BIM Andreas Wirth ist derzeit alles andere als gut gelaunt: Mit drastischen Worten warnt er davor, dass sich die aktuelle Rohstoffkrise schon bald zur veritablen Wirtschaftskrise auswachsen könnte. Derzeit wird mit der Bundesregierung sogar schon über ein Kurzarbeitsmodell verhandelt, da auf vielen Baustellen das Material fehlt.
Bislang hat das Gewerbe die Corona-Krise erfolgreich umschifft. Nachdem auf den Baustellen praktisch immer gearbeitet werden durfte, hat sich die Bauwirtschaft – und damit auch das Baunebengewerbe Elektrotechnik – als stabiler Wirtschaftsmotor während der Krise erwiesen. Doch dieser Motor kommt gerade gewaltig ins Stocken. Denn, obwohl die Auftragsbücher gut gefüllt sind, wird derzeit über ein Kurzarbeitsmodell fürs Gewerbe verhandelt. Der Grund: auf den Baustellen fehlt das Material und die weiterhin steigenden Rohstoffpreise könnten das eine oder andere Unternehmen schnell in den Ruin treiben.
Von der Gesundheits- in die Rohstoffkrise
Bei Bundesinnungsmeister Andreas Wirth läuten schon seit längerem die Alarmglocken. „Ich weiß von einem Schlosser im Burgenland, der schon mehrere Mitarbeiter kündigen musste, weil ihm das Material zum Arbeiten fehlt. So kann das nicht weitergehen. Wir verhandeln jetzt mit der Bundesregierung über ein Kurzarbeitsmodell, weil auf den Baustellen das Material fehlt und diese Baustellen jetzt stillstehen“, erklärt Wirth. Auch bei den Elektrotechnikern ist die Materialversorgung in einigen Teilgebieten übrigens nicht wesentlich besser.
Wirth: „Viele wollen aufhören“
Nebst dem fehlenden Material gibt’s im Gewerbe ein zweites großes Problem: die rapide steigenden Rohstoffpreise. Da die Aufträge zu einer Zeit kalkuliert wurden, als die derzeitige Situation überhaupt nicht absehbar war, wird für die meisten Unternehmen selbst bei frist- und sachgerechter Ausführung ein Verlust herausschauen. „Die Situation ist dramatisch und erzeugt enormes Unbehagen unter unseren Mitgliedern“, so Wirth. Inzwischen erhalte er täglich mehrere Anrufe von Kollegen, die ihm ihr Leid klagen und sogar schon lautstark übers Aufhören nachdenken würde.
Zwar könnten die drastischen Preiserhöhungen durch entsprechende Preisgleitklauseln abgefedert werden, diese sind im Gewerbe aber kaum üblich. „Wir kommen einfach nicht aus den abgeschlossenen Verträgen“, bringt es der Elektro-Innungsmeister auf den Punkt.
Weitere Preiserhöhungen stehen an
Dass die Preis-Rally ein baldiges Ende haben könnte, wird innerhalb der Branche bezweifelt. Eher im Gegenteil, für Herbst sind bereits die nächsten Preiserhöhungen avisiert. Einerseits saugt China derzeit massenhaft Rohstoffe ab und andererseits dürfte auch kräftig damit spekuliert werden – besonders schlimm ist es derzeit übrigens beim Kunststoff. „Preiserhöhungen mitten im Jahr, die mitunter sehr kurzfristig angekündigt werden, sind für uns ein Faustschlag ins Gesicht“, formuliert es Wirth sehr direkt. Aus seiner Sicht sei es daher essenziell, dass die Industrie und der Großhandel weitere Preissteigerungen so rasch als möglich bekannt gibt, um entsprechend kalkulieren zu können.