Austrian Skills „Damit hab‘ ich nicht gerechnet!“

Melina Schneider (Leiterin der Abteilung Bildungspolitik der WKO), die siegreichen Teilnehmer Daniel Peitler, Florian Demelbauer, Fabian Winter und Chef-Experte Bernhard Wilke. © SkillsAustria/Florian Wieser

Ausgesprochen überrascht war der Oberösterreicher Florian Demelbauer (Expert Elektro Tauschek), als er bei den Staatsmeisterschaften der Elektrotechniker als Sieger aufgerufen wurde. Auf den Plätzen folgten ihm der Kärntner Daniel Peitler und der Steirer Fabian Winter.

Insgesamt 14 junge Elektrotechniker bzw. erfreulicherweise auch Elektrotechniker:innen stellten sich im Rahmen der Austrian Skills in Salzburg den nicht ganz einfachen Aufgaben. Dass die Elektrotechnik nicht mehr nur eine reine Männerdomäne ist, zeigten dabei die Steirerin Alexandra Scheer (Expert Elektrojet Kuterer/Anger) und die Vorarlbergerin Lena Valentina Bargehr (Markus Stolz/Bludenz).

Aus dem Land des frischgebackenen Staatsmeisters war außerdem Thomas Kopf (Guttmann/Großraming) dabei, aus Kärnten kamen Daniel Peitler (Kärnten Netz) und Samuel Peinhaupt (Energie Klagenfurt). Niederösterreich schickte den Landesmeister Markus Staudinger (P&F Elektrotechnik Zeiss/Kirnberg an der Mank) und Jan Unterberger (Klenk & Meder/St. Pölten).

Dazu kamen noch der Steirer Fabian Winter (Pichler/Weiz), Patrick Fitsch (EWF Elektrotechnik und Warenhandel Frastanz/Vorarlberg) und der Salzburger Benedikt Nardin (Stranger Elektrotechnik/Altenmarkt im Pongau). Nachdem ein Salzburger Elektrotechniker kurzfristig absagen musste, stellte Tirol mit Lukas Heim (Elektro Lechner/Mayrhofen), Tobias Jaksch (Luzian Bouvier/Zams) und Sandro Pörnbacher (Stadtwerke Kufstein) ausnahmsweise drei Teilnehmer. Aus Wien und dem Burgenland war diesmal leider niemand mit dabei.

Arbeiten unter Zeitdruck

Im Großen und Ganzen ähnelten die Aufgaben bei diesen Staatsmeisterschaften jenen der vergangenen Jahre. Änderungen gibt bzw. gab es vor allem im Bereich der Programmierung. Entscheidend bei solchen Wettbewerben ist daher vor allem, wie die Teilnehmer:innen mit dem Zeitdruck umgehen. In den drei Tagen von Donnerstag bis Samstag (mit insgesamt 21 Stunden reine Arbeitszeit) mussten folgende Arbeiten ausgeführt werden:

Mit der Logo wurde ein simuliertes Garagentor mit Endschaltern gesteuert. Es musste automatisch auf und zu fahren, auch in vorgegebener Zeit. Bei Blockierung fährt das simulierte Tor hoch. Die Anforderungen bei KNX waren beispielsweise Licht- und Steckdosensteuerung, unterschiedliche Ambientebeleuchtung auf Knopfdruck sowie eine Jalousiesteuerung.

Bei der späteren Abnahme durch die Experten gibt es für unterschiedliche Teilarbeiten Punkte mit unterschiedlichen Wertigkeiten, z.B. für Maßgenauigkeit, Funktion der Basisinstallation, Programmierung, aber auch Sauberkeit.

Lob von den Experten

Das Projekt forderte nicht nur kompetentes Wissen, sondern auch genaues Arbeiten – und das innerhalb des geforderten Zeitrahmens. Chef-Experte Bernhard Wilke war jedenfalls beeindruckt von den Leistungen: „Wir versuchen, hier ein Niveau zu haben, das auch internationalen Ansprüchen genügt. Es sind hier die Besten der Besten aus jedem Bundesland. Und alle sind mit Enthusiasmus dabei.“ Dazu hebt er noch hervor: „Und um es gleich vorab klarzustellen: Es gibt keinen Unterschied zwischen den weiblichen und männlichen Teilnehmern.“

