Der Report Jahrbuch Handel 2025 vom Handelsverband & KMU Forschung Austria zeigt, dass Österreichs Handel sich im EU-Spitzenfeld bewegt.
Der österreichische Einzel-, Groß- und Kfz-Handel ist ein entscheidender Motor für die heimische Wirtschaft, das belegt auch das Jahrbuch Handel 2025 von der KMU Forschung Austria im Auftrag des Handelsverbandes (HV). Der Report liefert einmal mehr die umfassendste Datenanalyse des österreichischen Handels.
Der heimische Handel ist mit insgesamt 92.000 Unternehmen und Umsätzen in der Höhe von fast 303 Milliarden Euro für die österreichische Wirtschaft von größter Bedeutung. Die Branche stellt nicht nur die meisten Unternehmen der marktorientierten Gesamtwirtschaft, sie ist überdies der zweitgrößte Arbeitgeber und der zweitgrößte Wirtschaftsbereich mit einem Anteil von 17 % an der österreichischen Wertschöpfung.
Rainer Will, Geschäftsführer des freien, überparteilichen Handelsverbands
Der zweitgrößte Wirtschaftsbereich
Innerhalb des Handels sind dem Einzelhandel die meisten Unternehmen (52.500) und die meisten Beschäftigten (345.000) zuzurechnen. Zudem entfallen mit 93,3 Milliarden Euro 31 % der Handelsumsätze auf diesen Bereich. Die mit Abstand größte Einzelhandelsbranche ist der Lebensmitteleinzelhandel (LEH). In den fast 4.000 LEH-Unternehmen sind mehr als 121.000 unselbständig Beschäftigte tätig, die Umsätze in Höhe von rund 31,5 Milliarden Euro erwirtschaften.
Der Lebensmittelhandel hat in den letzten fünf Jahren trotz hoher allgemeiner Inflation auf eine systematische Erhöhung seiner Gewinnmargen verzichtet. Er sichert mit 9.400 Verkaufsstandorten die wohnortnahe Versorgung der rund neun Millionen Menschen, die in Österreich leben – von den Ballungszentren bis ins letzte Alpental. Die Branche leistet täglich einen wichtigen Beitrag für unseren Wohlstand und unsere Lebensqualität.
Stephan Mayer-Heinisch, Handelsverband-Präsident
Mit 615.000 unselbständig Beschäftigten ist der Handel zweitgrößter Arbeitgeber des Landes, allein im Einzelhandel sind 351.150 unselbständig Beschäftigte tätig. Spannend ist in diesem Kontext der Blick auf die Teilzeitquote. Diese liegt mittlerweile sektorübergreifend bei 36%, im Einzelhandel ist die TZ-Quote zuletzt von 47,1% auf 47,7% nach oben geklettert.
Hochburgen des heimischen Handels
Die meisten Arbeitsstätten im gesamten österreichischen Handel befinden sich in Niederösterreich und Wien mit jeweils rund einem Fünftel der gesamten Arbeitsstätten, gefolgt von Oberösterreich mit 17 %. Die bei Weitem meisten Handelsumsätze werden in Wien erzielt. Auf die Bundeshauptstadt entfällt ein Drittel aller Handelserlöse. Dieser hohe Anteil ist auch auf die überdurchschnittlich hohe Bedeutung des Großhandels in Wien zurückzuführen. Jeweils 16% der Umsätze werden in Oberösterreich und in Niederösterreich erwirtschaftet.
Wien, Niederösterreich und Oberösterreich sind die heimischen Retail-Hochburgen, hier haben auch die meisten Beschäftigten ihren Arbeitsplatz. Auf Wien verteilen sich 21 % aller Handelsbeschäftigten, auf Niederösterreich 20 % und auf Oberösterreich 17 %.
Rainer Will
EU-Ranking
EU-weit umfasst der Handel rund 18 % aller Unternehmen und knapp ein Fünftel aller Beschäftigten. Außerdem wird fast ein Drittel der Umsätze der marktorientierten Gesamtwirtschaft im Handel erwirtschaftet. Aktuell gibt es in der Europäischen Union 6 Mio. Handelsunternehmen mit 30 Mio. Beschäftigten, die einen Jahresumsatz von 11,5 Billionen Euro erwirtschaften.
Österreich liegt angesichts seiner Größe im Spitzenfeld: Auf unser Land entfallen 2 % aller Handelsunternehmen, 2 % aller Beschäftigten sowie 3 % aller Handelsumsätze in der gesamten EU. Das zeigt, dass unser Handel im europäischen Vergleich stark aufgestellt ist, aber er darf durch unfairen Wettbewerb nicht geschwächt werden.
Wolfgang Hattmannsdorfer, Wirtschaftsminister
Die in absoluten Zahlen stärksten Länder für den Handel der EU-27 sind Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Polen. Während die meisten Unternehmen in Italien ansässig sind (17 % aller Handelsunternehmen der EU), liegt der Handel in Deutschland in Bezug auf die Beschäftigung (21 %) und den Umsatz (23 %) mit großem Abstand an erster Stelle.
