Zum Thema Personas: Wir Menschen sind individuell und unterschiedlich, doch lassen sich oft Gemeinsamkeiten finden. Diese Ähnlichkeiten können sich auf das Alter, die Interessen und andere Parameter beziehen. Damit verbunden können innerhalb der Cluster die Sicht auf Marken oder das Kaufverhalten vergleichbar sein. Im Marketing versucht man die Ähnlichkeiten über Zielgruppen zu nutzen und über Personen-Beschreibungen zu veranschaulichen.
Dieser Artikel wurde im Vorfeld des immer brisanten Fußball-Klassikers Österreich vs. Deutschland geschrieben. Wer sich für Fußball interessiert, spricht gerne mit Gleichgesinnten über legendäre Siege oder packende Duelle. Oft werden die Erzählungen mit konkreten Personen verbunden, man spricht locker vom „Hansi“, „Toni“ oder „David“, die in bestimmten Spielen besondere Leistungen gezeigt haben. Im Zeitablauf führt das bei besonderen Kickern dazu, dass diese als Typen eingeordnet werden.
So gilt David Alaba als der nette und sympathische Fußballer, der im Team über weite Strecken beliebt ist. Ein Marko Arnautovic wird oft als „echter Typ“ bezeichnet, der durch sein außergewöhnliches Auftreten auffällt und unterscheidbar ist. In der Vorbereitung auf ein Fußballspiel werden auch die wichtigsten Protagonisten der gegnerischen Mannschaft analysiert, man beschäftigt sich mit den Stärken oder Schwächen einzelner Spieler und möglichen Lösungen. Durch die Beschreibung von Personen und die Zuordnung von Eigenschaften entsteht eine gemeinsame Gesprächsbasis.
In der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen beschäftigt man sich mit den Kundinnen und Kunden. Man versucht deren Denkweise und Entscheidungsverhalten zu verstehen, um die passenden Maßnahmen entlang der Customer Journey zu setzen. Für ein gemeinsames Verständnis – zum Beispiel zwischen dem werbenden Unternehmen und der Agentur bzw. zwischen den Abteilungen wie Marketing, Produktion oder Vertrieb – fasst man die Einordnung der unterschied-lichen Zielgruppen in Persona-Beschreibungen zusammen.
Personas als idealtypische Kunden
Kunden können in drei Gruppen eingeteilt werden. Es gibt die bestehenden Käuferinnen und Käufer (das „Ist“), welche ein Produkt oder eine Dienstleistung konsumieren. Dazu können Daten vorliegen, oder man kennt sie aus jahrelanger Erfahrung im Verkauf. Oft kaufen ähnliche Personen ein bestimmtes Produkt, die kleine Waschmaschine wird vom Single-Haushalt oder beim Neustart gekauft, mit Familie greift man zur größeren Waschmaschine. Die Zielgruppe bezieht sich auf jene Personen, für welche ein Produkt gemacht ist oder welche das Produkt kaufen sollen (das „Soll“). Man hat Vorstellungen zum Potenzial und möglichen Interessierten, welche durch Maßnahmen angesprochen werden. Die Weiterentwicklung sind „Buyer Personas“, welche eher abstrakte Zielgruppen-Beschreibungen bildhaft darstellen und in der gemeinsamen Vorstellung greifbar machen.
Das dahinterstehende Wort „Persona“ ist ein lateinischer Begriff, der mit Maske bzw. Rolle, Charakter oder Person übersetzt werden kann. Umgelegt auf das Marketing sind Personas beschreibende Modelle, welche die unterschiedlichen Zielgruppen (von coolen Teenagern auf der Suche nach dem modernen Smartphone über Business-Manager bis zur Oma mit dem Wunsch nach bedienbaren Tasten) charakteristisch darstellen. Als Archetypen stehen sie dann stellvertretend für die gesamte Zielgruppe mit relevanter innerlicher Ähnlichkeit, wobei in jeder Zielgruppe natürlich noch immer individuelle Persönlichkeiten sind.
