3.893 Unternehmen, über 20.000 Beschäftigte und ein Jahresumsatz (2020) von knapp 11 Milliarden Euro – damit ist die Elektrobranche eine treibende Wirtschaftskraft in Österreich. Die Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die hohen Energiekosten haben allerdings ihre Spuren hinterlassen, die Branche ist nach wie vor mit Lieferengpässen und Preiserhöhungen konfrontiert. Robert Pfarrwaller, CEO des Elektrogroßhändlers Rexel Austria, erläutert, welche Kernthemen es in diesem Jahr für die Elektrobranche gibt.
Die Coronakrise und der Ukrainekonflikt haben gezeigt, welche Bedeutung die Elektrobranche für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit in Krisensituationen hat und welches Potential in ihr steckt, wenn es um die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Österreich geht. Fragile Lieferketten, steigende Rohstoffpreise und Fachkräftemangel halten die Branche aktuell weiterhin auf Trab.
Eine der Hauptaufgaben bleibt vor dem Hintergrund der Klimadebatte die Generierung technologischer Lösungen, die die Energiewende stützen. Im Spannungsfeld zwischen kurzfristigen Herausforderungen und langfristigen Chancen richtet Rexel-Austria-CEO Pfarrwaller, der auch Obmann des Elektro- und Einrichtungsfachhandels in der WKO ist, einen Blick in die Zukunft.
I. Energiewende: Elektrobranche als Rückgrat
Der Gebäudebereich kann zum Gamechanger in der Klimapolitik werden, kein anderer Sektor erreicht annähernd gleich großes Potential. Dieses wird aber kaum ausgeschöpft. „Sanierung darf nicht bei der Dämmung, neuen Türen und Fenstern oder der Heizung enden. Es ist eine gesamtheitliche Betrachtung im Sinne einer thermischen UND energetischen Sanierung erforderlich, Stichwort intelligente Gebäudetechnik. Licht, Konsumverhalten, Energieproduktion und -speicherung sowie Automatisierung müssen gleichwertig berücksichtigt werden“, ist Pfarrwaller überzeugt.
Das Zukunftspotential bestätigt auch eine kürzlich veröffentlichte Studie vom Austrian Institute of Technology. Dieser zufolge kann durch energetische Sanierung eine zusätzliche 20-prozentige CO2-Reduktion erreicht werden. Die Umsetzung sieht mitunter stärkere Automatisierung in Gebäuden vor – insbesondere in Bereichen, die viel Energie verbrauchen, wie Beleuchtung, Kühlung und Heizung. Intelligente Vernetzung im Gebäude bringt nicht nur Kostensenkung und aktiven Klimaschutz, sondern auch mehr Lebensqualität.
Die Elektrobranche bildet dabei das Rückgrat, um die Energiewende umzusetzen. Pfarrwaller prognostiziert, dass sich der Boom bei Energiemonitoring-Lösungen 2023 weiter verstärken wird. Diese analysieren, wo der Energieverbrauch anfällt, bevor optimiert wird. „Solche Investitionen amortisieren sich angesichts der aktuellen Energiepreise viel schneller. Das merken sowohl Unternehmen als auch Privathaushalte“, sagt er.
II. Nachwuchs: Neues Image der Elektrobranche durch Green Jobs
Durch neue Initiativen der Regierung und des AMS werden sogenannte Green Jobs derzeit bewusst gefördert. Green Jobs sind jene Jobs, die die Energiewende begleiten und zur Erreichung der Klimaziele beitragen. Dadurch, dass die Elektrobranche als Rückgrat der Energiewende gilt, übt eine Vielzahl an Arbeitskräften aus diesem Bereich Green Jobs aus – dieser konkrete Beitrag im Sinne der Nachhaltigkeit ist aber noch den wenigsten bewusst. Demgegenüber steht die Tatsache, dass Fachkräfte dringend gebraucht werden.
Ein Instrument, um mehr Personen in „grüne“ Berufe zu bringen, sind Pfarrwaller zufolge neue Ausbildungsmöglichkeiten, wie eine Umschulung. In diesem Sinne hat die Bundesinnung der Elektrotechnik gemeinsam mit dem Bundesgremium des Elektro- und Einrichtungsfachhandels und der Elektroindustrie das neue Berufsbild des „Elektropraktikers“ geschaffen. So wird es branchenfremden Personen ermöglicht, innerhalb von sechs Monaten bestimmte Aufgabengebiete, wie die Installation von Photovoltaikanlagen, zu erlernen.
III. Service: Investition in Kundenzentrierung
Ganzheitliche Lösungsansätze sowie die individuellen Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden spielen eine immer wichtigere Rolle und werden von Unternehmen auch 2023 verstärkt in den Fokus gestellt – im Fachjargon genannt „Kundenzentrierung“.
Robert Pfarrwaller erläutert: „Wir analysieren den gesamten Arbeitskreislauf unserer Kundinnen und Kunden und überlegen, an welcher Stelle wir wie unterstützen bzw. ihre Arbeit vereinfachen können. Beginnend bei der Warenbeschaffung via Off- und Online-Kanäle, über die Administration bis hin zu Dienstleistungen wie Beratungen, Planungen und Schulungen. In diese Bereiche werden wir auch dieses Jahr stark investieren. Haben unsere Kundinnen und Kunden eine einzige Anlaufstelle für alles, was sie benötigen, gewinnen sie Zeit, um sich wesentlichen Aufgaben zu widmen. So wird aus einem Käufer hoffentlich ein Stammkunde.“
DANKE! Auf den Punkt gebracht! Die gute Zusammenarbeit in der Wertschöpfungskette (Industrie, Handel, Gewerbe) ist so wertvoll und weiter notwendig, um die Politik von der energetischen Sanierung zu überzeugen.Gemeinsam Technologieoffenheit , fairen Wettbewerb und faire Förderbedingungen zu fordern, ist das Gebot der Stunde