Gerade im boomenden E-Commerce aus Asien brauchen wir gleiche Regeln für alle. Deshalb setzen wir uns klar für die rasche Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze, für faire Kontrollmechanismen und für die konsequente Umsetzung europäischer Regelwerke wie des Digital Services Act ein. Unser Ziel ist Fairness im Wettbewerb: gleiche Chancen für heimische Betriebe und bestmögliche Wahlfreiheit für die Konsument:innen.
Wolfgang Hattmannsdorfer, Wirtschaftsminister
Österreichs Umsatzrentabilität sinkt
Die weltweiten geopolitischen Umbrüche sowie drei Jahre Rezession in Folge hatten natürlich auch negative Auswirkungen auf die Lage des österreichischen Handels. Die Anzahl der Unternehmen ist seit 2019 deutlich zurückgegangen. Auch die Umsatzrentabilität ist auf aktuell 5,2 % geschrumpft. Besonders stark unter Druck stehen dabei Kleinstunternehmen, die nur noch eine durchschnittliche Rendite von 3,9 % verzeichnen.
Auch der heimische Lebensmittelhandel musste sinkende Umsätze (real -3,2 % in 2022, -1 % in 2023) bei einer sehr geringen Umsatzrentabilität von durchschnittlich nur 0,5 % bis 2,5 % hinnehmen. Der heimische Lebensmittelhandel hat damit in den letzten drei Jahren inflationsdämpfend agiert – vielfach auf Kosten des eigenen Gewinns.
Branche hofft auf wirtschaftliche Erholung
Zusammenfassend sieht sich der österreichische Handel nach wie vor mit einem herausfordernden Umfeld konfrontiert. Immerhin zeichnet sich aber eine langsame wirtschaftliche Erholung nach einer schwierigen Rezessionsphase ab. Das prognostizierte reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wird für das Jahr 2025 auf 0,6 % und für 2026 auf 1,2 % geschätzt. Die Sparquote wird im laufenden Jahr voraussichtlich konstant bei rund 12 % bleiben.
Die Inflation stellt nach wie vor ein großes Problem dar. Seit dem Jahr 2019 ist jedenfalls eine signifikante Diskrepanz zwischen der realen und der nominellen Entwicklung der Umsatzerlöse im Handelssektor erkennbar. Zudem manifestiert sich ein deutlicher Überhang an Unternehmensschließungen im Vergleich zu Neugründungen, die Insolvenzquoten sind hoch.
Stephan Mayer-Heinisch
Mehr Zuversicht und weniger Bürokratie
Der Einzelhandel kann heuer von steigenden Reallöhnen und einer möglichen Lockerung der Geldpolitik profitieren. „Wir sehen erstmals wieder einen kleinen Aufschwung, und genau jetzt braucht es den Schulterschluss von Politik und Handel, um diesen zu stärken. Die Bundesregierung unterstützt den heimischen Handel dabei mit klaren Maßnahmen: Wir stärken die Lehre als Fundament für Fachkräfte von morgen, wir bauen Bürokratie ab, schaffen mehr Transparenz für Konsumentinnen und Konsumenten und setzen gezielt Anreize für mehr Leistung und Beschäftigung“, so Wolfgang Hattmannsdorfer.
Der Handelsverband setzt sich weiterhin vehement für ein Level Playing Field im (Online-)Handel sowie für einen entschlossenen Bürokratieabbau ein. Nach wie vor zählt der Einzelhandel laut Retail Restrictiveness Indicator der EU-Kommission zu den am stärksten regulierten Branchen in Europa. Im Ländervergleich wird der Handel nur in Frankreich noch strenger reguliert als hierzulande, Österreich belegt den unrühmlichen vorletzten Platz. Die überbordende Bürokratie behindern die Wettbewerbsfähigkeit und belasten alle Unternehmen. Besonders betroffen sind kleine und mittelständische Betriebe sowie beschäftigungsintensive Filialisten, die sich in einem Dschungel von Meldepflichten und Formalvorschriften verlieren.
Im Entbürokratisierungspapier 2025 hat der heimische Handel unter dem Dach des Handelsverbandes 16 Praxisbeispiele für den Bürokratiewahnsinn aufgelistet und konkrete Lösungsvorschläge erarbeitet.
9 von 10 heimischen Händlern empfinden die Bürokratie als belastend – und sie beklagen eine zunehmende Bürokratiebelastung in den letzten fünf Jahren. Die Überreglementierung ist auch ein Hemmnis für mehr Arbeitsplätze. Der Handelsverband steht daher im laufenden Austausch mit dem Wirtschaftsministerium und dem Staatssekretär für Deregulierung, um den heimischen Unternehmen mehr Freiraum zu geben und die Innovationskraft zu stärken. Das Einsparpotenzial liegt bei 15 Mrd. Euro jährlich.
Rainer Will




