Die Entwicklung von Personas
Tony Zambito gilt als der Erfinder von Buyer Personas, zumindest wird er als weltweit als einer der ersten und führenden Experten betrachtet. Er sieht Personas als forschungsbasierte, modellierte Darstellungen zu den Käuferinnen und Käufern, dazu zählen Fragen wie: Wer sind die Käufer? Was versuchen sie zu erreichen? Welche Ziele bestimmen ihr Verhalten? Wie denken sie? Wie kaufen sie und warum treffen sie Kaufentscheidungen? Der Verweis auf Forschung zielt darauf ab, dass die Entwicklung faktenorientiert passiert, das Aufstellen soll keine launige Märchenstunde ohne Substanz sein.
Diese Fragen sind die wesentliche Grundlage für die Bausteine einer Persona. Wesentlich sind die kategoriespezifischen Einstellungen wie Erfahrung oder Wünsche: es macht einen Unterschied, ob jemand beim Fernseher ein Technik-Freak ist oder nur ein Gerät mit ausgewogenem Preis-/Leistungsverhältnis benötigt. Diese Kategoriebetrachtung wird mit relevanten soziodemografischen Beschreibungen (wie Alter oder Familienstand) und der Persönlichkeitsstruktur (dazu zählen Emotionen wie Sicherheit oder Abwechslung bzw. mögliche Barrieren) kombiniert.
In der praktischen Anwendung bewährt sich die Entwicklung von Personas im Rahmen von Workshops, im Austausch zwischen ausgewählten Kunden, Abteilungen und Agentur. Für die ansprechende Zusammenfassung gibt es vielzählige Tools, exemplarisch werden „Make My Persona“ von Hubspot (https://www.hubspot.com/make-my-persona ) oder Xtensio angeführt.
Die intelligente Unterstützung durch ChatGPT
ChatGPT gehört zu den bekanntesten Anwendungen der künstlichen Intelligenz, entwickelt vom Unternehmen OpenAI und der breiten Öffentlichkeit seit Ende des vergangenen Jahres zugänglich. Dieser Chatbot, den viele der Leserinnen und Leser schon ausprobiert haben werden, nutzt maschinelle Lerntechnologie zum Generieren von natürlich wirkenden Antworten. Die Anregungen nehmen die „Angst vor dem weißen Blatt Papier“.
Diese Fähigkeit zum Zugreifen auf vernetztes Wissen über Dialog kann für die Entwicklung von Personas genutzt werden. Wichtig ist die Formulierung der Aufforderung durch geeignete „Prompts“, um passende Ergebnisse bei der automatisch generierten Antwort zu erhalten. Zu den Erfolgsfaktoren von Prompts zählen klare und deutliche Formulierungen bzw. die Beschreibung des Kontexts. Präzise Aufgaben mit der Spezifizierung der eigenen Überlegungen zur Zielgruppe sind die Grundlage, nach der ersten Antwort kann bei Bedarf über eine Folgefrage verfeinert werden.
Vertiefend zur Beschreibung des aktuellen Persona-Profils mit Angaben zu den Zielen, Pain Points und Entscheidungsfaktoren können über ChatGPT Anregungen zu Ausdrücken zu Herausforderungen und Lösungen für das Integrieren auf der Website gewonnen werden. In einem interaktiven Dialog erhalten die eigenen Überlegungen wertvolle Impulse, dabei unterstützen sich die menschliche und künstliche Intelligenz im Wechselspiel.
Zusammenfassend: In der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen versucht man Zielgruppen mit relevanten Gemeinsamkeiten spezifisch anzusprechen. Die Ähnlichkeiten innerhalb eines Segments lassen sich durch Buyer Personas als idealtypische Vorstellung der verschiedenen Käufergruppen gut vorstellbar beschreiben. Für die konsolidierte Darstellung gibt es hilfreiche Tools, und für die Entwicklung in Verbindung mit Insights und Anregungen liefert künstliche Intelligenz – wie der Einsatz von ChatGPT – erstaunlichen Mehrwert.
FH-Prof. Mag. Harald Rametsteiner
UPGROW Marketing Consulting
Leiter des berufsbegleitenden Masterlehrgangs „Digital Marketing“ der Fachhochschule St. Pölten
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