Magenta umgeht den Handel

Magenta umgeht den Handel

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Der neue Wi-Fi-6-Router von Magenta macht es für Kabelkunden unmöglich, einen im Handel erworbenen Router ans Modem anzuschließen. Damit entfernt sich Österreich noch weiter von der freien Endgerätewahl. Die Regulierungsbehörde RTR könnte dies ändern. Doch die stellt sich taub bzw. auf die Seite der Provider.

Für Händler wie Endkunden sind es keine guten Neuigkeiten: Magenta bietet mit der Home Box Fiber einen neuen Router für die eigene Kabelkundschaft an, der mit Wi-Fi 6 wirbt, letztlich jedoch ein Zwangsrouter ist. Denn das neue Produkt verfügt – anders als bisherige Geräte – über keinen Bridge-Mode. Damit entfällt für Endkunden die Möglichkeit, lediglich das Modem des Magenta-Geräts zu nutzen, um einen eigenen Router anzuschließen.

Das Herz im Heimnetz bleibt also fest in der Hand des Internet-Anbieters, inklusive aller Hoheits- und Zugriffsrechte. Die Sicherheit des Netzwerkes sowie der Schutz personenbezogener Daten kann vom Kunden nicht mehr kontrolliert werden. Das hat letztlich auch spürbare Auswirkungen auf den Umsatz der Fachhändler, da im Handel erworbene Router nicht wie zuvor eingesetzt werden können.

Verantwortung liegt bei der RTR … und liegt, und liegt und liegt

Möglich ist das Vorgehen von Magenta nur, weil im neuen Telekommunikationsgesetz, das letzten November in Kraft trat, der Netzabschlusspunkt für Breitbandgeräte nicht eindeutig festgelegt wurde. Seit rund einem Jahr obliegt es der Regulierungsbehörde hier für Klarheit zu sorgen. In Ländern wie Deutschland, Italien, den Niederlanden und Finnland ist eine klare Regelung längst selbstverständlich.

Dort wurden die EU-Vorgaben zur freien Wahl des Endgerätes längst eindeutig umgesetzt und die Macht der Provider über das Netzwerk der Kunden beschränkt. Hier liegt der Netzabschlusspunkt dort, wo es für Unternehmen und Endkunden Sinn macht: an der stromlosen Dose an der Wand. Faule Kompromisse, bei denen zwar nicht der Router, aber mindestens das Modem zum Providernetzwerk gehören, sind damit vom Tisch. Doch mit der neuen Fiber-Box macht Magenta nun den Router zum Netzabschlusspunkt.

Verständnis für Provider

Die RTR sieht in der Machtfülle der Diensteanbieter bislang kein Problem. Auf Nachfrage lässt man verlautbaren, dass man die Einzelheiten rund um die Fiber-Box noch nicht kenne und somit nicht einmal eine Einschätzung geben könne. Gut zu wissen, dass die Regulierungsbehörde offenbar immer Up-to-date ist. Davon unabhängig teilt man mit, dass derzeit den Anbietern die Entscheidungsfreiheit zukomme, den Netzabschlusspunkt zu definieren und dieser auch die Schnittstelle eines vom Anbieter bereit gestellten Routers (LAN/WLAN) sein könne. Es sei zulässig, dass der Anbieter eine Einhaltung der von ihm bekanntzugebenden Qualitätsparameter seines Dienstes nur bei Verwendung des von ihm bereitgestellten Modems bzw. Routers garantiere.

„Ein privat gekauftes Modem bzw. ein privat gekaufter Router wird häufig – insbesondere auch bei Kabelnetzanschlüssen – nicht über die für eine einwandfreie Dienste-Qualität erforderlichen betreiberspezifischen Einstellungen verfügen“, sagt Daniela Andreasch von der RTR. „Darüber hinaus wird der Anbieter in aller Regel schon aus Sicherheitsgründen nicht die Registrierung eines Fremdmodems bzw. -routers in seinem Netz ermöglichen und ist auch nicht verpflichtet, der Nutzerin bzw. dem Nutzer des Fremdmodems bzw. -routers die Zugangscodes der entsprechenden Zertifikate zur Verfügung zu stellen.“

Damit argumentiert die RTR klar im Sinne der Anbieter – obwohl es eigentlich Aufgabe der Regulierungsbehörde sein sollte, den Providern auf die Finger zu schauen und die Rechte der Verbraucher zu schützen.