Selbst vereinzelt auftretende Probleme mit Bauteilen bzw. den für die Programmierung verwendeten Notebooks versetzten die betroffenen Teilnehmer nicht in Hektik, sondern wurden rundum professionell gelöst. Allgemein sind die Experten daher der einhelligen Meinung: „Es sind alle sehr diszipliniert und haben den Fokus auf die Meisterschaften.“

Schön zu sehen war außerdem, dass der Elektrotechnik-Nachwuchs zwar im Wettkampf um den Sieg, jedoch nicht gegeneinander kämpfte. So wurde etwa in den Pausen und in der Freizeit über das Projekt diskutiert und dabei auch so mancher Tipp ausgetauscht.

Austrian Skills Experte und Heinzelmännchen

„Gestern war hier eine leere Wand, heute ist es eine funktionierende Elektroinstallation und morgen kommt die intelligente Steuerung hinzu.“ Diese Aussage von Bernhard Wilke nach dem zweiten Wettkampftag zeigt gut auf, welche Leistungen die beiden jungen Elektrotechniker:innen und ihre zwölf Kollegen in dieser kurzen Zeit schaffen.

Und damit der Wettbewerb überhaupt stattfinden kann, ist schon davor viel zu organisieren und zu tun. Wilke ist voll des Lobs für seine Kollegen: „Es greifen hier lauter kleine Zahnräder ineinander. Auch wenn nicht jeder die einzelnen Details weiß – im Endeffekt ergibt es ein großes Ganzes und es funktioniert.“

Die Experten aus den Bundesländern hatten verschiedene Aufgaben zu erledigen. Beispielsweise war Experte Hannes Ruscher für das Material und die Just-in-time-Lieferung zuständig – in Verbindung mit den beiden Sponsoren Rexel und Hager. Für die Programmierung und die ETS auf den Notebooks war der frühere Vize-Europameister Stefan Prader verantwortlich. Täglich wurden außerdem am Abend Teil-Bewertungen durchgeführt. 14 Projektwände mit zahlreichen Aufbauten und Verkabelungen auf Maßgenauigkeit und Funktion inklusive Programmierung zu prüfen, benötigt viel Zeit. „Das ist alles Teamarbeit, die man vielfach gar nicht sieht“, bedankt sich der Chef-Experte bei seinen Mitstreitern. Ein sehr guter Grund auch einmal diese „Heinzelmännchen“ vor den Vorhang zu holen.

Die nächsten Austrian Skills sind bereits für Herbst 2024 geplant, danach sollte es wieder im – von Corona durcheinander gebrachten – 2-Jahres-Rhythmus weitergehen. Und wie das Projekt dort aussehen wird, da gibt es schon erste Überlegungen, aber noch nichts Konkretes. Bei den internationalen Wettbewerben war bereits eine Vernetzung von Logo und KNX gefordert, bei den EuroSkills 2023 in Danzig (mit Vize-Europameister Florian Steffek, der am zweiten Wettkampftag ebenfalls in Salzburg anwesend war) musste beispielsweise auch eine E-Mobil-Ladestation in die Steuerung eingebunden werden.

Überlegungen, Themen wie erneuerbare Energie oder Energiemanagement zukünftig stärker einzubinden, weil es ja immer öfters auch zum Berufsbild des Elektrotechnikers gehört, gibt es zwar, aber „…das ist nicht so einfach, da benötigt man auch die Sponsoren, die dieses – nicht ganz billige – Material zur Verfügung stellen“, hört man von den Experten. Dazu kommt noch, dass die Elektrotechnik schon jetzt jener Berufszweig bei den Staatsmeisterschaften ist, der mit vielen Kleinteilen und Materialien die meisten Aufgaben abverlangt. Wie also das kommende Staatsmeisterschafts-Projekt an die moderne, umfangreiche Elektroinstallation angepasst werden kann, wird sich daher erst in den kommenden Monaten weisen.

