er keine digitale Werbung nötig hat. „Mundpropaganda ist sowieso die beste Werbung“, sagt Klapal. „Unsere Kunden empfehlen uns weiter, weil wir guten Service machen.“ Er habe auch ab und zu Anfragen, über die Stadtgrenzen von Wien zu fahren, kürzlich zum Beispiel nach Krems, aber „alles muss man auch nicht machen. Dort gibt es ja auch gute, lokale Geschäfte“, so der Unternehmer.

Leben und leben lassen, ist sein Motto. Und ein bisschen durchgehende Solidarität wäre auch nett, Stichwort Corona-Krise: „Erst hieß es, zusammenhalten, solidarisch sein. Davon ist jetzt nicht mehr viel übrig. Das stört mich auch am meisten bei der ganzen Impfdiskussion. Interessante Gesichter zeigt auch größtenteils die Industrie, die zum Beispiel viele Mitarbeiter auf Kurzarbeit geschickt haben. Ob das wirklich notwendig war?“, fragt er sich. „Unsere Branche muss wirklich dankbar sein, dass sie so gut durch die Krise gekommen ist. Anderen geht es da nicht so gut“, resümiert Klapal. Expert Chwapil kam bisher gut durch die Lockdowns via Click & Collect und aufgrund von viel Telefonkontakt mit den Kunden. In den vergangenen Monaten habe Klapal teilweise von Montag bis Sonntag durchgearbeitet. Seine vier Mitarbeiter waren nicht auf Kurzarbeit.

Übrigens sucht er noch eine Vollzeitkraft, was auch ihm, trotz der Tatsache, dass eine dichte Peripherie gegeben ist, Probleme bereitet. „Wirklich interessierte und engagierte Mitarbeiter zu bekommen, ist praktisch unmöglich“, meint er. Zu sehr sei heute alles auf „Selbstverwirklichung im Job“ ausgerichtet, auch dem Begriff „Work-Life-Balance“ steht er kritisch gegenüber. „Irgendwo müsse man auch realistisch bleiben und wissen, dass Arbeit kein Spaziergang sein kann, meint Klapal sinngemäß. Jeder Unternehmer müsse am besten für sich selber eruieren, wie er am besten seine Kunden erreiche. „Nicht darauf schauen, wie es die anderen machen. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“, sagt er. Es könne so simpel wie einfach sein: Darauf zu achten, „Wer sind meine Kunden und was wollen sie eigentlich, weshalb kommen sie zu mir ins Geschäft?“ Jammern bringe einem nicht weiter. „Jeden Tag kann man neu anfangen, man kann jeden Tag etwas Neues schaffen. Dafür ist es auch nie zu spät“, gibt sich Klapal zuversichtlich. „Das sage ich auch immer meiner älteren Kundschaft, wenn die sagen, sie sind zu alt und etwas zahlt sich nicht aus. Dann sage ich: wennst Pech hast, wirst 120 bei der heutigen Medizin“, schmunzelt er.

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