Anfang März traf sich eine hochkarätige Runde aus Industrie, Großhandel und Innung, um über die brennendsten Probleme heimischer Elektro-Unternehmen zu diskutieren. Zur Sprache kam dabei auch die Tatsache, dass sich manche Elektrotechniker sehenden Auges in den wirtschaftlichen Abgrund stürzen – und dabei auch die gesamte Branche mitziehen.
Rasante Preissprünge, inflationäre Energiekosten, monatelange Lieferprobleme und der weiterhin bestehender Fachkräftemangel: An brennenden Problemen mangelt es der Elektrobranche ja wirklich nicht. Und angesichts der aktuellen Umstände sieht es derzeit auch nicht danach aus, dass sich die Situation rasch entspannen dürfte – eher im Gegenteil. Umso überraschender ist es, dass es – trotz aller äußeren Widrigkeiten – immer noch Elektrounternehmen gibt, die nach wie vor mit dem wirtschaftlichen Feuer spielen.
Eines müssen wir in der aktuellen Situation nämlich akzeptieren: In Sachen Rohstoffen und Energiepreise sind wir nur noch Passagiere, die darauf warten müssen, was in der Welt bzw. konkret im Ukraine-Konflikt weiter passiert – und diese leidige Corona-Sache spielt zwar nach wie vor eine wesentliche Rolle, aber zumindest redet darüber fast kaum noch jemand.
Wirtschaftliches Überleben in die eigene Hand nehmen
Sehr wohl können Elektrounternehmen allerdings darauf achten, dass sie zumindest ihr wirtschaftliches Überleben wieder in die eigene Hand nehmen – und damit gleichzeitig auch der gesamten Elektrobranche einen großen Dienst erweisen. Immer noch gibt es nämlich Unternehmen, die – offenbar wider besseres Wissen – wirtschaftlich ruinöse Angebote legen. Zur Sprache gebracht wurde diese Thematik beim Round Table übrigens vom stellvertretenden Berufsgruppenobmann Blitzschutz Arno Kransteiner.
„Meine Elektrotechnikerkollegen sind offenbar die einzigen Handwerker, die nie richtig rechnen gelernt haben – weder in der Volks- noch in der Berufsschule. Unsere Auftragsbücher sind voll und wir können uns vor lauter Arbeit nicht erwehren. Und trotzdem gibt es hier Preisschlachten, wo ich mir denke, die können eins und eins nicht zusammenzählen“, wundert sich Kransteiner.
Kransteiner: „Wir täten uns alle ein bisserl leichter“
Dabei seien schon die aktuellen Rahmenbedingungen alles andere als lustig. „Da können wir als Elektrotechniker ohnehin nicht aus. Aber so, wie wir uns das Leben selbst schwermachen, wäre bereits die Hälfte ausreichend. Für mich ist das ein Aufruf an meine Elektrotechniker-Kollegen und die Elektrobranche, auch ein bisschen an sich selbst zu denken. Wenn wir nicht jeden Cent ums Biegen und Brechen runterrechnen würden, dann täten wir uns alle ein bisserl leichter“, appelliert der stellvertretende Berufsgruppenobmann an die Branche.
Und Kransteiner hat dazu auch ein aktuelles Beispiel parat: „Leider haben wir gerade in Oberösterreich einen aktuellen Fall. Ein Elektrounternehmen mit rund 50 Mitarbeitern hat diese Preissituation schon nicht überlebt. Das ist meines Wissens der Erste, den es die sprichwörtlichen Haxen ausgerissen hat. Und sowas ist angesichts der aktuellen Auftragssituation schade und muss nicht sein. Wenn wir es nicht gemeinsam schaffen, mit ein bisserl mehr Hausverstand zu agieren, dann wird das nicht das letzte Unternehmen bleiben“, warnt Kransteiner.
Auch PV-Sektor betroffen
Über eine ähnliche Situation wie im Blitzschutz kann auch NÖ-Landesinnungsmeister Fritz Manschein aus der PV-Branche berichten. „Im Grunde ist die Situation am PV-Markt noch ausgeprägter, weil das Marktwachstum dramatisch ist. Zudem sind hier die Produkte noch sensibler als anderswo. Ein Kernpunkt für mich ist die Tatsache, dass es der Elektrotechniker immer noch geschafft hat, jede Technologie und Marktnische zu minimieren. Für mich liegt das auch daran, dass wir einen zu niederschwelligen Zugang zur Elektrotechnik haben. Da darf es einem dann nicht wundern, dass es Betriebe gibt, die derart beratungsresistent sind“, so Manschein. „Aber wenn ein Betrieb auf diese Art und Weise unbedingt an die wirtschaftliche Wand fahren möchte, dann hält sich mein Mitleid schon auch in Grenzen.“
Richtige Kalkulation ist für Elektrotechniker alles
Eine solche Situation ist auch für Bundesinnungsmeister Andreas Wirth keine wirklich neue Erfahrung. „Das gibt es, seit ich in der Branche bin. Wir versuchen als Bundesinnung immer wieder entgegenzusteuern und werden das Problem auch weiterhin offensiv aufzeigen. Aber es ist ein freier Wettbewerb und ein freier Markt. Man kann schließlich keinen Elektrotechniker verpflichten, einen Mindestpreis anzugeben. Im Grunde geht’s hier um eine ganz simple Kalkulation. Und wenn dann ein Stundensatz von 40 Euro rauskommt, dann kann sich das fürs Unternehmen einfach nicht ausgehen. Und das muss auch nicht sein. Es ist genug Arbeit für uns alle da, wahrscheinlich für die nächsten 15 Jahre“, so Wirth. „Wenn unsere Mitglieder glauben, jetzt Dumpingpreise machen zu müssen, dann werden sie das nicht überleben. Die Krankenkasse klopft am 15. an, das Finanzamt klopft am 15. an und die Gemeinden klopfen am 15. an. Und die Krankenkasse interessiert es nicht, ob man sich jetzt verkalkuliert hat.“
Hinweis
Einen vollständigen und umfassenden Bericht über die Inhalte und Ergebnisse des großen Branchen-Round-Tables der Bundesinnung der Elektrotechniker können Sie in der kommenden ELEKTRO|branche.at-Ausgabe 3-4/2022 (erscheint Anfang April) nachlesen.