Einzelhandel: Weihnachtsgeschäft im Non-Food-Handel unter Vorkrisenniveau

Weihnachtsgeschäft Shopping

(c) Adobe Stock

Handelsverband, WIFO und Mindtake präsentierten heute eine Prognose für Gesamtjahr und im speziellen für das diesjährige Weihnachtsgeschäft.

Das Weihnachtsgeschäft gilt seit jeher als „5. Quartal“ für den Einzelhandel, welches auch darüber entscheidet, ob das Geschäftsjahr erfolgreich endet oder nicht. Im Corona-Jahr 2021 gilt dies mehr denn je, wenngleich die Ausgangslage heuer aufgrund des harten Lockdowns vor allem unter dem Motto der Verlustbegrenzung steht.

Weihnachtsgeschäft 2021 bringt Mehrumsatz

Das aktuelle Weihnachtsgeschäft verläuft wegen der behördlichen Schließung des Non-Food Handels bis 12. Dezember (in OÖ bis 16. Dezember) sowie der weiterhin geltenden 2G-Einschränkungen und Hygiene-Vorgaben im gesamten stationären Handel schwach. Die Umsatzprognose von Handelsverband und Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) für den österreichischen Einzelhandel geht heuer von einem weihnachtsbedingten Mehrumsatz von 1,2 Mrd. Euro netto aus. Das entspricht einem Plus von 100 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr (1,1 Mrd. Euro netto), als das Weihnachtsgeschäft ebenfalls stark durch die Pandemie nach unten gedrückt wurde.

Non-Food-Handel mit minus 50 Mio. Euro

„Es gibt überdies deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen. Betrachtet man lediglich den Nichtlebensmittelbereich, liegen die Mehrumsätze im Dezember weiterhin um 50 Mio. Euro unterhalb des Vorkrisenniveaus 2019″, sagt Jürgen Bierbaumer, Senior Economist am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). Insgesamt wird das Umsatzvolumen heuer im Dezember auf nominell 6,75 Mrd. Euro geschätzt (Vorjahr: 6,5 Mrd. Euro).

Das klassische Weihnachtsgeschäft wird definiert als Mehrumsatz im Dezember, der über den durchschnittlichen Umsätzen der Monate Jänner bis November liegt. Pandemiebedingt gibt es hier aktuell jedoch zusätzliche Faktoren (z.B. unterjährige starke Umsatzschwankungen aufgrund von Schließungen im Handel), die eine exakte Abgrenzung dieser Mehrumsätze erschweren. Folglich wurde als Referenzperiode die Entwicklung Jänner bis November im Jahr 2019 (Vorkrisenniveau) herangezogen. Lockdown-bedingt sind auch in diesem Monat viele Umsätze zu Internet-Giganten außerhalb der österreichischen Volkswirtschaft abgeflossen.

Kommende Woche treten dann die Last-Minute Shopper auf den Plan. Viele wurden unweigerlich zu solchen, sofern sie den stationären Handel aufsuchen wollten. Rund ein Drittel der Konsumenten sichert sich heuer erst in den letzten Tagen vor Heiligabend die Geschenke für die Lieben. Nach dem 24. Dezember werden dann Geldgeschenke eingelöst und das Gutscheingeschäft hat Hochkonjunktur bis weit in den Jänner 2022 hinein.

Top-Seller zu Weihnachten

„Im Schnitt werden die Österreicherinnen und Österreicher heuer 463 Euro für Geschenke ausgeben. Das ist zwar um 43 Euro mehr als im Vorjahr, aber weniger als 2019. Der Anteil jener Umsätze, die aus unserer Volkswirtschaft abfließen, hat allerdings zugenommen, wodurch dem österreichischen Handel weniger bleibt. Mangels Planbarkeit setzt sich der Trend zu Gutscheinen ebenso fort wie auch die Beliebtheit von Geldgeschenken. Reisen und Wellnessurlaube werden hingegen Corona-bedingt deutlich weniger unter den Christbaum gelegt als vor der Pandemie. Die Hochsaison des Handels hält durch das Einlösen von Gutscheinen, Geld und auch durch Umtausch bis in den Jänner an, ein natürliches Kundengewinnungsprogramm“, so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.

Bei den bevorzugten Waren greift heuer jedes dritte österreichische Christkind im Einzelhandel zu Bekleidung (38%), Parfum/Kosmetikprodukten (30%), Süßigkeiten (29%) und Büchern (29%), immerhin jedes Vierte zu Spielzeug (28%) und Accessoires (22%), um die Vorlieben der Liebsten zu treffen. Spannend: Jede:r Siebte wird heuer alle Weihnachtsgeschenke im Onlinehandel kaufen.

