Derzeit wird wieder fleißig geschnürt: Während die Bundesregierung ein Klima-Steuerpaket schnürt(e), das – außer bei Großunternehmen – eher wenig Begeisterung hervorrief, haben sich fünf unabhängige Interessensvertretungen den Problemen des breiten Mittelstands angenommen. Basis dafür ist eine repräsentative Umfrage unter den „Betroffenen“.
Insgesamt 1.000 Unternehmen haben bei dieser repräsentativen österreichweiten Umfrage von Lobby der Mitte, Senat der Wirtschaft, Österreichischer Hoteliervereinigung, Gewerbeverein und Handelsverband standortpolitische Maßnahmen priorisiert und bewertet. Die Hauptforderungen sind:
Die Lohnnebenkostensenkung
30 % Lohnnebenkosten weniger für 30 Mitarbeiter – und das in jedem Unternehmen – eine Gleichbehandlung für große und kleine Arbeitgeber mit einem spürbaren Effekt auf Klein- und Kleinstbetriebe. 63 % der Befragten wollen so Gehälter erhöhen, 57 % mehr Mitarbeiter anstellen, 53 % den Betrieb absichern. 96 % der Befragten Firmen erachten die Maßnahmen als sehr wichtig oder wichtig.
Der Investitionsturbo
95 % halten den Vorschlag einer 25%igen Investitionsrücklage und der Halbierung des Steuersatzes auf nicht entnommene Gewinne für sehr wichtig oder wichtig. Diese würden sich als echter Investitionsturbo herausstellen: Im Durchschnitt wollen die Unternehmer damit ihre Investitionen um 106 % (Investitionsrücklage) bzw. 131 % (Halbierung Steuersatz auf nicht entnommene Gewinne) steigern.
Der Bürokratiescout
2/3 der Umfrageteilnehmer wünschen sich einen Bürokratie-Scout. Sie geben den Bürokratieaufwand in ihren Unternehmen im Durchschnitt mit 20 % der Arbeitszeit an.
Viel Zustimmung für nachhaltiges Wirtschaften
Andere Vorschläge, die viel Zustimmung ernten, sind Programme zur Zusammenführung von Schüler und Unternehmen oder Startups und Mittelstand oder eine „Green Deal“-konforme Wirtschaftspolitik, die auf Abgaben für selbsterzeugte Erneuerbare Energie verzichtet und nachhaltige Angebote bei öffentlichen Ausschreibungen nicht benachteiligt.
Die fünf freien Arbeitgeber-Verbände und -Plattformen wollen noch vor der Finalisierung des Budgets eine aus ihrer Sicht dringend notwendige Verbesserung der Rahmenbedingungen für den unternehmerischen Mittelstand (EPU, KMU, Familienbetriebe, Freiberufler) sicherstellen. Der Sprecher der Lobby der Mitte, WolfgangLusak:„Solange es keine Gleichstellung bei den Wettbewerbs-Bedingungen zwischen Mittelstand und Kapitalgesellschaften gibt, kann sich auch die österreichische Wirtschaft nicht unabhängig und nachhaltig im Sinne der Krisenbewältigung sowie des Wohls der Bevölkerung entwickeln.“
Abbau der Regulierungsvorschriften stärkt den Mittelstand
„Was unsere Unternehmen auch dringend brauchen, ist eine Vereinfachung des Steuersystems und ein Abspecken der Regulierungsvorschriften“, unterstreicht PeterLieber, Präsident des Österreichischen Gewerbevereins. „Wir fordern das zwar schon seit Jahren, aber jetzt es ist wirklich höchste Zeit, diese Forderungen endlich anzugehen. Wenn wir auch in Zukunft hier in Österreich produzieren, Arbeitnehmer zu fairen Bedingungen beschäftigen, Wohlstand vor Ort schaffen wollen, dann müssen wir jetzt etwas tun. Ein für Unternehmen drückendes Thema ist der Aufwand, den uns die vielen Vorschriften abfordern“, so Lieber. „Wir müssen 20 Prozent unserer Arbeitszeit mit vermeidbarer Bewältigung der Bürokratieanforderungen verbringen. Da sprechen wir von Kosten von gut 50 Mrd. Euro pro Jahr.“
Diese Zeit und dieses Geld seien dringend besser, produktiver, zukunftsgerichteter einzusetzen. Damit müsse jetzt endlich begonnen werden. Die angekündigte Steuerreform könne mittelfristig nur erfolgreich sein, wenn z.B. mittels Bürokratie-Scouts ein regelrechter Wettbewerb auf der Suche nach unsinnigen und überholten Regeln initiiert werde, die ersatzlos gestrichen werden könnten.
