Roman Kmenta: Auswege aus dem digitalem Dilemma

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Wenn ich Videos zu Verkaufssituationen auf meinen Social-Media-Kanälen poste, dann bekomme ich darauf erschreckend oft Kommentare wie: „Was brauche ich Verkäufer, das bestelle ich doch online! Ist billiger und ich muss mich nicht vollquatschen lassen.“ Das scheint eine Sichtweise zu sein, die sich gerade bei neueren Generationen stark verbreitet hat. Dabei rückt der Preis mehr in den Vordergrund.

Klar, beim Online-Preisvergleich, wird die Treue der Kunden sehr, sehr klein geschrieben. Ein Klick und schon ist man im nächsten Shop. Schlechtes Gewissen seitens des Kunden gibt es nicht.

Was bedeutet das nun für den klassischen Elektrofachhandel? Den Laden verkaufen und Kasse machen, solange die Zahlen noch herzeigbar sind? Selbst voll auf Digitalisierung setzen, das stationäre Geschäft zusperren und nur noch online Bestellungen entgegennehmen? Ich wage mal ein Zukunftsszenario zu zeichnen, das für den stationären Handel funktionieren könnte. Die Frage, von der wir dabei ausgehen müssen, ist jene:

Wo sind wir am schwersten durch die Digitalisierung ersetzbar?

Der Verkauf von Produkten ist es nicht. Auch wenn ich behaupte, dass ein guter Verkäufer einem guten Online-Shop immer noch weit überlegen ist, wird diese Überlegenheit durch neue Technologien wie ChatGPT rasch schrumpfen. Wofür aber ein digitaler Ersatz noch länger nicht in Sicht ist, ist all das, wofür physisch Hand angelegt werden muss. Liefern abholen, installieren und servicieren.

Wenn ich unter diesen Rahmenbedingungen ein Elektrofachgeschäft hätte, würde ich aktuell folgendes tun: Bezahlte Dienstleistungen / Services, die nicht so bald digital wegrationalisierbar sind in den Vordergrund stellen. Soweit ich weiß, gibt es auch beim Media Markt inzwischen einen CSO (Chief Services Officer), der sich ausschließlich darum kümmert das Thema „Umsatz mit Dienstleistungen“ voranzubringen. Services würden bei mir wichtiger werden als Produkte.

Bei den Produkten würde ich mich auf jene konzentrieren, die nicht an jeder Ecke verkauft werden, die gute Margen bieten und vor allem auch wiederum die Möglichkeit bieten Dienstleistungen zu verkaufen. Weniger ist mehr lautet die Devise. Statt von allem etwas, nur X, aber das dafür richtig.

Und ja, ich würde alles, was bei den ersten beiden Schritten nicht ersatzlos gestrichen wurde haltlos digitalisieren. Online verkaufen kann heutzutage auch jeder kleine Händler. Und wenn ich mir das dann ansehe und feststelle, dass mir das aber keinen Spaß machen würde, dann könnte ich immer noch auf Variante eins zurückgreifen, Kasse machen und ein paar der anderen schönen Seiten des Lebens genießen.

Roman Kmenta

Mag. Roman Kmenta
Preisexperte und Vortragsredner
www.romankmenta.com

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