Ein würdiger Vize-Europameister

Die Freude steht allen ins Gesicht geschrieben (v.l.) GF Bernd und Jürgen Gottwald, Mutter Doris und Vater Helmut Steffek sowie GF Peter Gottwald mit „ihrem“ Vize-Europameister © Wolfgang Sedlak

Begeisterung, Interesse an ständiger Weiterbildung, fleißiges Training und Coolness – das war die Basis für den zweiten Platz von Florian Steffek (Gottwald GmbH) bei den EuroSkills 2023 in Danzig.

Nach drei harten Wettbewerbstagen in Stadt Danzig musste sich Elektrotechniker Florian Steffek unter 18 teilnehmenden Nationen nur dem Schweizer Michael Schmucki geschlagen geben. Dritter wurde der Norweger Fredrik Vehus Skjerve. „Der ganze Druck der letzten sechs Monate fällt jetzt ab“, freute sich der 23-jährige gleich nach dem Wettbewerbsende. Danach musste er dann aber noch mehr als 24 Stunden zittern, bevor er sich freudestrahlend die Silbermedaille umhängen konnte.

Freute sich vor Ort in Danzig über die Silberne seines Mitarbeiters – Gottwald-Lehrlingsbeauftragter Philipp Kager (links)
Freute sich vor Ort in Danzig über die Silberne seines Mitarbeiters – Gottwald-Lehrlingsbeauftragter Philipp Kager (rechts) © Gottwald GmbH

Mit ihm zitterten vor Ort sein Trainer und österreichischer EuroSkills-Experte Bernhard Wilke sowie der Gottwald-Lehrlingsausbilder Philipp Kager. „In den letzten fünf Minuten denkt man nicht mehr viel“, erzählt der glückliche Silbermedaillengewinner bei der extra für ihn abgehaltenen Feier bei Gottwald in Melk. „Es wird immer lauter, die österreichischen Besucher jubeln und applaudieren. Wenn die letzten zehn Sekunden herunter gezählt werden – das ist ein unglaubliches Gefühl“. Ein emotionaler Moment, wie auch Experte Wilke bestätigt, der mit seinem Schützling mitgebangt hat. Allerdings mit dem Wissen: „Wenn er das so durchzieht wie beim Training, dann sollte ein Stockerlplatz drinnen sein.“

Schwieriges Euro-Skills Projekt

Drei Tage dauerte der Wettbewerb, 17 Stunden konzentriertes Arbeiten. Steffek ging mit Respekt in den Wettbewerb, war aber nicht übermäßig nervös, da man durch das offizielle Testprojekt ungefähr weiß, was gefordert ist. Zudem gibt das intensive Training Sicherheit. Beim Wettkampf sind dann etwa 30 Prozent verändert. „In diesem Jahr vor allem die Programmierung“, präzisiert Wilke. Die hatte es aber ohnehin in sich: Neben der üblichen KNX-Hauselektrik gab es erstmals auch Stromverbrauchsmessungen als Basis für Steuerungen. Zudem mussten eine Siemens Logo! und KNX übergreifend agieren und zu guter Letzt musste eine Wallbox in die Steuerung integriert werden.

Freude auch bei der Begrüßungsfeier in der WKO in Wien – Andreas Wirth (damals noch BIM), Bernhard Wilke und der frischgebackene Vize-Europameister (v.l.) © WKO

Bernhard Wilke: „Florian und der Schweizer waren die einzigen, die wie vorhergesehen die Anlage nach dem zweiten Tag einschalten konnten.“ Der dritte Tag galt dann nur mehr der Programmierung, die allerdings 30 Prozent der zu vergebenen Punkte ausmacht. Dabei funktionierte bei der Installation nicht alles reibungslos. Der Melker hatte bei der Montage einer Kabelführung ein kleines Blackout. Wilke: „Florian kann aber nichts aus der Ruhe bringen. Er hatte das schnell ausgebessert.“ Steffek bestätigt: „Hat man einen Fehler gemacht, muss man ihn sofort ausbessern. Später ist das kaum mehr zu ändern. Es bringt auch nichts, ewig darüber nachzudenken, sondern bestmöglich weiter zu machen.“

„Wählt einen Job, der euch persönlich begeistert“

Diesen Rat gibt der Vize-Europameister in seinem Beitrag in „Gottwald’s Welt“, dem Kundenmagazin des Melker Elektrounternehmens, an die neue Generation von Lehrlingen weiter. „Bemüht euch, lernt stets dazu und beherzigt Ratschläge. Wir waren alle einmal Anfänger, aber das Lernen hört nie auf – auch nicht für jene, die bereits viele Jahre in der Elektrotechnik tätig sind.“

Eine Woche nach Danzig gab es den Vize-Europameister bereits am Cover des Gottwald-Kundenmagazins © Gottwald GmbH