Rasche Entlastung des Faktors Arbeit überfällig
Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will: „Um die 600.000 Arbeitsplätze im Handel zu erhalten, muss sichergestellt werden, dass nicht nur 50 Prozent der Zahlungen des Arbeitgebers beim Arbeitnehmer ankommen. Die Lohn- und Abgabenquote erdrückt den Mittelstand und bestraft beschäftigungsintensive Unternehmen mit Betriebsstätte in Österreich, wodurch bei Ansiedlungen oft andere europäische Staaten den Vorrang erhalten. Oberste Priorität sollte eine 30 % Lohnnebenkosten-Senkung für mindestens 30 Mitarbeiter in jedem Unternehmen haben, um das Rückgrat der Volkswirtschaft, den Mittelstand, wettbewerbsfähiger zu machen. Nur dadurch lösen wir auch den massiven Mitarbeitermangel, der mittlerweile mit mehr als 20.000 offenen Stellen im Handel ausufert. Nirgendwo in Europa zahlen Unternehmen so viel für ihre Beschäftigten, ohne dass es den Angestellten selbst bleibt. Wir müssen den Faktor Arbeit entlasten, das ist das beste Investment in die Zukunft unseres Landes.“
1.000 Stimmen, eine Botschaft: „Mittelstand stärken!“
Es hat alles damit begonnen, dass Regierungsvertreter nach einem Gespräch über Werte und Nöte des Mittelstands Wolfgang Lusak um konkrete praxisbezogene Vorschläge ersuchten. Lusak erarbeitete daraufhin mit den anderen beteiligten Verbänden und Experten wie Steuerberater Reinhard Stulik das Mittelstandspaket. „Die Bewertung und Priorisierung durch 1000 Mittelstandsbetriebe ist repräsentativ für den österreichischen Mittelstand. Die starke Beteiligung an der Umfrage und die hohe Zustimmung zu den Vorschlägen stärkt uns den Rücken für weitere Gespräche mit der Regierung“, istLusak optimistisch, dass die Ergebnisse in die Regierungsverhandlungen in der laufenden Budget-Debatte berücksichtigt werden.
Die Umsetzung weiterer Forderungen der Unternehmen wie die nach einem laufenden Monitoring der Umsetzung von Maßnahmen zur Stärkung des Mittelstands oder die Einsetzung einer/s Mittelstands-Beauftragten in der Regierung (90 % Zustimmung) wollen die Interessenvertreter bei einem Runden Tisch mit der Regierung besprechen.
Mittelstand bei Steuerreform zwischen die Stühle geraten
Der Großteil des Entlastungsvolumens der gestern präsentierten Steuerreform geht an Beschäftigte, Familien und Pensionisten, große Unternehmen mit hohen Gewinnen, die Erfahrung mit Mitarbeiterbeteiligungen mitbringen, werden ebenfalls gut bedacht. Ganz typische KMU dagegen, die wegen immenser Lohnnebenkosten bestenfalls niedrigen Gewinnen schreiben, steigen mehr oder weniger leer aus. Die künftig jedenfalls höheren Kosten für die CO2-Bepreisung müssen sie trotzdem stemmen. Wie sie das schaffen sollen, bleibt offen: „Das ist das Gegenteil von Entlastung für das Rückgrat der heimischen Wirtschaft“, so die Branchensprecher, „diese Steuerreform wurde am unternehmerischen Mittelstand vorbei konzipiert.“ Dabei sind sie diese 99,6 % Betriebe als Arbeitgeber für 1,7 Mio. Beschäftigte und Ausbilder von 54.000 Lehrlingen unverzichtbar für den Standort.