Florian Steffek von Elektro Gottwald heißt der Vertreter Österreichs bei den EuroSkills 2023 im September in Danzig. ELEKTRO|branche.at hat ihn zum Start der intensiven Übungs-Wochenenden in seinem Unternehmen in Melk besucht.
2019 war ein erfolgreiches Jahr für Florian Steffek: Er bestand nicht nur seine LAP mit Auszeichnung, sondern gewann auch den NÖ-Bewerb des Elektrotechniker-Nachwuchses. Als Landessieger nahm er dann an den AustrianSkills 2022 in Salzburg teil und belegte dort den zweiten Platz, wie Thomas Grossinger, Technischer Leiter bei Gottwald, schilderte: „Wir sind damals mit einem weinenden und lachenden Auge heimgefahren.“
Die Teilnahme an den EuroSkills lag damit aber in weiter Ferne und so widmete sich Steffek seinen Aufgaben bei seinem Arbeitgeber – bis er völlig überraschend im Spätherbst 2022 ins Team Austria geholt wurde, da der damalige Sieger für diese Europameisterschaften absagte. „Soll ich, soll ich nicht – meine ersten Emotionen waren ziemlich konträr“, erzählt der junge Techniker. „Die spontane Tendenz war schon, mitzumachen, aber dann überlegt man, ob sich das zeitlich überhaupt ausgehen kann.“ Ein Wochenende ließ er sich das Ganze durch den Kopf gehen, dann stand der Entschluss fest: „Diese Chance lass ich mir nicht entgehen.“
Viel Unterstützung vom Arbeitgeber
Auch wenn es eine Ehre ist, einen Teilnehmer für die Europameisterschaften zu stellen – einfach ist es auch für ein Unternehmen nicht. Grossinger: „Wir sind am abklären, wie weit Florian im nächsten halben Jahr für das Unternehmen verfügbar ist. Er hat sich so gut entwickelt und ist bereits für Inbetriebnahmen, Anlagenüberprüfungen und PV-Anlagen zuständig.“
Projekte, bei denen man allerdings flexibler disponieren kann als bei Montagearbeiten. Und damit Steffek auch flexibel und dennoch intensiv trainieren kann, hat ihm Gottwald in einem Container am Firmenparkplatz eine Übungskoje mit ähnlichen Maßen wie die Wettbewerbskojen aufgestellt. So kann er auch außerhalb der Betriebszeiten jederzeit Aufbau, Installation und Programmierung des Übungsprojekts durchexerzieren. Sonst müsste er regelmäßig von Melk zum Training ins Haus der Elektrotechnik nach Wien fahren, wo auch eine Übungskoje bereit steht.
Arbeit und Training unter einen Hut bringen
„Mit 26. April haben wir das Training gestartet“, berichtet Bernhard Wilke, Euro- und WorldSkills-Experte für Elektrotechnik. Alle notwendigen Materialien und Werkzeuge wurden bereits in den Container gebracht – auch der Trainingsplan ist erstellt. Wilke: „So ein Projekt beinhaltet ja nicht die tägliche Arbeit, da gibt es Prioritäten.“ Vor allem gehe es darum schnell zu arbeiten – aber dennoch präzise. „Das geht nur durch ständige Wiederholungen mit Zeitvorgaben der einzelnen Arbeitsschritte.“
Kabelkanal schneiden sei im täglichen Leben eher nichts, was man oft macht, gibt Wilke zu bedenken. Dazu kommt auch noch Rohre biegen, was zwar international gebräuchlich ist, aber nicht in Österreich. „Gerade die Dinge, die wir in Österreich kaum machen, werde ich verstärkt üben“, verspricht Steffek. Nachdem der Wettbewerb drei Tage dauert, wird auch das Training so aufgebaut. „Vermutlich werde ich jede Woche von Donnerstag bis Samstag im Container verbringen“, sinniert der EuroSkills-Teilnehmer. „Ich will ja mein Unternehmen und Österreich bestmöglich vertreten.“
Wilke: „Um das zu realisieren, werden wir die Zeitabläufe stoppen. Von früheren Wettbewerben kennen wir die Zeiten und werden auch sehen, wie sich diese durch das Training verbessern.“ Dabei ist wichtig, die Balance zwischen Geschwindigkeit und Genauigkeit zu finden. Wilke: „Perfekt zu arbeiten, aber nicht fertig zu werden, ist schlecht. Die meiste Zeit benötigt man fürs Anzeichnen und Installieren von Verteilern, Kabeltassen, Kanälen, verdrahten usw.“. Zeitlich sei der Programmieraufwand am Schluss der geringste Aufwand, „… aber dafür hat man hier den größten Zeitdruck, da es dem Ende zugeht“, weiß Steffek aus eigener Erfahrung sowie aus Beobachtungen auf den WorldSkills 2022 in Salzburg.
