Michaela Sadleder hat sich einen wirklich interessanten Zeitpunkt ausgesucht, um als Country Sales Managerin bei Eaton Österreich durchzustarten – ihren Job hat sie nämlich kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie angetreten. ELEKTRO|branche.at hat sich mit der ausgewiesenen Branchenkennerin über turbulente Drahtseilakte und rosige Zukunftsaussichten bei Eaton unterhalten.
Die vergangenen zwölf Jahre war die Welt des Großhandels ihre Heimat – hauptsächlich bei Rexel in unterschiedlichen Positionen und Ländern. Anfang 2020 entschloss sie sich schließlich für eine Rückkehr nach Österreich, und damit auch für einen grundsätzlichen Perspektivenwechsel. „Ein produzierendes Unternehmen wie Eaton ist schon anders aufgestellt als ein Handelsunternehmen. Es ist ganz einfach eine andere Perspektive und auch das Geschäftsmodell unterscheidet sich stark“, erzählt Sadleder. „Das Verbindende ist die Welt der Elektrotechnik.“
ELEKTRO|branche.at: Sie haben sich einen interessanten Zeitpunkt für den Jobwechsel ausgesucht.
Michaela Sadleder: Ja, das kann man wohl sagen. Der Beginn war extrem spannend und herausfordernd. Das, was man am Anfang normalerweise so macht, etwa die Kunden besser kennenzulernen, war damals alles nicht möglich. Auch waren die Prioritäten zu Beginn der Coronakrise andere.
Und welche Prioritäten waren das?
Wir haben beispielsweise immer versucht, bei unseren Kunden Präsenz zu zeigen und – das klingt jetzt fast ein bisschen pathetisch – das Beste aus der Situation zu machen. Glücklicherweise waren es die Vertriebsorganisation teilweise schon gewohnt im Homeoffice zu arbeiten – wenn auch nur tagesweise. Komplizierter war es für den Vertriebsinnendienst, der bestimmte Tools verwenden muss. Da mussten wir auf die Schnelle Lösungen finden und viel organisieren. Das alles war ein gewaltiger Veränderungsprozess, der sich inzwischen aber gut eingespielt hat. Auch in schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass man den persönlichen Kontakt aufrechterhält – dieser Kontakt ist durch nichts zu ersetzen.
Wie ist die Lage aktuell?
Wir richten uns streng nach den Wünschen des Kunden. Wenn jemand keine Besuche empfangen möchte, dann respektieren wir das natürlich und steigen auf die virtuelle Schiene um. So werden wir das auch nach der Pandemie handhaben. Für uns ist es wichtig, nicht den Draht zum Kunden zu verlieren – egal, ob persönlich oder virtuell.
Wie ist das Geschäft während der Pandemie verlaufen?
Zu Beginn der Pandemie gab’s eine kurze Schockstarre am Markt. Sobald aber die Entscheidung gefallen ist, dass die Baustellen wieder öffnen dürfen, ist‘s bei unseren Kunden gleich wieder los gegangen. Wir haben hier ohne Einschränkungen konstant Unterstützung bieten können.
Zwischen Lieferproblemen & galoppierenden Rohstoffpreisen
Bis die Sache mit den Lieferproblematik angefangen hat…
Um ehrlich zu sein: Im letzten Jahr haben wir von den Lieferproblemen kaum etwas gemerkt, zumal wir eine sehr starke regionale Wertschöpfung haben. Dank unserer Produktion in Schrems war das für uns nicht so das Thema. Die lokale Wertschöpfung samt hoher Fertigungstiefe sind ja unser klares Alleinstellungsmerkmal. Durch diese starke Verwurzelung in Österreich können wir auch die Prozesse sehr gut beeinflussen. Außerdem ist die lokale Wertschöpfung in Zeiten wie diesen enorm wichtig.
