Fünf Unternehmen der österreichischen Sun Contracting Gruppe haben vergangene Woche Insolvenz angemeldet – die entsprechenden Konkursverfahren wurde inzwischen auch eröffnet. Nun zeichnet sich aber auch ein strafrechtlicher Horizont ab: Wie bekannt wurde, ermittelt die WKStA seit geraumer Zeit wegen Betrugs, Untreue und Bilanzfälschung. Ein Schaden von über 20 Mio. Euro wird vermutet.
Wie der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) in seiner Analyse berichtet, ist die Sun Contracting Gruppe ist seit über einem Jahrzehnt im Bereich Photovoltaik tätig und bietet Lösungen für Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft, Kommunen und private Haushalte. Die Gruppe ist damit einer der führenden Anbieter von Photovoltaiklösungen in Europa und sieht sich nunmehr mit einer veritablen wirtschaftlichen Krise konfrontiert. Final ausgelöst wurde diese durch den Konkurs der Konzernmutter Sun Contracting AG in Liechtenstein.
Die heimische Tochter, also die Sun Contracting Austria GmbH, betreibt Photovoltaikanlagen in Österreich und fungiert zugleich als Holding für weitere Projektgesellschaften. Alleingesellschafterin ist die Liechtensteiner Konzernmutter Sun Contracting AG.
Laut der AKV-Kreditschützer habe sich die wirtschaftliche Lage der Sun Contracting Gruppe in den letzten Jahren drastisch verschlechtert. Nach einer Phase moderater Umsätze führten demnach mehrere Faktoren zur Krise und zur nunmehrigen Insolvenzantragstellung:
- Marktentwicklung: Seit Ende 2023 kam es zu einem massiven Preisverfall am Energiemarkt, teilweise sogar zu negativen Strompreisen. Dies führte zu Abschaltungen von PV-Anlagen, um zusätzliche Kosten zu vermeiden.
- Kostenexplosion: Hohe Zinsen und Inflation trieben die Material- und Baukosten für Photovoltaikanlagen erheblich in die Höhe.
- Projektstruktur: Das Geschäftsmodell erfordert hohe Anfangsinvestitionen, die über die Lebensdauer der Anlagen amortisiert werden. Die Finanzierung erfolgte überwiegend über Intercompany-Darlehen, deren Fortführung nicht mehr gesichert war.
- Konzernkrise: Die Insolvenzanträge weiterer Gesellschaften der Sun Contracting Gruppe machten eine positive Fortbestehensprognose unmöglich.
Unternommene Restrukturierungsversuche blieben in der Folge erfolglos, sodass die Geschäftsführung vergangene Woche zur Antragstellung gezwungen war.
Angemeldete Insolvenzen
Von den Insolvenzen konkret betroffen sind die:
- Sun Contracting Austria GmbH
- Sun Contracting Engineering GmbH
- Sun Contracting Projekt GmbH
- Sun Contracting Solutions GmbH
- Sun Contracting Norica Plus GmbH
Die Sun Contracting Engineering GmbH wurde 2016 gegründet und ist seit 2023 unter der aktuellen Firmierung tätig. Der Unternehmensgegenstand umfasst die Abwicklung und Errichtung von Photovoltaikprojekten in Österreich, einschließlich Planung, Genehmigung, technischer Umsetzung und Inbetriebnahme. Ergänzend bietet die Gesellschaft Service- und Wartungsleistungen sowie Monitoring für PV-Anlagen an. Rund 80 % der Umsätze stammen aus konzerninternen Projekten, während externe Aufträge erst seit April 2025 verstärkt akquiriert werden. Alleingesellschafterin ist auch hier die Konzernmutter Sun Contracting AG.
Die Sun Contracting Projekt GmbH ist innerhalb der Gruppe für das Photovoltaik-Contracting verantwortlich. Das Unternehmen wurde 2020 gegründet und betreibt Photovoltaikanlagen in Österreich, insbesondere eine Großanlage am Standort der voestalpine Krems GmbH. Der erzeugte Strom wird überwiegend über ein Power Purchase Agreement (PPA) an die voestalpine Krems GmbH geliefert, nicht abgenommene Mengen werden über eine Bürgerenergiegemeinschaft vermarktet. Die Ursachen für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit decken sich auch bei der Projekt GbH mit jenen der Sun Contracting Austria GmbH. Auch bei der Projekt GmbH ist die liechtensteinische Sun Contracting AG Alleingesellschafterin.
Die Sun Contracting Solutions GmbH mit Sitz in Linz fungiert als Servicegesellschaft innerhalb des Konzerns und erbringt zentrale administrative und organisatorische Dienstleistungen für andere Gesellschaften des Konzerns, darunter EDV-Serviceleistungen, Personalverwaltung, Buchhaltung, Marketing sowie Office-Management. Die Gesellschaft wurde Anfang 2024 in die Gruppe integriert und fungiert seither als Shared Service Center. Alleingesellschafterin ist die Sun Contracting AG.
Die Sun Contracting Norica Plus GmbH betreibt eine Photovoltaikanlage in Hermagor. Die Gesellschaft speist den erzeugten Strom vollständig in das Netz der Kärnten Netz ein, wobei die Vergütung über einen Liefervertrag mit der OeMAG erfolgt. Hauptkunde ist somit die OeMAG. Die Gesellschaft wurde 2017 gegründet und ist seit 2020 Teil der Sun Contracting Gruppe. Gesellschafter sind die Sun Contracting Austria GmbH (80 %) und die Hasslacher Hermagor GmbH (20 %). Seit 2020 verschlechterte sich die Ertragslage kontinuierlich, bedingt durch hohe Reparaturkosten, längere Abschaltungen infolge Hallensanierungen sowie steigende Zinsen und Materialkosten.
