Die Preise für Strom, Gas und Wärme liegen derzeit auf Rekordniveau. Steigende Energiepreise setzen Betriebe nicht nur kostentechnisch unter Druck, sondern gefährden auch ihre Wettbewerbsfähigkeit. Robert Pfarrwaller, CEO des Elektrogroßhändlers Rexel Austria, und Stjepan Jozic, Geschäftsfeldleiter Industrie bei Rexel Austria, zeigen vier wesentliche Schritte auf, wie sich Unternehmen in diesem Umfeld rüsten können.
Das Thema Energieeffizienz ist in der öffentlichen Wahrnehmung jahrelang vernachlässigt worden – und das, obwohl eine aktuelle Umfrage des Energieinstituts für Wirtschaft EIW, die vor der russischen Invasion in der Ukraine durchgeführt wurde, ergab, dass 83 Prozent der österreichischen Betriebe den Anstieg der Energiekosten als problematisch oder sogar sehr problematisch sahen.
Kostendruck in Kombination mit wachsendem Umweltbewusstsein führt dazu, dass sich sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen verstärkt mit der Thematik auseinandersetzen. „Es wird häufig unterschätzt, wie viel Energie, und damit auch Kosten durch energieeffiziente Maßnahmen tatsächlich eingespart werden können“, sagt Pfarrwaller. Jozic ergänzt: „Als Elektro- und Energie-Experten sehen wir es als unsere Pflicht, unser Wissen entsprechend weiterzugeben.“ Die beiden raten zu einem Fahrplan in vier Schritten:
I. Bestehendes kritisch hinterfragen
Zuallererst sollte die eigene Energie-Infrastruktur infrage gestellt werden. Ein plakatives Beispiel war der Austausch von Glühbirnen durch effizientere LEDs. Die Devise lautet: Alte Anlagen und Geräte jeglicher Art sind in den allermeisten Fällen wahre „Energiefresser“. Die Kennzeichnung durch Energieeffizienz-Labels sorgt hier für mehr Transparenz.
Neben elektrischer Energie kann auch der Wärmeverbrauch einen großen Kostenpunkt bilden. Besonders relevant ist dieser für Industriebereiche, in denen hohe Temperaturen für die Produktion benötigt werden – so etwa für die Papierherstellung, denn Papier wird mittels Wärme getrocknet, oder in der Zementerzeugung. Die größten Hebel zur effizienteren Nutzung von Energie sieht Pfarrwaller in der Modernisierung und Digitalisierung von Gebäuden.
Internationale Studien belegen, dass die Digitalisierung fast ein Drittel zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor beitragen kann . Denn in sogenannten Smart Buildings wird Energie nur dann verbraucht, wenn sie tatsächlich benötigt wird. Das reicht von einfachen Bewegungsmeldern bis hin zu intelligenten, vernetzten Gebäudesteuerungen. Beispielsweise schaltet sich so die Heizung beim Öffnen von Fenstern automatisch ab.
II. Größte Verbraucher identifizieren
Die Analyse des eigenen Energieverbrauchs mittels Energiemonitoring kann Unternehmen enormes Einsparpotential aufzeigen. Seit 2015 sind Großunternehmen in Österreich dazu verpflichtet sich alle vier Jahre einem Energieaudit zu unterziehen. Alternativ zu den regelmäßigen Audits kann auch ein zertifiziertes Energiemanagementsystem etabliert werden. Rexel kann in diesem Bereich auf eine Vielzahl an Referenzen verweisen.
„Ein Paradebeispiel ist unser Logistikzentrum im oberösterreichischen Weißkirchen. Hier erreichten wir eine Stromeinsparung von 15 Prozent, was einer jährlichen CO2-Reduktion von 60 Tonnen entspricht. Wir haben gezielt Lastspitzen ausfindig gemacht und entsprechend optimiert. Optimierung bedeutet idealerweise, dass durch technologische Vernetzung der Energieverbrauch gesenkt wird, ohne dabei den laufenden Betrieb zu beeinflussen“, erläutert Jozic.
III. Mitarbeiter:innen einbeziehen
Ein wesentlicher Hebel beim Bestreben, das eigene Unternehmen energieeffizienter zu gestalten, wird Jozic zufolge oft vernachlässigt: Die Mitarbeiter:innen. Über seine Academy ist Rexel einer der größten Ausbildner des Elektrohandwerks in Österreich und gibt seinen Kundinnen und Kunden bei Schulungen und Trainings sein Wissen im Bereich Energieeffizienz weiter.
Aber auch durch die Änderung von Gewohnheiten und Verhaltensweisen kann viel erreicht werden, denn der Umgang mit elektrotechnischen Geräten am Arbeitsplatz ist wesentlich. Auf lange Sicht kann es ins Gewicht fallen, wenn der Stand-by-Modus läuft oder Geräte über das Wochenende versehentlich eingeschaltet bleiben.
So sucht Rexel Austria auch regelmäßig den Austausch mit den Mitarbeiter:innen. Etwa wurden anlässlich des Earth Days im April Ideen gesammelt, um das Unternehmen und seine Standorte noch nachhaltiger zu gestalten. Um gedankliche Ansätze auch umzusetzen, wäre es wichtig, klare Verantwortlichkeiten zu schaffen, ein Budget vorzusehen und eventuell externe Expertise mit ins Boot zu holen.
IV. Autarkes Energiesystem schaffen
CO2-freie Energieerzeugung gilt vor dem Hintergrund der Klimadebatte als erklärtes Ziel. Durch die Substitution fossiler Energieträger könnten fast die Hälfte der bis 2030 notwendigen CO2-Reduktionsmengen erreicht werden. Bei Unternehmen wird es immer beliebter, die Abhängigkeit von fossilen Energien und somit von steigenden Preisen zu reduzieren und ein autarkes Energiesystem zu schaffen – bestenfalls aus rein erneuerbaren Energien, wie Wasser- und Windkraft, Solarenergie, biogenen Energieträgern und Geothermie.
Jozic beobachtet vor allem im Bereich Solarenergie einen enormen Boom. Auch bei E-Mobilitätskonzepten gäbe es starken Aufschwung. „Einige Vorreiter-Firmen bieten schon E-Flotten für ihre Mitarbeiter:innen an und erzeugen die notwendige Energie durch eine eigene Photovoltaikanlage mit Speichersystem. Auch bei uns ist ein ähnliches Konzept in Planung. Die beste Energieeffizienz ist schließlich die nicht verbrauchte Energie“, so Jozic abschließend.