Insolvenzstatistik: Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat die endgültigen Zahlen bei den Firmeninsolvenzen für das Jahr 2021 in Österreich analysiert. Die Gesamtzahl an Firmeninsolvenzen ist nach dem starken Einbruch seit Beginn der Corona-Pandemie nur mehr 1 % zurückgegangen.
Ein Blick in die Details der Insolvenzstatistik zeigt, dass dieser Trend der letzten eineinhalb Jahre nun zu Ende geht. Die Zahl der eröffneten Verfahren ist erstmals seit sechs Quartalen um 12,3 % auf über 2.000 gestiegen. Betrachtet man allein das 4. Quartal 2021, so zeigt sich, dass die Zahl der eröffneten Verfahren um 164 % angestiegen ist. Als Grund für die „Normalisierung“ des Insolvenzgeschehens sieht Creditreform-Chef Gerhard M. Weinhofer das Auslaufen der Stundungen durch GKK und Finanzämter und die vermehrte Antragsstellung auf Insolvenzeröffnung durch diese Institutionen.
Dazu kommt, dass viele Unternehmer durch die volatile, stark verunsichernde Pandemiesituation, in der eine betriebswirtschaftliche Planbarkeit erschwert wird, die Reißleine gezogen haben. Die Insolvenzursachen liegen generell in Managementfehlern, im Wettbewerb (Preiskampf, sinkende Margen) sowie im Mangel an Kapital und damit konkret in Problemen bei der Rückzahlung der gestundeten Abgaben und Steuern. Da es nur wenige Großinsolvenzen gab, sind sowohl die Insolvenzpassiva (ca. 1,1 Mrd. Euro) als auch die betroffenen Arbeitsplätze (ca. 8.800) stark rückläufig.
Insolvenzstatistik im Bundesländervergleich
Den stärksten Rückgang verzeichneten Vorarlberg (-30,1 %), Kärnten (-23,0 %) und Salzburg (-13,3 %). Die höchste Insolvenzbetroffenheit herrschte in der Bundeshauptstadt mit knapp 12 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen, die geringste in Vorarlberg mit weniger als 3 von 1.000 Unternehmen. Österreichweit mussten mehr als 6 von 1.000 Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen.
Branchenvergleich: Mehr Insolvenzen im Transportwesen
Am stärksten stiegen die Insolvenzen im Transportwesen („Verkehr- und Nachrichtenübermittlung“) mit einem Plus von 19,7 %, im Handel (+4,0 %) und im Bauwesen (+3,4 %). Hingegen gingen die Insolvenzen im Tourismus („Beherbergungs- und Gaststättenwesen“) mit einem Minus von 13,3 % zurück, gefolgt vom „Kredit- und Versicherungswesen“ mit minus 10,3 % und der Industrie („Sachgütererzeugung“) mit minus 8,7 % und. Die größte relative Insolvenzbetroffenheit herrschte im Bau mit rund 18 von 1.000 Branchenunternehmen.
Conclusio 2021 – Ausblick 2022
Durch den schnellen und beherzten Eingriff der Bundesregierung mit Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 gingen die Firmeninsolvenzen auf den niedrigsten Stand seit 30 Jahren zurück: Das viel zitierte Paradoxon von fallenden Insolvenzzahlen mitten in der größten Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg. Seit dem 3. Quartal und nun massiv verstärkt im 4. Quartal kommt es zu einer „Normalisierung“ des Insolvenzgeschehens, d.h. zum Abbau der aufgestauten, nur durch die Hilfsmaßnahmen durchgetragenen, de facto insolventen Unternehmen. Vor allem der Wegfall der staatlich verordneten Abgaben- und Steuerstundungen seit dem 1. Juli und die Wiedereinführung der Insolvenzantragspflicht haben ihren Beitrag dazu geleistet.
Hier können Sie sich eine Übersicht der Insolvenzstatistik 2021 als PDF herunterladen.
Creditreform hat von Univ.-Prof. Walter Schwaiger von der TU Wien die Ausfallsrisiken der Unternehmen durch den so genannten Verhinderungseffekt – Insolvenzen, die durch die staatlichen Maßnahmen verhindert wurden – errechnen lassen. Schwaiger schätzt, dass rund 2.500 Unternehmen insolvenzgefährdet sind. Sollte diese Gefahrenpotential für die Gläubiger schlagend werden, würde Österreich wieder bei der Vor-Corona-Lage von 5.000 und mehr Insolvenzen landen. Verstärkt wird die Insolvenzgefährdung durch derzeit nicht einschätzbare Entwicklungen in der Pandemiebekämpfung sowie durch weitere wirtschaftliche Unsicherheiten wie Inflation/Preisdruck, Fachkräftemangel und Mehrkosten durch die Klimapolitik. Das werden zuerst die Kleinst- und Kleinunternehmen zu spüren bekommen.