Mitarbeiter wurden laut AKV nur bei der Engineering und der Solutions GmbH beschäftigt: Insgesamt sind daher 33 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer von dieser Insolvenz betroffen.
Vermögenslage und Ausblick
Die Vermögensverhältnisse der einzelnen Gesellschaften stellen sich laut AKV wie folgt dar:
- Sun Contracting Austria GmbH
- Passiva: rd. 10,56 Mio. Euro
- Betroffene Gläubiger: 12
- Aktiva: rd. 3,19 Mio. zu Liquidationswerten. Die größten Vermögenswerte sind Photovoltaikanlagen und Beteiligungen an Projektgesellschaften. Aufgrund der aktuellen Marktlage und der Konzerninsolvenzen ist die Werthaltigkeit dieser Positionen eingeschränkt. Die erwartete Insolvenzquote für Gläubiger wird nach derzeitiger Einschätzung sehr niedrig ausfallen.
- Sun Contracting Engineering GmbH
- Passiva: rd. 12,09 Mio. Euro
- Betroffene Gläubiger: 77
- Aktiva: rd. 8,31 Mio. zu Liquidationswerten. Die größten Vermögenswerte sind technische Anlagen und Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen. Aufgrund der Konzerninsolvenzen ist die Werthaltigkeit dieser Positionen stark eingeschränkt. Auch in diesem Verfahren fällt die Quotenprognose sehr niedrig aus.
- Sun Contracting Projekt GmbH
- Passiva: rd. 18,03 Mio. Euro
- Betroffene Gläubiger: 5
- Aktiva: rd. 4,1 Mio. Euro zu Liquidationswerten.
- Sun Contracting Solutions GmbH
- Passiva: rd. 5,52 Mio. Euro
- Betroffene Gläubiger: 23
- Aktiva: rd. 380.000 Euro zu Liquidationswerten. Die größten Forderungen betreffen konzerninterne Verbindlichkeiten gegenüber der Sun Contracting AG sowie Lieferverbindlichkeiten.
- Sun Contracting Norica Plus GmbH
- Passiva: rd. 1,18 Mio. Euro
- Betroffene Gläubiger: 10
- Aktiva: rd. 769.000 Euro zu Liquidationswerten
Insgesamt ergeben sich Verbindlichkeiten von 47,34 Mio. Euro sowie Gesamtaktiva von 16,75 Mio. Euro (Liquidationswert). Somit liegt eine rechnerische Überschuldung von rund 30,59 Mio. vor. Neben den genannten Insolvenzgläubigern kommen noch hunderte Anleger hinzu, die sich über Crowdfunding an der Finanzierung der Gruppe beteiligt haben sollen. Diese können sich jedoch nicht an dem Insolvenzverfahren beteiligen, da ihre Investitionen als nachrangig angesehen werden.
Ermittlungen wegen Betrug und Untreue
Wie ORF Oberösterreich berichtet, dürfte die nunmehrige Pleite wohl auch einen strafrechtlichen Aspekt beinhalten. Demnach steht die Sun Contracting-Gruppe schon länger im Zentrum von Ermittlungen wegen des Verdachts des Betrugs, der Untreue und der Bilanzfälschung. Dieser Umstand wurde inzwischen auch von der WKStA (Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft) offiziell bestätigt, wenngleich natürlich weiterhin die Unschuldsvermutung gilt.
Demnach führte die WKStA bereits im Dezember 2024 eine Hausdurchsuchung in Linz durch. Im Fokus der Ermittlungen stehen insgesamt 20 Beschuldigte, darunter vier Verbände. Der vermutete Schaden wird mit 20 Mio. Euro beziffert. Zudem ist die Sun Contracting-Gruppe ein Partner der Green-Finance-Gruppe, gegen die ebenfalls Ermittlungen der WKStA laufen.
Verwaltungsstrafen in Ungarn
Apropos Green-Finance-Gruppe: Bereits in den vergangenen Jahren kam es wiederholt zu Konflikten mit den Behörden. Wie etwa aus den Kapitalmarktunterlagen der Liechtensteiner Mutter hervorgeht, führten Aufsichtsbehörden mehrfach Verwaltungsverfahren gegen das Unternehmen. Im Juni 2024 verhängte etwa die ungarische Aufsicht MNB eine satte Strafe von rund einer Million Euro. Grund dafür war der unerlaubte Vertrieb von Anleihen. Bestraft wurde damals gleichzeitig auch die Green Finance Broker AG.
Beide hatten die Anleihen ohne den in Ungarn nötigen Vermittler vertrieben – obwohl die Behörde die Verantwortlichen auf die Erfordernisse aufmerksam gemacht hatte, wie es bei der MNB heißt. Stattdessen trat die Green Finance Broker AG direkt als Vermittlerin der Sun Contracting AG auf. Hunderte ungarische Anleger hatten über Sun Contracting beziehungsweise Green Finance mehrere Millionen Euro in Sun Contracting-Anleihen investiert.




