Verkaufsoffener Sonntag

Kommenden Sonntag dürfen jene Geschäfte, die im Lockdown schließen mussten, ausnahmsweise von 10:00 bis 18:00 Uhr ihre Pforten öffnen, um zumindest einen kleinen Teil ihrer Lockdown-Verluste wettmachen zu können. „Laut einer aktuellen Erhebung des Handelsverbandes werden alle Einkaufszentren und mehr als die Hälfte der heimischen KMU-Händler diese Möglichkeit wahrnehmen. Jene mit lebensnotwenigen Gütern dürfen erst gar nicht öffnen. Auf Konsumentenseite überlegt rund ein Drittel, am 19. Dezember shoppen zu gehen. Mehr als 10% der Österreicherinnen und Österreicher haben dies sogar fix eingeplant“, bestätigt Will.

Bruttoumsatz steigt moderat

„Aus all diesen Faktoren leitet sich unsere Gesamtjahresprognose 2021 für den stationären österreichischen Einzelhandel von 74,4 Milliarden Euro brutto ab. Eine moderate Steigerung von rund 3% gegenüber dem Krisenjahr 2020. Bereinigt man allerdings um die durchschnittlichen Preissteigerungen im Gesamtjahr, wird der stationäre Handel heuer real mit ca. 1,5% nur halb so viel wachsen“, so Rainer Will.

„Die Grunddynamik in der Umsatzentwicklung verlief bisher im zweiten Jahr der Pandemie recht solide und liegt über dem Vorjahr. Dies lässt sich auch an einer höheren Ausgabenbereitschaft der privaten Haushalte (auch für langlebige Konsumgüter) erkennen. Auch hat sich das Konsumklima an das Vorkrisenniveau angenähert, wenngleich durch den rezenten Lockdown dies wieder eingetrübt wurde“, ergänzt Bierbaumer.

Die jüngste Lockdown-Befragung des Handelsverbandes hat außerdem ergeben, dass 57% aller heimischen Händler aktuell unter Existenzängsten leiden, ein Viertel der stationären Handelsbetriebe eingehende Rechnungen nicht mehr vollständig bedienen kann, 11% binnen einem Monat von Zahlungsunfähigkeit betroffen sein können und weitere 17% innerhalb von drei Monaten. Ein Drittel der Handelsbetriebe sieht sich zu einer Reduzierung des eigenen Personals gezwungen. Nur 14,5% der Händler sind daher mit der Abwicklung der Corona-Staatshilfen zufrieden.

Onlinehandel wächst um +20% auf Rekordwert

„Der Onlinehandel wird hingegen heuer um mehr als 20% wachsen. Corona war hier eindeutig ein Brandbeschleuniger. Am Ende des Jahres werden wir mit 9,6 Milliarden Euro erstmals einen eCommerce-Anteil am gesamten Einzelhandelsumsatz von mehr 13% erreichen. Leider fließen fast zwei Drittel davon ins Ausland ab“, so Handelssprecher Will. Viele heimische Händler haben das Potenzial des Onlinehandels in den langen Pandemie-Monaten erkannt und in ihren Webshop investiert – eine wertvolle Entscheidung. Die Zahl der österreichischen Webshops ist dadurch auf mehr als 15.000 angewachsen.

Ähnlich stark wie der Distanzhandel wird heuer der sog. KEP Markt (Kurier-, Express- und Paketdienste) zulegen. 2019 lag die Zahl der zugestellten Pakete im B2C Bereich bereits bei 151 Mio. (+14%), 2020 waren es 180 Mio. (+19%) und heuer erwarten wir erstmals ein Paketvolumen von mehr als 200 Mio. Stück – ein weiterer Anstieg im zweistelligen Prozentbereich. Hauptgründe für die Paketlawine sind neben dem generellen eCommerce-Boom vor allem überproportional steigende Teillieferungen und Retouren. Im Weihnachtsgeschäft werden heuer an manchen Tagen erneut über eine Million Pakete zugestellt. Das bringt zahlreiche Paketdienstleister an ihre Grenzen.

Der Weihnachtswunsch des Handelsverbandes richtet sich heuer an die Konsument:innen und an die Regierung:

Das größte Geschenk, das wir dieses Weihnachten jemandem schenken können, ist ein sicherer Arbeitsplatz. Wie das geht? Indem wir unsere Geschenke im heimischen Handel kaufen – egal ob in einem der 15.000 österreichischen Onlineshops oder vor Ort in den Geschäften. Alle Österreicherinnen und Österreicher können einen Beitrag leisten und zeigen, dass ihr Herz für die eigene Region schlägt. Und die Regierung? Sie sollte dringend bei den Entschädigungen nachschärfen, damit das Händlersterben abgemildert wird.

Rainer Will
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