Knapp 350 interessierte Elektrotechniker konnten Innung und e-Marke im März bei den Stammtischen in sieben Bundesländern begrüßen. Gezeigt wurde, wie man der Branche in der Gesundheitskrise, zu der jetzt auch die (kriegsbedingte) Wirtschafts- und Energiekrise gekommen ist, helfen möchte.
Zwei harte Pandemiejahre hat die Wirtschaft in Österreich hinter sich. „Dabei geht es unserer Branche eigentlich noch am besten“, betonte Bundesinnungsmeister Andreas Wirth beim burgenländischen Stammtisch Mitte März in Eisenstadt. „Die Energiewende ist ohne Elektrotechniker nicht machbar – es funktioniert nur mit uns.“ Photovoltaik, Stromspeicher, Wallbox, Digitalisierung und Netzwerkverkabelungen sorgen für Arbeit ohne Ende – aber auch für Probleme. „Allerdings“; so Wirth weiter, „Für viele Themen wird es heute leider – noch – keine Lösung geben.“
Die Elektroinstallationstechnik-Unternehmen sind mehr als ausgelastet – und werden gleichzeitig ziemlich eingebremst: Zum Facharbeitermangel und der Quarantäne kommen jetzt auch noch Probleme mit dem Material hinzu, sowohl bei der Lieferfähigkeit als auch den Preisen. Das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem i ist die kriegsbedingte Energiekrise. BIM Wirth warnt: „Unsere Angebotspreise sollen zwei Jahre halten. Dabei spielt jetzt alles verrückt. Verfügbarkeit, Material- und Energiepreise sind derzeit kaum absehbar.“
Die Lieferfähigkeit von Kupfer, Aluminium bzw. Metall allgemein ist ziemlich unsicher, sicher sind hingegen die rapide steigenden Preise. „Der Stahlpreis wird um 40 Prozent steigen, Kunststoff in der nächsten Zeit um 20 Prozent“, warnte Wirth (inzwischen hat sich diese Aussage von Mitte März vielleicht sogar schon überholt, Anm.). Die aktuelle Kriegssituation und die Sanktionen erschweren das Ganze zusätzlich. Um die Situation für die Branche abzuklären, hatte es in Wien Anfang März einen Runden Tisch mit Vertretern des Großhandels, der Industrie und Landesinnungsmeister gegeben (siehe Branchensituation – am Ende des Artikels).
Mit dem Elektropraktiker gegen Facharbeitermangel
„Wir haben in Österreich ein Problem mit der Ausbildung“, verrät der Innungsmeister nichts Neues. Dass ausgebildete Facharbeiter einfache Arbeiten wie etwa Stemmen machen, sei nicht Sinn einer hochwertigen Ausbildung. Mit dem Elektropraktiker für festgelegte Tätigkeiten soll hier Abhilfe geschaffen werden. Und die Monteure können sich anderen Arbeiten wie Anschließen, Einstellen, Programmieren, IP-Adressen vergeben widmen. „Wir müssen mit der Digitalisierung gehen“, weist Wirth auf die Notwendigkeit der heutigen Zeit hin.
Der Elektropraktiker ist also im Grunde nichts anderes als ein Helfer, der in zwei Monaten mit Grobwissen für die Basisarbeiten ausgebildet wird. Ursprünglich hatte man gedacht, dass viele Arbeitslose Interesse zeigen würden. Aufgrund niedriger Zahlen gibt es jedoch in manchen Bundesländern Probleme, Kursteilnehmer zu finden. Recht gut läufts allerdings im Burgenland, wo derzeit über 30 Personen dafür angemeldet sind.
