Warum 1 Prozent über den Untergang des Handels entscheidet

© AdobeStock

1 % klingt nach nicht viel … so sagen zumindest fast alle, die ich danach frage. Allerdings haben wir zu Prozentangaben in vielen Bereichen kein Gefühl, kein unmittelbares Bild. Natürlich können wir das im konkreten Fall ausrechnen. 1 % von einem Gerät um 600 € sind 6 € … da stimmen mir dann meist auch diejenigen zu, die von selbst nicht so rasch auf die Lösung dieser mathematischen Aufgabe gekommen wären.

Ok, 6 € also … da können wir uns schon deutlich mehr vorstellen. Da habe ich zumindest das Bild von einem 5 € Schein und einer 1 € Münze vor meinem geistigen Auge. Oder 3 Münzen á 2 € – je nach Vorstellung. Das ist zwar viel greifbarer, aber immer noch nicht viel heutzutage. Was bekommen wir denn schon um 6 €? Ein Getränk, einen Döner, eine Packung Zigaretten.

Und weil weder das 1 % noch die 6 € viel klingen, gehen wir im Verkauf oft sehr großzügig, um nicht zu sagen fahrlässig damit um. Ein Prozent geben wir schon mal als Skonto, oft auch zwei. Oder aber wir runden die 6 € einfach weg und lassen 606 € gerade sein. Wegen solcher Kleinigkeiten brauchen wir schließlich kein großes Theater zu machen.

Wenn ich Händler oder Verkäufer frage ob dieses 1 % darüber entscheidet ob ein Kunde kauft oder nicht, sagen die meisten: „Nein, das tut es nicht.“ Das bedeutet, dass weder deutlich mehr Kunden kaufen, wenn ein Produkt um 1 % weniger kostet, noch deutlich weniger kaufen, wenn der Preis um 1 % höher ist. Dieses 1 % ist für den Umsatz – speziell bei kleineren Beträgen von ein paar hundert oder tausend Euro – schlichtweg egal.

Gleichzeitig operieren weite Bereiche des Handels mit (erschreckend) schmalen Margen. Manche wären schon recht glücklich, wenn sie dieses eine Prozent als Gewinn erwirtschaften würden. Die besten schaffen natürlich mehr Gewinn vor Steuern – 5, 6 oder vielleicht sogar 8 % (was für viele nahezu unvorstellbar ist).

Nehmen wir mal an – der Einfachheit halber – unser Beispielhändler schafft 2 % Gewinn nach Abzug aller Kosten vor Steuern. Nicht fantastisch, aber könnte schlimmer sein. Was wenn in diesem Geschäft die Verkäufer weniger leichtfertig mit einzelnen Prozenten oder ein paar wenigen Euros umgehen und so im Jahresschnitt um nur dieses 1 % mehr an Marge herausholen? Was bedeutet das für unseren Beispielhändler und seinen Gewinn? Ich lasse Ihnen kurz Zeit zum Überlegen und Nachrechnen.

Sind Sie soweit? Genau! 1 % mehr bedeutet in unserem Fall, dass der Gewinn von 2 auf 3 % – also um beachtliche 50 Prozent – steigt.

Wird im Verkauf zu viel gerundet oder werden leichtfertig kleine Nachlässe gegeben, dann sinkt dieser um erschreckende 50 % von 2 auf 1 %. Und das ist beachtlich und kann über Fortbestehen oder Untergang eines Unternehmens entscheiden.

Roman Kmenta

Mag. Roman Kmenta
Preisexperte und Vortragsredner
www.romankmenta.com

Die mobile Version verlassen