Stell dir vor, der ElWG-Entwurf ist endlich da und (fast) keiner freut sich. Während die E-Wirtschaft verhalten jubelt, holen alle anderen den Taschenrechner zur Schadensbegrenzung heraus. Wir haben die Meinungen kurz zusammengefasst.
Wer wissen will, wer bei diesem Gesetz beschenkt wird, muss nur hören, wer Beifall klatscht: Oesterreichs Energie erkennt „einen wichtigen Schritt“ und lobt die geplante Spitzenkappung als Mittel gegen „überbordende Investitionen“.
PV‐Branche: Zur Kasse, bitte!
Für die rund 500.000 Betreiber:innen von Photovoltaikanlagen bedeutet der Entwurf vor allem eins: neue Netzentgelte. „Kurzsichtig und energiewirtschaftlich hochriskant“, warnt deswegen PV Austria-Geschäftsführerin Vera Immitzer. Flexibilität, die das Stromsystem dringend bräuchte, werde mit Gebühren bestraft. Österreich zahlte schon bisher die zweithöchste Einspeisekomponente der EU; nun winkt Platz eins. Wer Strom importiert, bleibt dagegen fein raus und zahlt keine Abgaben – offenbar ist „Energie-Made-in-Austria“ nur ein Slogan für Werbebroschüren, nicht für Gesetzestexte.
EEÖ: Von Planbarkeit keine Spur
Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich nennt das Ganze eine „Stromimportstrategie“. Zusätzliche, teils rückwirkende Gebühren zerstören jedes Vertrauen in einen verlässlichen Rechtsrahmen. Ergebnis: Investitionen werden riskanter und teurer, die Mehrkosten landen auf der Stromrechnung der Haushalte. Dass die Regierung diese Ideen lieber mit der Wirtschaftskammer als mit der Fachbranche austüftelt, rundet laut EEÖ das Bild ab: Praxiswissen stört nur beim Verfassen marktferner Paragraphen.
IG Windkraft: Mit angezogener Handbremse in den Winter
Besonders grotesk trifft es die Windenergie. Die für PV-Mittagsspitzen erfundene Spitzenkappung soll nun auch Windräder – vor allem im energiehungrigen Winter – abregeln. Josef Plank vergleicht das mit Niki Lauda im VW Käfer bei der Formel 1, und die Zahlenspielerei gibt ihm recht: Eine Kappung von gerade einmal einem Prozent kann bis zu zehn Prozent Jahresertrag kosten. Im Vorjahr hätte man damit Strom für 60.000 Haushalte schlicht vernichtet – zugunsten von teurem Gas und Importstrom. So sieht also die „Versorgungssicherheit“ à la Gesetzgeber aus.
Kleinwasserkraft: Systemleistungen ignoriert, Gebühren erhöht
Auch die mehr als 4.000 Kleinwasserkraftwerke tragen das Netz mit – allerdings unbezahlt. Ihre Systemdienste werden mit rund 750 Mio. Euro bewertet, fließen aber in keinen Geschäftsbericht. Stattdessen drohen neue Abgaben und die berüchtigte G-Komponente, die Netzgebühren für größere Kraftwerke. Paul Ablinger spricht von einem „Förderprogramm für Stromimporte“ und erinnert daran, dass Österreich schon jetzt jährlich über zehn Milliarden Euro für Energieimporte ausgibt – Geld, das man auch in heimische Netze investieren könnte, wenn man wollte.
Und die Moral von der ElWG-Geschicht?
Während sich die großen Versorger über „verursachergerechte“ Tarife freuen, bekommen die eigentlichen Stützen der Energiewende – PV-Besitzer, Wind- und Wasserkraftbetreiber – die Rechnung präsentiert. Das Gesetz nennt sich modern, wirkt aber (derzeit noch) wie eine Neuauflage der alten Konzernprivilegien: Kosten sozialisieren, Gewinne privatisieren, Innovation deckeln. Wer wirklich ein zukunftsfähiges Stromsystem will, streicht die Zusatzgebühren für Einspeiser, definiert Spitzenkappung als ultima ratio statt als Alltagsszenario und honoriert Netzdienstleistungen kleiner Anlagen. Solange das nicht passiert, bleibt das neue ElWG vor allem eines: Ein Stolperstein für die Energiewende.




















