WKÖ-Gewerbe und Handwerk: „Höchste Zeit, die Konjunktur-Talfahrt zu stoppen“

WKÖ-Gewerbe und Handwerk: „Höchste Zeit, die Konjunktur-Talfahrt zu stoppen“

© KMU Forschung Austria

„Die Zahlen sind, wie sie sind. Da gibt es nichts zu beschönigen. Die konjunkturelle Situation im Gewerbe und Handwerk ist alles andere als erfreulich“, sagt Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Gemeinsam mit KMU Forschung Austria präsentierte sie Zahlen zur aktuellen Lage.

Die Ergebnisse der Konjunkturbeobachtung im Überblick:

Eine Erholung von der Corona-Pandemie wurde durch die Vielfalt aktueller Herausforderungen im Gewerbe und Handwerk zunichte gemacht. Aus der Umfrage und den Kommentaren lässt sich nicht herauslesen, dass die Talsohle bereits erreicht wäre.

Christina Enichlmair, KMU Forschung Austria

Gedämpfte Erwartungen zu Jahresbeginn

So verzeichneten alle investitionsgüternahen Branchen im vierten Quartal 2023 Auftragsrückgänge. Im Schnitt sank der Auftragsbestand um 14,5 Prozent. Besonders drastisch fielen die Rückgänge für die Hafner, Platten-, Fliesenleger und Keramiker mit -34,5 Prozent, die Tischler und Holzgestaltenden Gewerbe mit -21,8 Prozent sowie für Gärtner/Floristen (-17,9 %) und Metalltechniker (-16,6 %) aus.

In den konsumnahen Branchen meldeten die Betriebe im vierten Quartal 2023 ebenfalls überwiegend Umsatzrückgänge: Keine einzige Branche konnte einen positiven Saldo verzeichnen. Besonders stark unter Druck waren zu Jahresende die Berufsfotografen (55 % mit Rückgängen), Personaldienstleister/Sicherheitsgewerbe (43 %), Gesundheitsberufe (41 %), Mechatroniker (41 %) und Kunsthandwerke (39 % der Betriebe mit Umsatzminus).

Zum Jahresauftakt 2024 sind die Erwartungen daher weiterhin sehr gedämpft: Nur 12 Prozent der Betriebe erwarten Steigerungen, 50 Prozent erwarten Stagnation und 38 Prozent gehen sogar von weiteren Umsatz- oder Auftragsrückgängen aus. Mit minus 26 Prozentpunkten ist der Saldo damit ähnlich negativ wie während der Corona-Pandemie, in den baunahen Branchen wird sogar mit noch schlechteren Geschäften als damals gerechnet.

Es sei deshalb „höchst an der Zeit, die Talfahrt zu stoppen und den Stimmungsumschwung einzuleiten“, plädiert Scheichelbauer-Schuster. Die Spartenobfrau sieht den schwachen Konjunkturdaten zum Trotz dafür intakte Voraussetzungen: „Die Lohnabschlüsse haben Planbarkeit gebracht und die Kaufkraft gestützt. Die Inflation wird 2024 auch in Österreich sinken, das stärkt den Konsum. Wir werden aber auch Investitionen brauchen, um aus der Rezession zu steuern. Dafür brauchen wir mehr Zuversicht.“

Wirtschaftsforscher Holger Bonin und AMS-Chef Johannes Kopf hatten sich rund um den Jahreswechsel für gezielte Unterstützungsmaßnahmen zugunsten der Baukonjunktur ausgesprochen, insbesondere im Wohnbau. Das sei auch möglich, ohne die Inflation zu befeuern. „Wir teilen die Einschätzung der Experten, dass diese Anreize zur Ankurbelung des Wohnbaus gezielt und rasch wirksam sein müssen“, so Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Sparte. Für mehr Investitionsfreude wäre eine spürbare Entlastung der Betriebe notwendig.

Anreize für den Wohnbau

Konkret schlägt das Gewerbe und Handwerke vier Maßnahmen vor:

Mehr als 1.400 Meister-Alumni

„Auch der Fachkräftebedarf wird uns auf viele Jahre intensiv beschäftigen“, führte Scheichelbauer-Schuster eine weitere Herausforderung ins Treffen. Hier seien jüngst wichtige Weichen gestellt worden: „Mit der Kostenübernahme für Prüfungsgebühren sind Meister- und Befähigungsprüfungen noch attraktiver geworden. Zusätzlich mit dem Gesetz für die Höhere Berufliche Bildung, das ab Mai 2024 in Kraft tritt, erhält die berufliche Aus- und Weiterbildung so einen kräftigen Aufwind.“

Und auch die WKÖ trägt dazu bei, das berufliche Ansehen der hoch- und höchstqualifizierten Fachkräfte in Österreich zu steigern. Für den im Oktober 2023 gestarteten Master Alumni Club (MAC), der kostenlos allen Menschen offen steht, die erfolgreich eine Meister- oder Befähigungsprüfung absolviert haben, haben sich bereits mehr als 1.400 Personen angemeldet – aus allen Bundesländern und Berufsfeldern, mit einem Alter zwischen 20 und 91 Jahren.

Dieser enorme Zuspruch freut uns sehr und spornt uns an, in diesem Jahr so richtig durchzustarten.

Renate Scheichelbauer-Schuster

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