Erschöpft, aber glücklich: Stefan Praders Weg zur Silbermedaille

Vizeeuropameister Stefan Prader. (c) ELEKTRObranche.at

Drei Tage hartes und konzentriertes Arbeiten hat der Steirer hinter sich als er bei der EuroSkills-Siegerehrung aufgerufen wurde. Einen Stockerlplatz hatte er angestrebt, dass es jetzt die Silbermedaille wurde – knapp hinter seinem Freund und Trainingspartner aus der Schweiz – ist umso schöner. Eine ELEKTRO|branche.at-Reportage mit exklusivem Bild- und Videomaterial.

Hinter dem Sieger Simon Koch (728 Punkte) wurde Stefan Prader aus dem elterlichen Betrieb Elektrotechnik Prader in Groß St. Florian, mit 715 Punkten Zweiter, gefolgt vom Russen Eldar Khaliulin mit 708 Punkten. Nach Verschiebungs- bzw. Pandemie-bedingten Absage einiger Nationen waren schlussendlich mit den Elektrotechnikern aus Polen, Lettland und Ungarn sechs Nationen am Start.

Training, Training, Training….

Allein für die EuroSkills 2021 in Graz hat Elektrotechniker Stefan Prader über 750 Stunden mit Trainer Thomas Benkö trainiert. Trotz Pandemie-bedingter zweimaliger Verschiebung blieb sein Fokus auf den Wettbewerb stabil und konzentriert. Das Wettbewerbsprojekt selbst war nicht nur von der Montage her aufwendig: unterschiedlichste Kabelverlegungen, ein Hauptverteiler mit KNX-Komponenten, ein Industrieverteiler mit Logo!-Steuerung, Leuchten und Tastern. Vor allem die KNX-Programmierung war laut Experten diesmal besonders anspruchsvoll. Und Punkteabzüge gibt es natürlich auch, wenn die Installation nicht hundertprozentig ist. Daher sah man den Steirer auch nach erfolgter Montage noch alle Verlegungen mit der Wasserwaage nachprüfen bzw. auch mit Putzmittel und Lappen reinigen. Nicht gesehen, aber dennoch als Trick von den bewertenden Experten verraten: Die Schnittstellen bei den Kabelkanälen werden mit Scheckkarten getestet. Rutscht sie durch, ist der Abstand unerlaubt hoch und führt zum Punkteabzug.

(c) ELEKTRObranche.at

Stressig wars…

Drei Tage bzw. 18 Stunden (eine davon ging für die Theorieprüfung drauf) hatten die Elektrotechniker Zeit. „Ziemlich stressig“, bestätigte Stefan Prader. Zudem kam der Lärm rundherum (in der gleichen Halle hatten auch andere Berufe ihren Wettbewerb), die vielen neugierigen Besucher (insgesamt 30.000, darunter an den ersten beiden Tagen viele Schulklassen und Jugendliche), die aber nicht mit den Teilnehmern sprechen durften und letztendlich die heißen Temperaturen im Zelt (am Freitag hatte es dort sommerliche 35° Celsius). „Keine einfachen Bedingungen, die man im Training auch kaum nachstellen kann“, gibt Prader zu bedenken.

Und wie waren seine Gefühle während des Wettkampfs? „Doch recht gut. Wenn man auf Zeit trainiert, weiß man, wo man wann sein sollte“, schmunzelt der zufriedene Steirer. „Am ersten Tag war ich ein bisschen hinten, am zweiten hatte ich ein Zeitguthaben – am dritten ist am frühen Nachmittag Schluss.“

Gefallene Sicherung vs. mentale Stärke

Doch gerade der Schlusstag brachte ein besonderes Schockerlebnis mit sich. Einer der Wettbewerber verursachte einen Kurzschluss, der nicht nur seine eigene Koje stromlos machte, sondern mit einer gefallenen Vorsicherung auch alle anderen. Prader: „Ich war mitten im KNX programmieren, hatte noch nicht abgespeichert und über die Hälfte war verloren. Wir haben zwar alle eine halbe Stunde zusätzliche Zeit bekommen, aber die Frage war, wer hat wie viel verloren.“ Wie stark der Steirer mental drauf ist zeigt sein Resümee: „Das war zwar ärgerlich, kann aber jedem passieren. Man muss halt damit umgehen können.“

Die Anspannung fällt ab

Nach der Schlusssirene sind sich Trainer Benkö und Prader um den Hals gefallen. Benkö. „Da fällt die ganze Anspannung ab – allerdings nicht ganz. Denn die Siegerehrung mit Ergebnissen kam erst am Tag darauf.“ Und so sah man erst am Sonntag einen total gelösten Thomas Benkö: „Ich hab kaum geschlafen, hab herumgerätselt, ob sich ein Platz am Stockerl ausgehen kann – dabei kennt man ja die Bewertung und die Punkte der anderen Experten nicht. Aber ich hab sooo eine Freude.“ Die allerdings ein bisschen getrübt wird: „Jetzt muss ich den Buben nach drei Jahren gemeinsamer Arbeit gehen lassen.“

(c) ELEKTRObranche.at

Familienehre

Stolz ist natürlich die gesamte Familie Prader, die mit zahlreichen Freunden und Bekannten alle drei Wettkampftage in gelben T-Shirts unübersehbar präsent war. Vater Gernot Prader: „Ich bin vor Freude überwältigt. Ein zweiter Platz ist keine Selbstverständlichkeit.“ Besonders lobt er die mentale Stärke seines Sohnes, der trotz schwieriger Situation und dem Druck der Heim-EM dennoch ruhig geblieben ist.

Das bestätigt auch der steirische LIM Christian Gaich: „Er ist im Kopf so stark. Fachlich ist er sowieso top. Und er hat einen starken Willen, hat seinen hohen Level über zwei Jahre gehalten.“ Wobei sein Lob allen EuroSKills-Teilnehmern gilt: „Egal in welchem Beruf, es waren hervorragende Leistungen zu sehen.“ Mit Handkuss würde er auch einen der hier Letztplatzierten in seinem Unternehmen aufnehmen. Stolz auf den österreichischen Elektrotechniker ist auch BIM Andreas Wirth: „Gratulation an Stefan. Er ist ein fleißiger Bursch, der sich in den letzten Jahren immer mehr entwickelt hat.“ Für Wirth kam der Stockerlplatz nicht wirklich überraschend: ER hat ihn sich verdient.“

Und wie geht es jetzt weiter mit dem erfolgreichen steirischen Elektrotechniker? Stefan Prader: „Ich mache gerade den Vorbereitungskurs für die Befähigungsprüfung. Das ist das nächste Ziel.“ Davor wird er allerdings im November 2021 bei den Austrian Skills in Salzburg als Experte seine Erfahrungen aus der Teilnahme an den WorldSkills 2019 und den EuroSkills2021 einbringen.

Bei der Arbeit

(c) ELEKTRObranche.at

Die Teilnehmer

Bildergalerie

TV-Tipp

Der ORF brachte am 3. Oktober den Beitrag „Euro Skills 2021 – Die Heim-Europameisterschaft der Berufe“ und wiederholt diesen am 7. Oktober 2021 um 11.05 Uhr. Danach sollte der Beitrag noch sechs Tage via Mediathek abrufbar sein.

Die mobile Version verlassen