Galoppierende Materialpreise
Wie eingangs schon erwähnt, ist die Preissituation so unübersichtlich geworden, dass viele Unternehmer Schwierigkeiten mit einer vorausschauenden Kalkulation haben. Wirth: „Wir können zwar keine Gemeinschaftseinkäufe machen, aber mit einer vereinfachten Preiskontrolle helfen.“ Controlling sei derzeit das Wichtigste, um zu erkennen wie stabil die eigenen Preise sind und wie lange sie halten. Dazu will die Innung monatlich die prozentuellen Preiserhöhungen in folgenden sechs Warenkörben aufzeigen:
- Einfamilienhaus
- gewerbliche Installation
- industrielle Installation
- Photovoltaik
- Blitzschutzanlage
- Sicherheitstechnik (Alarmanlagen, Kameras, …)
Das wird dem Elektrotechniker die Arbeit erleichtern, denn er muss nicht mehr alles einzeln ausrechnen. Wirth: „Diese Arbeit wollen wir euch damit abnehmen.“ Die Kosten für ein Einfamilienhaus sind beispielsweise allein 2021 um rund acht Prozent gestiegen.
Geprüft sollen auch etwaige Verträge werden, um zu eruieren, ob ein Unternehmen aus einem Vertrag aussteigen kann oder zumindest die Metallpreise dazu verrechnen könnte. Drei Juristen sind derzeit in Wien damit beschäftigt. Ein Fall, bei dem es bereits ein gerichtliches Urteil gibt, wird gerade durchforstet. Der Bundesinnungsmeister ist jedenfalls hoffnungsvoll: „Das Urteil wird uns zeigen, wie man von Aufträgen zurücktreten und Pönalzahlungen verhindern kann – denn die Umstände kommen ja von außen und sind für uns nicht abwendbar.“
Doch nicht nur die Materialpreise steigen rasant, auch die Energiepreise. Wirth mahnt eindringlich: „Warten Sie nicht auf die Endabrechnung am Jahresende. Strom-, Öl- und Dieselpreis müssen sofort in den Stundensatz eingerechnet werden!“ Ansonsten gebe es dann ein böses Erwachen.
Gibt’s den Reparaturbonus auch für Verteiler?
Der Fördertopf von 179 Mio. Euro ist endlich von der Regierung realisiert worden. Unternehmen, die teilnehmen möchten, müssen sich registrieren. BIM Wirth: „Wir kämpfen gerade mit dem Ministerium, um hier auch Reparaturen von Zählerkasten oder Verteiler möglich zu machen.“
In seiner Rolle als burgenländischer Innungsmeister berichtete Wirth zudem noch über die gute Partnerschaft mit Netz Burgenland, wo den Partnern durch Preiserhöhungen das Leben leichter gemacht werden konnte. Mit dem Hinweis auf das Power Circle, die Elektrofachmesse in Salzburg am 18. und 19. Mai 2022, wo auch zeitgleich die Staatsmeisterschaften der Elektroinstallationstechniker stattfinden werden, beendete der BIM seine Ausführungen.
EDS-Kostencheck fürs Handy und App mit Sonepar
e-Marken-Chef Gottfried Rotter präsentierte die erneuerte Homepage der EDS mit vielen praktischen Programmen (für burgenländische Elektriker dank der Landesinnung kostenlos, Anm.) und die Kooperation mit Sonepar und dessen e-Helfer-App mit dem EDS-Kostencheck. Nutzbar per Handy oder Tablet auf der Baustelle, ermöglicht sie die schnelle Auslegung mit Bildern und Betriebsmittel. Dank LB-HT-Nummern können Projekt-Übersicht und -Daten einfach erstellt und per Mail an die EDS gesendet werden. Von dort wird der Gesamtpreis per PDF oder Excel-Datei retourniert. Der Gesamtpreis verhindert, dass der Kunde mit einem Detailangebot bei anderen Elektrikern hausieren gehen kann und so vielleicht einen Preiskampf vom Zaun bricht. Übrigens: Via www.branchenwelt.at ist die Sonepar e-Helfer-App bis Ende April gratis für ein Monat downloadbar.
Markenzeichen der österreichischen Elektrotechnikbranche
Die Elektrotechniker Österreichs – und mit ihnen auch Industrie und Großhandel – sollen am Markt noch besser gepusht werden. Dazu hat die e-Marke den Innungsmitgliedern fünf Fragen gestellt und aus den Antworten eine klare Ausrichtung der e-Marke als Identifikationssymbol und Markenzeichen der österreichischen Elektrotechnikbranche entwickelt. Basis ist das rote e auf gelbem Hintergrund das die drei Logos e-Marke Austria, Elektriker Österreichs und e-Marken-Betrieb dominiert. Ersteres bildet den Überbau mit der Struktur, in Zweiterem sind alle rund 12.000 konzessionierten Elektroinstallationsunternehmen integriert. e-Marken-Betrieb dürfen sich nur jene nennen, die durch Weiterbildung und andere Aktivitäten 50 Qualitätspunkte erreicht haben.
