Während man hierzulande gerade verstärkt gegen die Bodenversiegelung zu Felde zieht scheinen die Uhren in Graz Liebenau ein bisschen anders zu ticken. Dort wird nämlich gerade ein Amazon-Verteilzentrum auf grüner Wiese (bzw. Feld) geplant. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung dürfte nicht erforderlich sein.
Zumindest geht das aus einem Feststellungsbescheid der Behörde hervor. Laut diesem wird beim Bau „kein Tatbestand des Anhanges 1 zum UVP-G erfüllt“ womit auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich ist. Berufungen und Einsprüche sind aber weiterhin möglich.
Die Pläne von Amazon
Der Online-Riese will im Süden von Graz beim Liebenauer Gürtel (genauer zwischen Liebenauer Gürtel und Esserweg) ein Verteilzentrum mit rund 250 Mitarbeiter und knapp 1.000 Fahrer bauen. Etwa 5,7 Hektar Fläche sollen verbaut werden, wobei die Bruttogeschoßfläche 67.877 Quadratmeter beträgt. Geplant sind aktuell nicht nur eine Lager- bzw. Logistikhalle (150 x 70 Meter, 14 Meter hoch), sondern auch zwei Parkflächen im Freien für die Pkw der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ladeflächen, eine viergeschossige Parkgarage für rund 960 Lieferfahrzeuge, Verkehrserschließungsflächen und Infrastrukturanlagen. Zur allgemeinen umweltpolitischen Beruhigung: die Lieferfahrzeuge sollen laut Amazon elektrisch sein.
Im Logistikzentrum sollen Pakete sortiert und ausgeliefert werden, 24 Stunden täglich, an sechs Tagen in der Woche – zu Feiertagen und Sonntags wird nicht gearbeitet. Der Betrieb verteilt sich auf drei Regelschichten, heißt es im Bescheid, der auf der Website des Landes nachzulesen ist. Laut diesem sei außerdem täglich mit 2.537 Fahrzeugen zu rechnen. Angeliefert werden die Pakete per Lkw in der Nacht, aufgeliefert wird dann tagsüber – vorzugsweise außerhalb der Stoßzeiten. Und zwar im Großraum Graz, den Amazon von Bruck bis Wildon und von Lannach bis Oberwart eingrenzt.
Der Bürgermeister wundert sich…
Aktuell wird noch geprüft, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Der Spielraum ist allerdings ein kleiner, denn der Bebauungsplan für dieses Grundstück stammt aus dem Jahr 1998, und die eingereichten Pläne laufen diesem nicht zuwider. Etwa dürfen laut Bebauungsplan Gebäude bis zu einer Höhe von 22 Meter errichtet werden, und diese Höhe unterschreitet Amazon.
Lustiges Detail am Rande. Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) „…würde sich wundern, wenn das Land Steiermark keine Umweltverträglichkeitsprüfung für ein Projekt dieser Größe durchführen würde“, sagte er gegenüber der Kleinen Zeitung. In ebendieser fordert auch KPÖ-Stadträtin Elke Kahr: „Bürgermeister Nagl soll alle rechtlichen Hebel in Bewegung setzen, um die betroffenen Anrainer zu unterstützen. Denn es ist nicht zu akzeptieren, dass die Interessen von Amazon über die Interessen der Anrainer gestellt werden.“