Roman Kmenta beschäftigt sich mit der Frage über die Verweichlichung der Führungskräfte, deren Unsicherheit wiederum Mitarbeiter verunsichert.
Seit einigen Jahren beobachte ich eine Entwicklung bei Führungskräften, die mir zu denken gibt: Es wird immer weniger geführt. Dabei … ist es nicht genau das, was eine Führungskraft im ureigentlichen Sinn machen sollte? Führen?! Richtung vorgeben!? Sagen wo es lang geht!?
Das letzte Jahrzehnt war gezeichnet durch seine ständig steigende Flut an Regeln, Verordnungen und Gesetzen, den Anti-Diskriminierungs- bzw. Gleichbehandlungsbestrebungen, dem Trend zum Home-Office verbunden mit einem Wunsch nach sehr viel mehr Work-Life Balance (mit mehr Life als Work), dem Gendern, dem (angeblichen) Fachkräftemangel, dem Compliance Sumpf und last but not least dem Megatrend Nachhaltigkeit und noch einigen anderen Themenwellen, die in immer kürzeren Abständen über Gesellschaft und Unternehmen hinweggeschwappt sind.
Es schleicht sich bei mir das Gefühl ein, dass diese Wellen unter anderem das Selbstverständnis vieler Führungskräfte mit sich fortgerissen haben. „Was darf ich und was nicht? Was soll ich tun? Vergräme ich meine Mitarbeiter oder Vorgesetzten, wenn ich das mache?“ … solche Fragen stellt man sich in Führungskreisen (Männer noch öfter als Frauen) immer häufiger und das, ohne eine klare Antwort darauf zu bekommen.
Eine spontane, nicht repräsentative, aber dafür umso aussagekräftigere Umfrage unter Lesern hat ein recht deutliches Bild ergeben: 33 % meinten Führungskräfte seien heute zu weich, 49 %, dass diese vor allem eines sind: Verunsichert.
Das neue Motto dieser Führungssofties lautet anscheinend: „Bloß nicht anecken. Bloß keine Fehler machen.“ Und wer nicht anecken und keine Fehler machen will, für den gibt es eine optimale Strategie: Nichts tun! … oder wenn sich eine gewisse Aktivität doch nicht vermeiden lässt bzw. man um eine Entscheidung nicht umhinkommt, dann so agieren, dass sich bloß niemand auf den Schlips getreten fühlen könnte.
In der Hoffnung, so die Mitarbeiter in Watte zu packen und mit Samthandschuhen anzufassen, sodass sich diese möglichst wohl fühlen und dem Arbeitgeber gesonnen und erhalten bleiben, wird damit jedoch häufig genau das Gegenteil erreicht. Derartiges Verhalten kann leicht „schwach“ wirken. Und „schwache“ Führungskräfte verunsichern Mitarbeiter. Und unsichere Mitarbeiter suchen sich einen anderen Arbeitgeber, einen, bei dem sie das Gefühl haben, der Chef hat die Zügel oder heutzutage wohl eher das Lenkrad in der Hand und weiß, was er tut.