Die Kommunikation zum Kunden erfolgt via www.e-marke.at, auf Facebook und per YouTube-Channel, intern zu den Elektrotechnikern über www.elektrotechniker.at (bekommt einen Relaunch), über Facebook und www.branchenwelt.at, individuelle Aussendungen und den YouTube-Channel, dessen Videos die Elektriker auch für die eigene Werbung kostenlos nutzen können.
Verstärkt wird diese Struktur durch intensivere Einbindung von Großhandel, der Industrie in den Bereichen Grauware, Licht, Erneuerbare Energien und einem alle 2,5 Jahre wechselnden Beiratsvorsitzenden sowie neun Ländersitzen der Innungen mit LIM oder deren Stellvertreter. Bei Großhandels- und Industriepartnern wird es mit Premium-, Basic- und Kooperationspartner drei Varianten geben, die ebenfalls Qualitätspunkte erreichen müssen. BIM Wirth und e-Marken-Chef Rotter unisono: „Mit dieser komprimierten Struktur – alle Elektriker Österreichs, Großhandel und Industrie – hat die Branche bei Verhandlungen mit Ministerien, Behörden usw. bei weitem mehr Gewicht als bisher.“
Die Branchensituation im Überblick
Kritisch und unvorhersehbar
Das war die einhellige Meinung beim Runden Tisch der Innung mit Industrie und Großhandel Anfang März: Für Karl Sagmeister (GF Schneider Electric) wird diese Unsicherheit nicht nur wegen steigender Rohstoffpreise und Transportkosten, sondern zusätzlich auch durch Lieferprobleme verursacht. So sei man den Staus in der Schifffahrt auf den Zug ausgewichen – und steckt jetzt kriegsbedingt fest. Bis Jahresende sieht er kaum eine Entspannung: „Bei schlechter Verfügbarkeit steigen auch die Preise – das wird sich zum Konsumenten durchschlagen müssen.“
„Wir haben das Lager um 30 Prozent aufgestockt und 45.000 Artikel täglich verfügbar mit einer Verfügbarkeit von über 90 Prozent“, informierte Hans-Peter Ranftl (GF Vertrieb/ Marketing Rexel). Man agiere effizient und habe ein Wachstum auf hohem Niveau. Allerdings müsse alles vorfinanziert werden und das bei steigender Inflation. Wie es bei den rasant steigenden Metallpreisen weitergehen kann, lässt sich derzeit – auch durch die kriegsbedingt problematische Liefersituation – nicht absehen.
Dass es auch bei den Vorlieferanten drunter und drüber gehe, gab Stefan Kleinhans (Verkauf/Marketing Manager ABB) zu bedenken: „Wir können oft nicht zum angegebenen Preis liefern, wenn die Ware überhaupt kommt.“ Er wies darauf hin: „Die Alternativen sollen ja auch gleichwertig sein.“ und „99 Prozent Verfügbarkeit nützt nichts, wenn dann ein wichtiger Teil fehlt, etwa bei einem Verteiler, wo dann ‚nur‘ die Cu-Schiene fehlt. Damit ist der Verteiler eben nicht einsatzbereit.“ Das Problem in diesem Gewerk ist, dass viele Einzelprodukte ein funktionierendes Ganzes ergeben.
Für Daniel Frosch (Leitung Marketing Sonepar) ergibt sich eine ähnliche Situation wie bei seinem Mitbewerb: „Wir setzen auf ein vergrößertes Lager mit 50.000 Artikel und machen sowohl Preis- als auch Verfügbarkeitsänderungen sofort auf unserer Homepage transparent sichtbar.“ Die Auftragsbücher sind beim Elektrotechniker zwar voll – die Volatilität bei Preis und Lieferfähigkeit schafft jedoch Unsicherheit.