Unter den Erneuerbaren-Verbänden herrscht Einigkeit: Besser kein ElWG als eines mit neuen Netzsteuern. Das große Potenzial des Gesetzes wird durch ideologisch motivierte Eingriffe bei den Netzentgelten konterkariert. Diese wirken standortschädlich und schwächen die heimische Stromerzeugung. Das Gesetz wird so zum Bumerang für Versorgungssicherheit und leistbare Energie. Nur die WKÖ freut sich.
Der Branchenverband Photovoltaic Austria (PV Austria) übt – ebenso wie die Verbände iG Windkraft und Kleinwasserkraft Österreich – scharfe Kritik am vorliegenden Ministerratsentwurf zum Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) – insbesondere an den darin enthaltenen Netznutzungsentgelten für erneuerbare Stromerzeuger.
Die geplanten neuen Netzkosten für heimische Stromproduktion führen de facto zu einem Österreich-Aufschlag. Dadurch wird heimischer Strom teurer – das sogenannte Günstiger-Strom-Gesetz begünstigt Stromimporte, wirkt standortschädlich und ist ein weiterer Beitrag dieser Regierung dazu, dass Österreich den Wachstumskeller nicht verlassen wird. Das ist wirtschaftspolitisch der völlig falsche Weg. Sowohl für Klein- als auch Großanlagen darf es keine weiteren Kostenbelastungen geben.
Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von PV Austria
ElWG gefährdet Investitionen und Finanzierungen
Trotz umfangreicher und sachlich fundierter Stellungnahmen aus der Branche im Zuge der Begutachtung wurden diese weitgehend ignoriert. Das Gesetz schafft damit massive Unsicherheiten, unklare Rahmenbedingungen für Investitionen und greift in bestehende Finanzierungen ein. In seiner aktuellen Form führt das ElWG insgesamt zu geringeren Investitionsanreizen und zu teurerem Strom – und schadet damit vor allem dem Wirtschaftsstandort Österreich.
„Billigstromgesetz“ ist ein PR-Gag
Nicht minder scharf geht auch die iG Windkraft mit dem ElWG-Entwurf ins Gericht. „Das ElWG in “Billigstromgesetz” umzubenennen ist ein Taschenspielertrick. Die Umbenennung ist ein PR-Gag“, so IG Windkraft-Geschäftsführer Florian Maringer: „Der Österreich-Aufschlag soll mit dem Letzt-Entwurf gesetzlich festgeschrieben werden. Wer die heimische Erzeugung teurer macht, macht Strom aus Österreich aber sicher nicht billiger. Es werde damit weniger Erneuerbare – oder eben teurere Erneuerbare gebaut und auf jeden Fall mehr Strom importiert, statt in Österreich zu bauen. Es mag hart klingen, aber: für heimische, sichere und leistbare Energie für die Menschen ist kein ElWG besser als dieses.“
„Hier werden Forderungen alten fossilen Denkens umgesetzt. Forderungen aus einer Zeit, die heute offenbar weiterhin gilt. Wir verstehen die Unzufriedenheit von Österreichs Unternehmern über ihre Interessenvertretungen, konkret die Wirtschaftskammer aber auch der Arbeiterkammer, dieses ideologiegetriebene Festhalten am Gestern, diese Sehnsucht nach Rückwärts-Romantik an unserem Standort Österreich – die wirtschaftliche Lage wird sich damit aber nicht verbessern und der Standort belastet“, so Maringer.
WKÖ bleibt sich treu – also fossil…
Ganz anders sieht das übrigens die Wirtschaftskammer Österreich – die derzeit aber ohnehin nicht unbedingt im Ruf steht, ein Gefühl für die Realwirtschaft zu haben. „Das als Regierungsvorlage vorliegenden Elektrizitätswirtschaftsgesetz stellt eine wichtige Grundlage für eine sichere, nachhaltige und leistbare Energiezukunft dar“, erklärt etwa Jürgen Streitner, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik. Die Einführung einer Bagatellgrenze bei Einspeisetarifen und der Spitzenkappung stelle zudem eine faire Lösung dar, heißt es. „Damit wird die finanzielle Last auf eine breitere Basis verteilt und zugleich der Netzausbaubedarf gezielt gesteuert“, so Streitner.