Wilke bestätigt: „Hauptteil ist die Anlage aufzubauen und zu installieren – das hat man auch bei den WorldSkills gesehen. Wir Österreich würden uns da eher Schwerpunkte in der Technik wünschen. Das ist ja die Zukunft der Elektrotechnik.“
Intensive Wochen bis September
Um alle Situationen in den Griff zu bekommen werden von Skills Austria einige Team-Seminare organisiert, die einerseits das Team zu einer verschworenen Gemeinschaft machen, andererseits auch Bereiche wie Mentaltechnik und Sprachunterricht in Englisch (als Wettkampfsprache) beinhalten. Von Bernhard Wilke wurde auch in Zusammenarbeit mit den Schweizern eine Übungswoche im Trainingszentrum am Zürcher See gemeinsam mit den Teilnehmern aus Deutschland und Liechtenstein organisiert: „Das ist ausgezeichnet ausgestattet und es wird ein kompletter Ablauf des Wettbewerbs unter Zeitdruck durchgespielt.“ Die Arbeiten werden dann auch bewertet, wobei es sicher nicht so intensiv sein wird wie bei Meisterschaften.
EuroSkills-Experte Wilke: „Wir Experten bekommen da zehn Minuten vor der Bewertung eine Liste, was wie zu bewerten ist. Das eigene Team darf man nicht prüfen.“ Festgelegt ist das Bewertungssystem vom Veranstalter schon vor dem Event. Da geht es um Millimeter bei der Befestigung, schlitzfreie Gerungen bei Kanälen und ähnlichen Dingen, die oft in der Praxis weniger Rolle spielen.
Die Ausbildung ist eine gute Basis
Auch wenn er schon länger nichts mehr mit KNX oder Motorsteuerungen zu tun hatte, Florian Steffek ist optimistisch: „Ich kenne ja die Projekte von den niederösterreichischen und österreichischen Meisterschaften, geübt wird unter anderem auch das Projekt der WorldSkills 2019 in Kazan – KNX muss ich aber sicher ein bisschen auffrischen.“
Für Thomas Grossinger ist das kein Thema: „Florian kommt von der praktischen Arbeit und er war immer gut. Er hat auch vor unbekannten Tätigkeiten keine Scheu.“ Steffek kann das nur bestätigen: „Das Spannende an unserem Job ist, dass man täglich etwas Neues erleben kann. Die verschiedenen Themenbereiche vom Einfamilienhaus mit Standard- oder Smart Home-Installation bis zur PV-Anlage machen unseren Beruf einzigartig.“
Und trotz der intensiven Zeit, die ihm bis zu den EuroSkills 2023 vom 6.-9. September bevorstehen, freut er sich: „Mir macht meine Arbeit einfach Spaß.“
Elektro Gottwald: Ausgezeichneter Lehrbetrieb
1982 bildete das Unternehmen erstmals Elektrotechnik- und Handels-Lehrlinge aus. Bis 2022 haben insgesamt 407 Jugendliche ihre Lehre begonnen. Fertig ausgebildet bzw. noch in Ausbildung sind 340 – derzeit beschäftigt man 51 Lehrlinge. Von den fertig Ausgebildeten sind 102 noch im Unternehmen.
Das Unternehmen will nicht nur ausbilden sondern seine jungen Mitarbeiter:innen auf ihrem Weg zur Fachkraft von Morgen begleiten. Der Stellenwert der Ausbildung ist bei Gottwald ganz oben angesiedelt. Man plant auch ganz konkret eine Lehrwerkstätte als Ergänzung zur Berufsschule mit Schwerpunkten wie KNX, Wechselrichter, SPS-Steuerung uvm..
Geschäftsführer Jürgen Gottwald anlässlich des Sieges von Florian Steffek 2019 in Niederösterreich: „Als Firma können wir nur die Basis bilden, das Potenzial müssen die Lehrlinge selber entfalten.“
In den letzten 40 Jahren hat man viel Zeit und Energie investiert, um die Qualität der Ausbildung kontinuierlich zu steigern und Führungskräfte der Zukunft zu formen. Auszeichnungen wie „Staatlich ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb“ und der mehrmalige Titel „Bester Ausbildungsbetrieb in Österreich“ bestätigen dies ebenso wie die Erfolge unsere Lehrlinge!“
Mit der Teilnahme an Bewerben untermauert man die qualitativ hochwertige Ausbildung im Betrieb – so etwa bei den niederösterreichischen Meisterschaften 2016 bis 2019 und 2023, wobei 2016, 2018 und 2022 die Sieger an den Austrian Skills teilnahmen.
Florian Steffek ist 2015 ins Unternehmen eingetreten und hat 2019 die Lehrabschlussprüfung mit Auszeichnung bestanden. Seit Jänner 2020 arbeitet er als leitender Monteur.