Eigenen Strom erzeugen und mit den Nachbarn teilen, unabhängig werden von den Preissprüngen der internationalen Energiemärkte und eine sichere Selbstversorgung auch in Notzeiten – Erneuerbare Energiegemeinschaften sollen außerdem einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten Zudem soll das Stromsystem insgesamt effizienter werden, wenn immer mehr elektrische Energie nicht über weite Strecken transportiert, sondern lokal produziert und lokal verbraucht wird.
Beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 9. November 2023 wurde denn auch die Bedeutung der Erneuerbaren Energiegemeinschaften für die Erreichung der Klimaziele ausdrücklich betont. „Die österreichische Klimastrategie setzt zu Recht große Hoffnungen in die Erneuerbaren Energiegemeinschaften“, sagte die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, „das ist sehr im Sinne der Verteilernetzbetreiber, die ebenfalls Energiegemeinschaften befürworten und unterstützen.“
In der Praxis gibt es allerdings sehr unterschiedliche Anforderungen, es stehen auch unterschiedliche Modelle von Gemeinschaften zur Auswahl. Den Netzbetreibern kommt in allen Fällen eine wichtige Rolle zu, wie der Geschäftsführer der Linz Netz GmbH bekräftigt.
Drei Formen von Energiegemeinschaften
Schon in der Vergangenheit gab es das Modell der Gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen, wo sich alle Teilnehmenden innerhalb eines Gebäudes oder eines Objekts befinden. Dabei wird der Strom – zum Beispiel von gemeinsam finanzierten PV-Modulen auf dem Dach – unter allen Mietern aufgeteilt. Allfälliger zusätzlicher Bedarf kommt aus dem öffentlichen Netz. Für die Energie, die im Haus verbraucht wird, müssen weder Netzgebühren noch Abgaben wie die Elektrizitätsabgabe oder die Ökostromabgabe abgeführt werden. Im Versorgungsgebiet von Linz Netz bestehen 212 solcher Gemeinschaftsanlagen.
Ein wichtiges Zukunftsmodell sollen die Erneuerbaren Energiegemeinschaften sein, bei denen dezidiert die Stromerzeugung aus ausschließlich erneuerbaren Quellen Voraussetzung ist. Je nach Umfang kann eine Erneuerbare Energiegemeinschaft lokal sein (innerhalb des Versorgungsbereichs einer Trafostation) oder regional (innerhalb des Versorgungsgebiets eines Umspannwerks). Die Erneuerbaren genießen ebenfalls reduzierte Netznutzungsentgelte und sind von einigen Abgaben befreit. „Das Interesse ist hier sehr groß“, berichtet Zimmerberger, „im Bereich von Linz Netz gibt es bereits 35 Gemeinschaften, davon sind 24 regional, haben also durchaus größere Dimensionen.“
Die dritte Form, die das Gesetz vorsieht, ist die Bürgerenergiegemeinschaft. Sie ist geografisch nicht beschränkt, Strom kann quer durch das Bundesgebiet überall in Österreich bezogen oder geliefert werden. Diese Gemeinschaften stellen keinen Anspruch auf Klimaschutz, es gibt keine Beschränkung auf Erneuerbare Energien. Zimmerberger: „Das sind reine Stromtausch-Gemeinschaften, für die gibt es daher auch keine Vergünstigungen bei Netzgebühren und Abgaben.“ Dennoch registriert Zimmerberger auch hier aktives Interesse: „Obwohl es diese Gemeinschaften erst seit Oktober überhaupt gibt, sind bei Linz Netz bereits 10 davon eingerichtet.“
Aufwändige Abrechnung
Als Verantwortliche für die Abrechnung müssen die Netzbetreiber berechnen, welcher Anteil an Erzeugung und Verbrauch jeweils den einzelnen Teilnehmenden zugeordnet werden muss. Dafür werden via Smart Meter alle Viertelstunden die Verbrauchswerte gemessen. Ändert sich die Zusammensetzung einer Gemeinschaft, indem Mitglieder ein- oder austreten, muss auch der Raster der Zuweisungen geändert werden. Dabei kann ein durchaus erheblicher Aufwand entstehen, wie Zimmerberger aus der Praxis berichtet: „Es gibt Gemeinschaften mit mehreren hundert Teilnehmenden. Da herrscht naturgemäß auch eine große Dynamik mit entsprechend großem Rechenaufwand.“
Eine zusätzliche Schwierigkeit wird auf die Netzbetreiber zukommen, wenn ab 2024 die Mehrfachteilnahme ermöglicht wird. Sowohl Verbraucher:innen als auch Produzent:innen können dann Mitglieder in mehreren Energiegemeinschaften sein. Wie die Abrechnung in solchen Systemen funktionieren kann, das versucht derzeit eine Forschungsarbeit an der Technischen Universität Graz zu klären. Zimmerberger bemüht einen Vergleich: „In der Mathematik gilt: Man braucht eine Gleichung für jede Unbekannte. Wir werden also für jeden Teilnehmenden einen eigenen Algorithmus einsetzen müssen.“
Der zusätzliche Aufwand, der bei den Netzbetreibern entsteht, muss vom Regulator anerkannt werden und in den Netzkosten Niederschlag finden.