„Ich wollte nur dabei sein“

Schon bei der Siegerehrung erheiterte Staatsmeister Florian Demelbauer durch seine impulsiven humorvollen Antworten auf die Fragen der Moderatorin das Publikum. Bei den Fragen von ELEKTRO|branche.at blieb er dabei: „Ich bin ohne große Erwartungen gekommen und war eigentlich sehr überrascht, wie umfangreich die Aufgaben waren.“ Zur Landesmeisterschaft hat ihn sein Berufsschullehrer angemeldet. „Alleine wäre ich nie auf die Idee gekommen, jetzt bin ich aber sehr froh darüber. Ich habe bei den Wettbewerben doch viel gelernt.“

Eine grobe Ahnung, welche Aufgaben zu lösen seien, hatte er zwar, Details wusste er natürlich keine. „Logo und KNX programmieren kenne ich schon aus der Praxis“, erzählt er ganz locker. Und der Zeitdruck? „Naja, da habe ich immer wieder mal den Frust rauslassen müssen“, lacht Florian. In einem TV-Interview hatte er sich auch über die „vernudelten“ Kreuzschlitz-Spax-Schrauben geärgert (was Martin Stampfl von Sponsor Rexel übrigens sofort notierte, um im nächsten Jahr Torx-Schrauben zu liefern, Anm).

Und nach den Problemen mit der IP-Adresse und dem Notebook hatte er zudem bereits Bedenken, ob er überhaupt noch gut abzuschneiden kann: „Aber mit tief durchatmen und einfach weiterarbeiten hat es dann doch funktioniert.“ Das Talent könnte Florian übrigens von seinem Vater geerbt haben: „Er ist ebenfalls Elektriker. Und nachdem mich seine Arbeit interessiert hat, habe ich meinen heutigen Chef kontaktiert und beworben.“

Apropos Chef: Auch dieser ist naturgemäß sehr stolz auf seinen Mitarbeiter. In Peuerbach leitet Christian Tauschek das Unternehmen Expert Tauschek mit 24 MitarbeiterInnen in der dritten Generation: „Florian wurde schon vor dem Lehrabschluss mit aufwändigeren Arbeiten betraut. Dieses Wissen ist ihm auch hier zugutegekommen.“

Für einen Arbeitgeber sei Vertrauen schenken wichtig, sagt Tauschek: „Erst wenn man Lehrlingen eine gewisse Verantwortung übergibt, können sie sich entfalten.“ Und mit anspruchsvollen Arbeiten wird sein Mitarbeiter sicherlich auch nach dem Sieg betraut werden, da man als Unternehmen sehr breit aufgestellt sei und neben der Elektrotechnik für große und kleine Anlagen auch Netzwerktechnik sowie Photovoltaik anbietet. Was Tauschek aber besonders freut: „Florian hat diese Leistung ohne viel Training erbracht. Er war ein paar Mal in der Berufsschule, sonst hat er sich selbst im Unternehmen und in der Freizeit vorbereitet.“

Fachfrauen vor die Kamera

Wie gutes Marketing funktionieren kann, zeigte das Salzburger Innungsmitglied Wolfgang Reiter. Er aktivierte das RTS – Regional TV Salzburg für die Siegerehrung bei den Elektrotechnikern. Am Infostand der BIM (Berufsinformationsmesse) wurden neben Sieger Florian Demelbauer auch Alexandra Scheer und deren Chefin Manuela Kuterer (Expert Elektrojet Kuterer) interviewt.

Die junge Elektrotechnikerin hatte beim Wettbewerb zwar ein gutes Gefühl, durch Probleme in einem Bereich wurde ihr dann leider die Zeit zu knapp. Aber dennoch, auf die Frage des TV-Interviewers, wie es ihr als Frau in einem Männerberuf ginge, kam schnell eine sehr direkte Antwort: „Es ist keine Männerberuf, nur ein Männer-dominierter Beruf. Mir geht es gut dabei, auch wenn man sich manchmal behaupten muss. Männer müssen Frauen jetzt halt auch in technischen Berufen akzeptieren. Schließlich gibt es keinen Grund, warum das Frauen nicht auch können sollen.“ Und lächelnd der Nachsatz: „Vieles muss man ja nicht mit Kraft lösen, es geht auch mit ein bisschen Hirn.“

Da kann ihre Chefin freilich nur beipflichten: „Alexandra war immer schon für diesen Beruf motiviert. Solche Menschen muss man unterstützen. Wichtig sind Liebe und Interesse am Beruf sowie Begeisterung. Und lernen kann man alles, wenn man nur möchte und sich darauf fokussiert.“

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