Eine weitere spürbare Entlastung der Stromkund:innen würde außerdem die geplante Streckung der Abschreibungsfristen sowie die verpflichtende Auflösung des bestehenden Sonderkontos zwischen 2027 und 2029 bringen. „Diese Maßnahmen helfen dabei, die Netzentgelte langfristig zu senken und schaffen mehr wirtschaftliche Planbarkeit für Betriebe“, betont Streitner.
Ideologie statt Wirtschaftsmotor
Fakt ist aber auch: Beim europaweit einzigartigen Alleingang Österreichs durch zusätzliche Erzeugungskosten, durch das neue kritische laufenden Netznutzungsengelte entsteht eine substantielle weitere drastische Verschlechterung, weil damit jeglicher Rahmen fehlt, auf den man sich bei der Finanzierung berufen kann. Das bewirkt wiederum einen erheblichen politisch gewollten Riskoaufschlag. „Es geht hier schlicht um Realwirtschaft. Banken haben kein Verständnis für ideologiegetriebene Bestrafungsfantasien“, so Maringer. „Ein Windkraft-Projekt, dass über 20 Jahre finanziert werden will und für das Millionen investiert werden, braucht verlässliche Politik. Die gibt es nicht und das verteuert heimische Erzeugung und damit den Preis.“
Bei der Spitzenkappung sollen Hybridanlagen ausgenommen werden, was grundsätzlich zwar positiv ist. Zusätzlich zur verpflichteten Spitzenkappung gibt es jetzt aber auch noch die Möglichkeit einer Vereinbarung zu darüberhinausgehenden dauerhaften Spitzenkappung – nicht als Alternative, sondern zusätzlich. Auch hier ergibt sich ein schwer nachvollziehbarer Mix aus Abschaltungen heimischer Erzeugung. Es bleibt dabei: gerade im Winter wird Windstrom vernichtet, wenn Strom fehlt. Und ein starker Wirtschaftsmotor für das Land arbeiten könnte.
Der Österreich-Aufschlag betrifft regionale Unternehmen in oftmals strukturschwachen Gegenden. Die Windbranche schafft Wertschöpfung und Arbeitsplätze in den Regionen unseres Landes. Doch das wirtschaftsfeindliche Umfeld drängt auch sie dazu, sich nach Märkten abseits ihrer Heimat umzusehen.
Krisentreffen gefordert
„Nur mit den Unternehmen, die in Österreich Arbeitsplätze und Wertschöpfung schaffen und nicht gegen sie kann die Inflation, das schmale Wirtschaftswachstum und das Budget in einem gemeinsamen Kraftakt wieder ins Lot gebracht werden“, so Maringer weiter. „Wir brauchen sichere und heimische Energie in Österreich. Wir brauchen nun endlich politischen Rückhalt und ein Ende standortschädigender Entscheidungen.“
Die IG Windkraft bietet mit anderen Erneuerbaren-Verbänden ein Krisentreffen an, in dem man die wichtigsten Punkte dieser Herausforderung gemeinsam für den Standort, die Unternehmen, Verbraucherinnen klären kann: „Lassen Sie uns zusammenarbeiten. Wir stehen bereit für inhaltliche Arbeit für ein Miteinander für den Standort Österreich. Dazu brauchen wir aber Sacharbeit und Ernsthaftigkeit. Einen weiteren PR-Gag erträgt weder die Wirtschaft noch die Bevölkerung, deren Vertrauen in die Politik endlich wieder aufgebaut werden muss.“




