Magenta widerspricht sich selbst

Da die RTR fast ein ganzes Jahr hat verstreichen lassen und eine Verordnung zur freien Wahl des Endgeräts noch nicht einmal in den Anfangsstufen steckt, sieht man sich bei Magenta im Recht und begründet das eigene Vorgehen mit Kundenservice. „Wir stellen unseren Kundinnen und Kunden einen fertig konfigurierten Router zur Verfügung, sodass diese sofort lossurfen können“, sagt Pressesprecher Christian Traunwieser. „Der überwiegende Teil der Internetuser bevorzugt diese einfache Lösung.“

Diese Aussage steht jedoch im Kontrast zu aktuellen Umfragen wie beispielsweise vom VTKE, die belegen, dass sich eine Mehrheit aller Verbraucher die freie Wahl beim Endgerät wünscht. Letztlich widerspricht man sich bei Magenta sogar selbst. Denn die Behauptung „Der Netzabschlusspunkt ist bei Magenta-Kabelprodukten das zur Verfügung gestellte Modem“ trifft nicht auf die neue Fiber-Box zu. Indirekt gibt man dies auch zu, denn angesprochen auf den fehlenden Bridge-Mode empfiehlt Traunwieser allen Kunden, die ihren eigenen Router nutzen wollen, ein anderes Magenta-Modem zu bestellen. „Auf Wunsch können Kund*innen bei Abschluss ihres Intervertrages gerne eines unserer anderen Kabelmodems verlangen und mittels Bridge-Modus einen anderen Router einsetzen“, so Traunwieser. „Wir lehnen die freie Endgerätewahl nicht ab.“

Immerhin hat Traunwieser auch für all jene, die gerne die neueste Wi-Fi-6-Technologie nutzen, dabei aber nicht auf den Bridge-Modus verzichten möchten, eine gute Nachricht parat: „„Aktuell arbeiten daran, unseren WLAN 6 Router mit einem Bridge-Modus auszustatten. Diese Erweiterung wird demnächst auf den Markt kommen. Der Kunde wird künftig also auch die Möglichkeit haben, zwischen den beiden Wi-Fi-6-Modellen – einmal mit und einmal ohne Bridge-Modus – zu wählen.“

Wir lehnen die freie Endgerätewahl nicht ab.

Christian Traunwieser, Magenta

Eigene Router laut Magenta kein Problem

Dass das aktuelle Magenta-Gerät derzeit über keine Brückenfunktion verfügt, begründet Magenta übrigens mit seiner benutzerfreundlichen App. Dass es nicht an technischen Problemen liegt, gibt Magenta selbst zu. Gefragt nach konkreten Beispielen für Sicherheits- oder Kompatibilitätsprobleme im Magenta-Netz, die auf den Einsatz eigener Geräte auf Kundenseite zurückzuführen sind, heißt es, dass man lediglich „hin und wieder“ Anfragen von Kundinnen und Kunden habe, die eher minderwertige Router betreiben. „Die Anfragen zu dem Thema halten sich aber in Grenzen, weil die meisten Bridge-Modus-User sich sehr gut auskennen und IT-Wissen besitzen“, muss selbst Traunwieser zugeben.

Keine Routerfreiheit, kein Handel

Wieso nun gerade die RTR größere Probleme auf Providerseite sieht als die Provider selbst, bleibt unverständlich. Eins ist jedoch klar: Solange die RTR für keine Klarheit beim Netzabschlusspunkt sorgt und diesen nicht im Sinne der Verbraucher definiert, wird es in Österreich keine freie Endgerätewahl geben.

Für Verbraucher bedeutet jeder Tag, an dem die RTR weiter zögert und Provider wie Magenta freie Hand lässt, dass sie weiterhin zwei Geräte betreiben müssen, oder nur das des Providers wie die neue Fiber-Box. Damit entfällt für Händler ein wichtiger Absatzmarkt, während die Anbieter ihre Monopolstellung weiter ausbauen. Dennoch sieht die RTR offenbar keinen zwingenden Handlungsbedarf. So bleibt zu befürchten, dass die neue Magenta-Box bloß der Anfang ist.

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