Energiearmut war schon vor der Energiekrise ein Problem

Energiearmut ist weit verbreitet

(c) AdobeStock

Eine Studie von E-Control und Statistik Austria liefert nun bedenkliche Informationen über Energiearmut im Jahr 2021: Demnach konnten schon damals 81.000 Haushalte nicht angemessen heizen. 123.800 Haushalte waren durch hohe Energiekosten besonders belastet. Durch die aktuelle Energiekrise dürfte sich die Situation zusätzlich verschärfen.

Seit Jahren beschäftigt sich die E-Control mit dem Thema Energiearmut und hat daher als einen weiteren Beitrag dazu neuerlich eine Studie bei der Statistik Austria in Auftrag gegeben, die sich auf den Zeitraum bis zum Sommer 2021 bezieht. Damit liefern diese Ergebnisse eine solide Basis zur Beurteilung der Ausgangslage vor der Energiekrise.

„Es hat sich dabei gezeigt, dass die Corona-Krise zu keinem Anstieg der Anzahl energiearmer Haushalte geführt hat. Das ist natürlich sehr erfreulich und bedeutet offenbar, dass die in der Corona-Krise gesetzten Maßnahmen für die Konsument:innen wirksam waren. Es bleibt aber zu befürchten, dass sich das aufgrund der aktuellen Energiekrise ändern wird. Denn die massiven Preiserhöhungen bei Strom und Gas sind in der aktuell vorliegenden Studie ja noch nicht berücksichtigt“, erläutert der Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch.

2,0 % aller Haushalte gaben 2021 an, nicht angemessen heizen zu können. Rund 81.000 Haushalte konnten es sich nicht leisten, die Wohnung angemessen warm zu halten. Die betroffenen Haushalte hatten pro Jahr im Median etwas weniger als 20.000 Euro Haushaltseinkommen zur Verfügung. „Ein-Personen-Haushalte konnten sich 2021 angemessenes Heizen häufiger nicht leisten (3,3 %), Haushalte mit Kindern dagegen seltener. Haushalte mit Personen, die höchstens einen Pflichtschulabschluss hatten, waren zu 5,7 % betroffen. Überdurchschnittlich stark betroffen waren auch Haushalte, die in Gebäuden lebten, die zwischen 1961 und 1990 errichtet wurden (2,6 %) sowie Mieter:innen (3,3 %)“, erläutert der Vorstand der E-Control, Alfons Haber, weitere Ergebnisse der Studie.

Aktuell setzen die massiv gestiegene Energiepreise zunehmend mehr Haushalte unter Druck: Im 2. Quartal 2022 gaben 9,2 % aller Haushalte an, sich ihre Heizkosten nicht leisten zu können – das ist mehr als eine Vervierfachung seit Beginn der Energiekrise.

Tobias Thomas, Statistik Austria-Generaldirektor

Zugleich gab es 123.800 Haushalte mit vergleichsweise niedrigem Einkommen, die gleichzeitig überdurchschnittlich hohe Energiekosten zu tragen hatten. Diese Haushalte verfügten über ein äquivalisiertes Haushaltseinkommen von unter 16.457 Euro im Jahr, das sind 60 % des Medianeinkommens, und mussten gleichzeitig äquivalisierte Energiekosten von mehr als 1.777 Euro begleichen, was 140 % der Medianenergiekosten entspricht.

„Dabei steigen der absolute Energieverbrauch und dafür anfallende Kosten mit zunehmendem Haushaltseinkommen, während der für Energie ausgegebene Anteil daran immer geringer wird. Besonders hoch war der Anteil dieser Form der Energiearmut unter Haushalten mit geringer Bildung (7,5 %), Ein-Personen-Haushalte (6,5 %) und jenen Haushalten, die in Gebäuden lebten, die zwischen 1961 und 1990 errichtet wurden (5,8 %)“, so Haber.

Energiearmut hat verschiedene Facetten

„Energiearmut kommt zwar in verschiedenen Formen, aber tendenziell in denselben Bevölkerungsgruppen vor. So sind energiearme Haushalte etwas öfter in niedrigeren Bildungsschichten zu finden. Der Anteil der energiearmen Haushalte in kleinen, Ein-Personen-Haushalten ist bereits deutlich höher als im Bevölkerungsdurchschnitt“, erläutert Urbantschitsch. Auch bei der Wohnsituation gibt es klare Unterschiede zwischen energiearmen und nicht-energiearmen Haushalten. So befinden sich energiearme Haushalte generell öfter in älteren Gebäuden, Mehrfamilienhäusern, kleineren Wohnungen und sind zur Miete.

Wege aus der Energiearmut

Die aktuelle Studie der Statistik Austria zeigt klar, dass Energiearmut bis zu Beginn der Energiekrise ab Ende 2021 relativ stabil war. Maßnahmen gegen Energiearmut zeigten also insofern Wirkung, als dass Energiearmut in Österreich bis 2021 nicht weit verbreitet war. Mit Beginn der Energiekrise könnte sich dieser Zustand spätestens 2022 geändert haben – erste verfügbare Daten weisen auf einen deutlichen Anstieg der Betroffenheit von Energiearmut hin. Umso wichtiger ist es, energiearme Haushalte jetzt gezielt zu unterstützen.

„Strompreisbremsen und andere aktuelle Unterstützungsleistungen sind essenzielle aber nur kurzfristige Maßnahmen, um leistbaren Energiekonsum für energiearme Haushalte in der Energiekrise zu gewährleisten. Informationen zum Sparen von Energie sollten um flächendeckende Beratungsleistungen und ein Unter-die-Arme-Greifen bei der Umsetzung von Effizienzmaßnahmen systematisch erweitert werden. Ein weiterer Baustein wäre eine Stelle, bei der Informationen über Haushaltseigenschaften, soziale Bedürftigkeit und Energieverbrauch zusammenlaufen, um gezielter energiearme Haushalte zu unterstützen“, so Urbantschitsch abschließend.

Die mobile Version verlassen