Grüner Strom braucht ein grünes Netz

Die Mittelspannungsschaltanlage Xiria von Eaton vereint Vakuum- und Feststoffisolation und ist dank ihres modularen Aufbaus flexibel einsetzbar. © Eaton

Der großangelegte Ausbau der erneuerbaren Energien verlangt auch nach einer entsprechenden Ertüchtigung des Stromnetzes. Ein besonderer Bedarf besteht dabei bei Mittelspannungsschaltanlagen. In diesen kommt noch häufig das klimaschädliche Gas SF6 zum Einsatz. Daher ist es an der Zeit, vollständig auf Alternativen zu setzen.

Traditionell spielt in Österreich die Wasserkraft die wichtigste Rolle bei der Stromversorgung: Über die Hälfte der erzeugten Elektrizität stammt aus dieser Quelle. Auf dem Weg in eine CO2-neutrale Zukunft wird es aber auch darauf ankommen, nicht nur den direkten Strombedarf abzudecken, sondern auch die Bereiche Verkehr und Heiztechnik zu elektrifizieren. Es wird also einen steigenden Bedarf an erneuerbarer Stromerzeugung geben, den auch Österreich nicht allein aus Wasserkraft decken kann und auf andere Energieträger wie Wind setzen muss.

Warum mehr Schaltanlagen?

Wind- und auch Solaranlagen sind in der Regel kleinere und dezentrale Kapazitäten als beispielsweise große Wasserkraftwerke. Da jede der verteilten Anlagen auch eine eigene Schaltanlage benötigt, steigt insgesamt der Bedarf. Dieser Bedarf rührt wiederrum daher, dass der erzeugte Strom zunächst auf das Niveau der Verteilnetze hochtransformiert muss. Üblicherweise sind das Spannungen im Bereich von 10 bis 30 kV, also Mittelspannung. Hier wurden und werden immer noch gasisolierte Schaltanlagen eingesetzt, da diese eine wesentlich kompaktere Bauform erlauben als Anlagen mit reiner Luftisolation. Das macht sie für den Einsatz in Windkraftanlagen auf den ersten Blick attraktiv. Doch das am häufigsten verwendete Isoliergas SF6 birgt ein hohes Schadenspotenzial.

Das stärkste bekannte Treibhausgas

Das synthetisch erzeugte Schwefelhexafluorid (SF6) ist das potenteste bekannte Treibhausgas, mit einem Effekt, der den von CO2 um den Faktor 23.500 übertrifft – das will heißen, ein Kilogramm SF6 hat ungefähr so viel negative Auswirkung auf da Klima wie 23.500 Kilogramm CO2. Diese schädlichen Auswirkungen wurden allerdings lange Zeit nicht beachtet und es standen die positiven Eigenschaften des Gases im Vordergrund, die es zu einem sehr guten Isolator machen. SF6 verfügt unter Normaldruck über eine Durchschlagfestigkeit, die dreimal höher ist als die von Luft oder reinem Stickstoff. Das macht das Gas als Isolationsmedium sehr attraktiv, wobei es in gekapselten Anlagen zudem unter einem Druck von fünf bis zehn Bar gehalten wird, um seine Isolationsfähigkeit weiter zu steigern.

SF6 ist außerdem unsichtbar, geruchlos und ungiftig. Durch diese Eigenschaften fand das Gas in der Vergangenheit eine breite Anwendung unter anderem als Füllung von Autoreifen, Tennisbällen oder Schallschutzfenstern. In all diesen Bereichen ist SF6 aber bereits seit 2014 durch die F-Gas-Verordnung der EU verboten. Ausnahmen wurden nur noch für elektrische Anwendungen im Mittel- und Hochspannungsbereich gemacht. Die Entscheidungsträger waren damals der Ansicht, dass keine adäquaten Alternativen vorhanden seien. Zumindest was den Mittelspannungsbereich anbelangt, war diese Einschätzung allerdings auch schon vor sieben Jahren unzutreffend.

Strom braucht grünes Netz
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Probleme im Betrieb

Man könnte argumentieren, dass der Einsatz von SF6 unproblematisch sei, es dürfe nur nicht in die Atmosphäre gelangen. Doch dies lässt sich eben nicht verhindern. Die Eigenschaften als unsichtbares und geruchsloses Gas werden hier zum Problem. Die einfachste und billigste Art das Gas zu entsorgen wäre, es einfach unbemerkt entweichen zu lassen. Doch auch wenn alte Anlagen korrekt entsorgt werden, kommt es im Regelbetrieb von gasisolierten Schaltanlagen immer wieder zu Lecks. Zwar existiert eine Selbstverpflichtung der Industrie, die während einer 40-jährigen Betriebszeit maximal vier Prozent Leckage erlaubt, doch können die tatsächlichen Verluste je nach Art und Anwendung der Anlage bis zu 15 Prozent betragen. Neben diesen Austritten im laufenden Betrieb muss man noch mit Verlusten bei Herstellung, Lagerung und Transport des Gases rechnen.

Alternativen sind verfügbar und erprobt

Kompakte Bauformen von Mittelspannungsschaltanlagen lassen sich nicht nur mit Gasisolation erreichen, Feststoff- und/oder Vakuumisolation erreichen dasselbe Sicherheitsniveau, ohne mehr Platz einzunehmen. Schaltvorgänge im Vakuum und Feststoffisolierung haben sich als eine ideale Kombination erwiesen und können den Bereich bis 24 kV abdecken. Eine reine Feststoffisolation auf Basis von Epoxidharz kann bis 15 kV genutzt werden. Beide Varianten setzt Eaton bereits seit langem sehr erfolgreich in der Praxis ein. Epoxidharz-isolierte Anlagen wurde bereits in den 1960er Jahren entwickelt und sind heute immer noch ein Bestandteil des Portfolios. Die auf der Kombination von Vakuum- und Feststoffisolation basierende Xiria-Reihe ist bereits seit über 20 Jahren auf dem Markt. Positive Erfahrungen aus dieser Zeit sprechen eindeutig für die Technologie.

Gegenüber der Gasisolation hat sie noch einen weiteren Vorteil: Je nach Bauart muss bei SF6-Anlagen regelmäßig der Druck kontrolliert werden und bei Bedarf Gas nachgefüllt werden. Dies entfällt bei Feststoff-/ beziehungsweise Vakuumtechnologie, sodass diese Alternativen praktisch wartungsfrei sind. Diesen Faktor sollte man in eine Total-Cost-of-Ownership-Betrachtung miteinbeziehen, wie auch die Entsorgung des Gases nach der Betriebszeit. Noch sind gasisolierte Anlagen bei der Anschaffung meist günstiger, doch auf lange Sicht sind die SF6-freien Alternativen auch aus wirtschaftlicher Sicht die bessere Wahl.

Wie geht es weiter?

Aktuell steht immer noch eine Entscheidung der EU bezüglich eines vollständigen Verbots von SF6 aus. Diese sollte eigentlich bereits im Sommer 2020 erfolgen, wurde dann aber auf Ende dieses Jahres verschoben. Diese Gelegenheit sollte genutzt werden, um endlich ein Komplettverbot zu beschließen. Ansonsten droht durch die Energiewende eine weitere Verbreitung von SF6-Anlagen. Die Infrastruktur eines Netzes, das grünen Strom transportiert, sollte auch selbst keine Treibhausgase emittieren – darüber sollten sich eigentlich alle Beteiligten einig sein.

© Eaton

Michaela Sadleder ist Country Sales Managerin bei Eaton Österreich

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