Wie schaut’s eigentlich mit der Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers bei Schäden durch PV-Anlagen aus? Das wollten wir von Rechtsanwalt Mag. Peter Schöppl wissen.
Mit der kontinuierlichen Zunahme von Photovoltaikanlagen und ihrem laufenden Betrieb rücken auch Haftungsfragen, Gewährleistungsrisiken und die Abgrenzung zu anderen Gewerken verstärkt in den Fokus. Gemeinsam mit dem Bundesverband Photovoltaic Austria (PV Austria) bringt Rechtsanwalt Peter Schöppl (Anwaltskanzlei Schöppl | Lehner) allen Planern, Projektleitern, Bauleitern, Monteuren, Geschäftsführern, gewerberechtliche Geschäftsführern heuer das wichtige Thema „Haftungsfragen“ in mehreren Intensiv-Seminaren verständlich näher. Für ELEKTRO|branche hat er sich für ein Interview Zeit genommen.
Herr Schöppl, welche rechtliche Stellung nimmt der gewerberechtliche Geschäftsführer im Vergleich zum handelsrechtlichen Geschäftsführer ein – insbesondere im Zusammenhang mit PV-Anlagen?
Der gewerberechtliche Geschäftsführer ist nach der Gewerbeordnung diejenige Person, die die fachlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes erfüllt. Er haftet persönlich für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften im Betrieb. Das unterscheidet ihn vom handelsrechtlichen Geschäftsführer, dieser ist Organ der Gesellschaft und für deren gesamte rechtliche und wirtschaftliche Führung verantwortlich. Der handelsrechtliche Geschäftsführer kann bei Pflichtverletzungen und einem Schaden, der der Gesellschaft erwächst, potenziell haften.
Wenn eine mangelhafte PV-Anlage Schäden verursacht, kann der gewerberechtlichen Geschäftsführer persönlich haften?
Ja, der gewerberechtliche Geschäftsführer eines Unternehmens, das PV-Anlagen errichtet, kann persönlich haften – jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Ein Haftungsgrund, der aus dem Verwaltungsrecht resultiert, ist das Überschreiten der Gewerbeberechtigung. Führt das Unternehmen Arbeiten aus, die nicht vom Umfang der bestehenden Gewerbeberechtigung gedeckt sind und duldet oder veranlasst der gewerberechtliche Geschäftsführer dies, so liegt eine Verwaltungsübertretung vor, die auch zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Welche gesetzlichen Grundlagen sind für diese Haftung maßgeblich?
Im Vordergrund steht § 39 der Gewerbeordnung, der die Verantwortung des gewerberechtlichen Geschäftsführers regelt. Daneben greifen zivilrechtliche Normen, wie etwa die deliktische Haftung gemäß § 1295 ABGB. Im Schadensfall – etwa bei einem durch eine fehlerhaft installierte Anlage verursachten Brand – kann der Geschäftsführer persönlich belangt werden, wenn seine Pflichtverletzung beispielsweise im Zusammenhang mit der Überschreitung des gewerberechtlichen Umfangs nachgewiesen wird. Auch strafrechtlich können Bestimmungen einschlägig sein, etwa bei fahrlässiger Körperverletzung oder bei Sachbeschädigung.
Wie unterscheidet sich die zivilrechtliche Haftung von der verwaltungsstrafrechtlichen Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers?
Die zivilrechtliche Haftung betrifft Schadenersatzansprüche – sie greift, wenn der Geschäftsführer durch schuldhaftes Verhalten einen Dritten schädigt. Die verwaltungsstrafrechtliche Haftung nach dem VStG setzt hingegen bei Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, wie den Vorschriften der Gewerbeordnung, ein. Bei Verstößen gegen gewerberechtliche Vorschriften kann der gewerberechtliche Geschäftsführer nach dem Verwaltungsstrafgesetz persönlich zur Verantwortung gezogen werden, da die juristische Person selbst nicht schuldfähig ist. Daher wird der gewerberechtliche Geschäftsführer, beispielsweise bei Verstößen gegen das Luftreinhaltegesetz in Straferkenntnissen der Bezirksverwaltungsbehörden persönlich genannt und zur Verantwortung gezogen. Wer eine Veraltungsübertretung dieser Art begeht, kann eine Strafe bis zu EUR 3.600,00 riskieren. Die Strafbarkeit ergibt sich aus § 9 VStG. Beide Haftungen bestehen nebeneinander und können gleichzeitig schlagend werden.
Es ist wichtig, das Bewusstsein bei Geschäftsführern zu schärfen, denn Prävention ist der beste Haftungsschutz!
Peter Schöppl
Kann sich der Geschäftsführer durch interne Regelungen von der Haftung befreien?
Nur sehr eingeschränkt. Gegenüber den Behörden bleibt der gewerberechtliche Geschäftsführer immer persönlich verantwortlich, da dieser im Gegensatz zur juristischen Person, der Gesellschaft, die besonderen Fähigkeiten aufweisen muss. Interne Regelungen können zwar eine gewisse arbeitsrechtliche oder gesellschaftsrechtliche Klarheit schaffen, sie wirken aber nach außen nicht haftungsbefreiend. Die Verantwortung bleibt letztlich bei ihm.