Heuer ist es ein bisschen anders. Es herrscht allgemein ein sehr hoher Aktivitätenlevel am Markt, was natürlich sehr positiv ist. Es wäre vermessen zu sagen, dass es uns noch immer nicht betrifft. Es betrifft alle am Markt. Wir können diese Situation derzeit aber noch sehr gut managen. Wir haben sogar eigene Taskforces eingerichtet, die sich darum kümmern. Und auch unsere Disposition blickt inzwischen viel weiter in die Zukunft. Dabei ist es uns sehr wichtig, dass die Qualität unserer Produkte nicht darunter leiden darf. Insgesamt ist es aufwändiger und anspruchsvoller geworden, allerdings für jeden in der Kette – vom Großhändler bis zum Elektriker. Die Ansprüche und Anforderungen auszubalancieren ist manchmal ein echter Drahtseilakt.
Ein Drahtseilakt dürften auch die Rohstoffpreise sein…
Die stark steigenden Rohstoffpreise sind schon das ganze Jahr über präsent. So wie man es vielleicht früher gewohnt war, dass die Preise über längere Zeit stabil bleiben, das gibt’s derzeit einfach nicht. Preisschwankungen sind zum Alltag geworden und das wird uns auch sicher noch eine Zeit lang begleiten. Dadurch, dass wir sehr viel Flexibilität zeigen, um die Verfügbarkeit zu gewährleisten, sind wir auch mit hohen Logistikkosten konfrontiert – vor allem bei der Seefracht. Niemand kann sich dem entziehen, aber wir versuchen den Aufwand bzw. die Kosten so gut wie möglich zu minimieren.
Eaton sieht Energiewende als großen Wachstumsmarkt
Und wie wird’s in Zukunft weitergehen?
Man weiß derzeit eigentlich nie genau, was weiter passieren wird – etwa, wie es mit den Rohstoffen weitergeht. Wir sind aber sehr optimistisch, dass die Chancen unserer Branche durch das Energiewende-Thema sehr groß sind. Etwa, was den Bereich Renovierung und Sanierung betrifft. Wir gehen davon aus, dass uns die Trends Energiewende, Erneuerbaren-Ausbau und Renovierung gute Wachstumschancen bieten werden. Wenn man sich die aktuelle Renovierungsquote ansieht, da geht noch viel mehr. Da können wir dann auch unser Kernportfolio platzieren. Die Energiewende ist ein großer Wachstumsmarkt für uns. Ich hoffe nur, dass die Umsetzung auch seitens der Politik sehr ehrgeizig angegangen wird.
Bekanntlich haben wir kürzlich den Schweizer Pionier für Elektromobilität Green Motion gekauft, was eine perfekte Ergänzung unseres Kernportfolios darstellt. Damit sind wir in Zukunft auch im Thema Elektromobilität stark vertreten und können unseren Fokus im Bereich Gebäudevernetzung weiter vergrößern. Zudem gibt es sehr interessante neue Konzepte, die perfekt zu unseren Produkten und Lösungen passen. Bei der Energiewende wollen wir in jedem Fall Vorreiter sein. Hier hindert uns auch keiner daran, schneller zu sein, als es die Politik vielleicht vorgibt.
Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Das Umfeld ist derzeit wahnsinnig spannend und dynamisch und unsere Ziele sind ambitioniert. Wir wollen über dem Markt wachsen und gleichzeitig unsere Kompetenzen ausbauen. Eines der drängendsten Themen am Markt ist aber der Fachkräftemangel im Bereich der Elektrotechnik bzw. in den so genannten Energiewendeberufen. Hier arbeiten wir daran, dass wir diesen Berufen ein noch attraktiveres Image verleihen, indem wir Schulen, HTLs und Ausbildungsstätten unterstützen. Eaton selbst bildet jedes Jahr rund 50 Lehrlinge aus.
Gleichzeitig werden wir versuchen, den Fachkräftemangel ein wenig abzufedern. Indem wir beispielsweise mit Checklisten oder Konfiguratoren probate Hilfsmittel schaffen, um die Produktivität zu erhöhen – für jeden Elektriker, damit er das Volumen, das er zu stemmen hat, effizienter und damit auch schneller abarbeiten kann. Als ersten Schritt werden wir unser umfassendes Info-Angebot so organisieren, dass es für unsere Kunden noch leichter und schneller auffindbar ist. Die ersten Tools werden dann im kommenden Jahr verfügbar sein.