Tipps, an denen er sich natürlich auch selbst hält, wie Florians Eltern wissen: „Sein Beruf hat ihn von Anfang an interessiert – und da lässt er dann nicht locker. Dazu ist er wissbegierig und will sich immer weiterbilden.“ Auch könne er mit Stress sehr gut umgehen, wie nebst Wilke auch der Seniorchef Rudolf Gottwald bei der Feier für den mittlerweile leitenden Monteur bestätigt: „Bei meinen Firmenbesuchen am Wochenende habe ich immer einen getroffen: Florian, der in seinem Übungscontainer gearbeitet, getüftelt und das Zeitmanagement verfeinert hat. Und mit der Coolness, mit der er über die Veranstaltung in Danzig gesprochen hat, habe ich mir gleich gedacht, dass da nichts schief gehen kann.“

Stolz auf seinen Mitarbeiter ist selbstverständlich auch Geschäftsführer Jürgen Gottwald: „Er ist ruhig, strebsam und eignet sich alles an, was ihm wichtig erscheint. Bei ihm steigt sukzessive sein Wissen und seine Kompetenz.“

Vorbild für zukünftige Lehrlinge

Die gesamte Firma profitiert von dir“, betonte Jürgen Gottwald. Florian solle auch zukünftig ein Leuchtfeuer für Lehrlinge im Unternehmen sein. „Er zeigt, was durch eine Ausbildung bei uns alles möglich ist. Jeder kann sein Potenzial ausschöpfen, wenn er will. Florian hat aber auch gezeigt, dass dazu große Konsequenz notwendig ist.“

Schnell reagiert: das Firmenauto von Florian Steffek mit neuer Beschriftung. © Wolfgang Sedlak

Um die Ausbildung weiterhin auf hohem Niveau zu halten – man ist seit 2014 „Staatlich ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb“ – wird gerade in einem Neubau eine Lehrwerkstätte eingerichtet, die nochmals einen Schub nach vorne bringen wird. Gemeinsam mit seinen Brüdern bzw. den Mit-Geschäftsführern Bernd und Peter überreichte Jürgen Gottwald seinem Vize-Europameister auch eine finanzielle Anerkennung. Den Ehrungen schloss sich auch die Stadt Melk in Person von Bürgermeister Patrick Strobl an, er ist übrigens auch gelernter Elektrotechniker. Von ihm erhielt der Melker Florian Steffek eine Urkunde für die Verdienste um die Stadt Melk sowie einen Golddukaten.

Florian Steffek: „Danke für die Unterstützung“

Trotz all dieser Lobeshymnen bleibt der Vize-Europameister ruhig und bescheiden. „Ich danke meinen Chefs für die Zeit, die sie mir zum Trainieren zur Verfügung stellten. Und natürlich meine Kollegen, die mich unterstützt und in Stresssituationen ertragen haben.“ Dankbar ist Steffek auch Bernhard Wilke: „Er ist an der Silbernen stark mitbeteiligt. Die Arbeit des Experten ist meines Erachtens ausschlaggebend für das Resultat. Es geht ja nicht nur ums Trainieren, er organisiert auch das Material und die Übungskoje. Mit ihm wird analysiert, Fehler werden aufgezeigt und das richtige Timing der einzelnen Abläufe genau geplant – sonst würde man das Projekt kaum in der notwendigen Zeit beenden.“

Nach den EuroSkills in Danzig, die laut Experten Wilke sowohl vor Ort als auch vorab von AustrianSkills sehr gut organisiert war, geht der Alltag bei Gottwald weiter. Die neue Lehrwerkstätte, das Thema Lehre mit Matura und die Vermarktung des Vize-Europameistertitels stehen jetzt an. Einerseits kommen Schulklassen ins Unternehmen, andererseits wird man auch selbst in die Schulen gehen – mit Florian Steffek, der seinen Beruf authentisch und mit Begeisterung vorstellen wird. Damit will man nicht nur männliche Jugendliche anlocken, sondern auch weibliche Elektrotechnik-Lehrlinge, mit denen man schon bisher gute Erfahrungen machen konnte

Für Österreichs Handwerksnachwuchs waren die EuroSkills 2023 in Danzig jedenfalls ein voller Erfolg. Das Team Austria gilt mit insgesamt 18 Medaillen (die meisten aller 32 teilnehmenden Nationen) – sieben in Gold, sechs in Silber und fünf in Bronze – als großer Sieger der EuroSkills. Zusätzlich gab es neun Medallions for Excellence, die für außergewöhnliche Leistungen nach den Podestplätzen vergeben werden

„Ein Aspekt sollte aber bei zukünftigen Erfolgen aber verbessert werden“, forderte Seniorchef Rudolf Gottwald: Die mediale Präsenz. „In den Tageszeitungen sind die Erfolge der EuroSkills komplett untergegangen. Auch die Innung sollte Erfolge besser nutzen, denn die seien ja auch animierend bei der Berufswahl von Jugendlichen.“ Vize-Europameister Florian Steffek wird auf jeden Fall seine berufliche Erfahrung und jene aus den verschiedenen Wettbewerben an Lehrlinge weitergeben.

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