Gibt es aktuelle oder wegweisende Urteile, die die Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers betreffen?
Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs, OGH 28.09.2017, 8 Ob 57/17s, verdeutlicht besonders klar, wie ernst die persönliche Verantwortung des gewerberechtlichen Geschäftsführers genommen wird. In dem Fall wurde der Geschäftsführer zur Haftung herangezogen, weil er durch seine fachliche Qualifikation die Unrichtigkeit eines vorliegenden Gutachtens erkannte, aber nicht darauf reagierte. Das vorliegende Gutachten stimmte nicht mit dem beurteilten Baugrund überein. Die Arbeiten am tatsächlichen Baugrund hätten besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert. Dafür hätte ein anderes Unternehmen mit der geeigneten Gewerbeberechtigung beauftragt werden müssen.
Diese Überschreitung der eigenen Gewerbeberechtigung stellte nicht nur eine Verwaltungsübertretung dar, sondern führte auch zur zivilrechtlichen Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers, da der Schaden ursächlich mit dem rechtswidrigen Verhalten verbunden war. Der Geschäftsführer hätte sicherstellen müssen, dass sämtliche Arbeiten nur im Rahmen der zulässigen gewerblichen Befugnisse erfolgen. Das Urteil zeigt klar: Wer seine gewerberechtliche Verantwortung verletzt, haftet im Schadensfall persönlich – auch zivilrechtlich.
Welche versicherungsrechtlichen Konsequenzen drohen, wenn ein gewerberechtlicher Geschäftsführer außerhalb seiner Gewerbeberechtigung tätig wird?
Wer außerhalb der eigenen Gewerbeberechtigung handelt, geht ein erhebliches Risiko ein – nicht nur rechtlich, sondern auch versicherungstechnisch. Denn in solchen Fällen greift die Betriebshaftpflichtversicherung in der Regel nicht: Schäden, die durch Tätigkeiten außerhalb des genehmigten Gewerbeumfangs verursacht wurden, gelten als nicht gedecktes Risiko. Das bedeutet: Der Geschäftsführer oder das Unternehmen bleibt im Ernstfall auf den Kosten, die bei PV-Anlagen oft hohe Summen betragen, des Schadens sitzen. Es ist daher unerlässlich, die Grenzen der eigenen Gewerbeberechtigung genau zu kennen und strikt einzuhalten.
Welche Risiken ergeben sich, wenn keine ordnungsgemäße Dokumentation oder Qualitätskontrolle erfolgt?
Fehlende oder unvollständige Dokumentation ist aus Sicht der Haftung ein erhebliches Problem. Im Streitfall kann sich der Geschäftsführer nur dann entlasten, wenn er nachweisen kann, dass er seinen Pflichten nachgekommen ist. Dazu gehört insbesondere die lückenlose Aufzeichnung von Prüfberichten, Abnahmeprotokollen, Wartungsintervallen und Schulungsnachweisen. Wer hier spart, riskiert seine persönliche Haftung.
Welche drei Empfehlungen würden Sie gewerberechtlichen Geschäftsführern im Bereich PV-Anlagen geben, um sich bestmöglich abzusichern?
- Erstens: Sichern Sie alle Abläufe durch Dokumentation und schriftliche Nachweise ab.
- Zweitens: Führen Sie regelmäßige Kontrollen durch und greifen Sie ohne zu zögern ein, wenn Mängel sichtbar werden.
- Und drittens: Holen Sie rechtzeitig fachlichen oder juristischen Rat ein, bevor Sie eine persönliche Haftung riskieren. Wer umsichtig agiert, kann viele Risiken schon im Vorfeld ausschließen.
Faktenbox: Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers
- Persönliche Verantwortung:
Der gewerberechtliche Geschäftsführer haftet persönlich für die Einhaltung aller gewerberechtlichen Vorschriften, da dieser die Fachkenntnisse aufweisen muss. - Typische Haftungsfälle:
Bei vielen Verwaltungsvorschriften ist der gewerberechtliche Geschäftsführer zur Einhaltung derer verpflichtet, Geldstrafen werden gem. § 370 GewO an diesen ausgestellt. Führt die Verwaltungsübertretung zu einem Sach- oder gar Personenschaden kann unter bestimmten Voraussetzungen auch eine persönliche Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers begründet werden. - Absicherung:
Nur lückenlose Dokumentation, regelmäßige Kontrollen und rechtzeitiger juristischer Rat schützen effektiv vor Haftungsfolgen.

Mag. Peter Schöppl
Der gebürtige Linzer studierte bis 2005 Rechtswissenschaften in Graz, wobei ihn das Studium unter anderen nach Frankreich und in die USA führte. Heute vertritt und berät er Unternehmen im Energie-, Vertrags- und Gesellschaftsrecht – gerne auch Sie!
Mehr über die SCHÖPPL | Lehner Anwaltskanzlei OG finden Sie unter www.sl-kanzlei.at oder kontaktieren Sie die Kanzlei unter +43 732 997063 bzw. office@sl-kanzlei.at.
© Schöppl
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