Österreich fällt im Konsumklimaindikator hinter Deutschland zurück und die Zahl offener Stellen im Handel sinkt auf rund 9.000. Dafür steigt die Sparquote heuer voraussichtlich auf 12 % an.
Der jüngste „Konjunkturreport Einzelhandel“ des WIFO im Auftrag des Handelsverbandes zeigt eine solide Entwicklung im heimischen Einzelhandel. Während die wirtschaftliche Gesamtstimmung im Land weiter von Unsicherheiten und einer mittlerweile mehrjährigen Rezession geprägt ist, konnte der Einzelhandel in Österreich im Jahr 2024 laut Statistik Austria nominell ein Umsatzwachstum von 2,7 % (real +0,9 %) erzielen. Die erste Gesamtjahresprognose von HV und WIFO aus dem Vorjahr ist damit exakt wie prognostiziert eingetreten.
Moderate Umsatzzuwächse und rückläufiger Arbeitsmarkt
Insgesamt erwirtschaftete der heimische Einzelhandel (ohne Kfz und Tankstellen) im Vorjahr einen Nettoumsatz von 77,2 Mrd. Euro, was einem nominalen Plus von 2,7 % gegenüber 2023 entspricht. Allen Unkenrufen zum Trotz entwickelte sich das Weihnachtsgeschäft erfreulich: Im Dezember 2024 stieg der Umsatz kalenderbereinigt um 4,6 % (real +3,1 %), nachdem bereits der November mit +3,8 % (real +2,9 %) ein solides Ergebnis geliefert hatte. Nach der positiven Umsatzentwicklung zum Jahresende 2024 ist die Konsumstimmung aktuell wieder verhalten.
Die heimischen Konsumentinnen und Konsumenten zeigen sich trotz gestiegener Realeinkommen zurückhaltend. Während sich die rückläufige Inflation positiv auf das Verbrauchervertrauen auswirkt, dämpft die steigende Arbeitslosenquote die Ausgabenbereitschaft. Angesichts der schwierigen allgemeinen Wirtschaftslage ist die zuletzt positive Umsatzentwicklung im Einzelhandel bemerkenswert. Unsere Branche beweist damit einmal mehr ihre Widerstandsfähigkeit in herausfordernden Zeiten.
Rainer Will, Geschäftsführer Handelsverband
Auf dem heimischen Arbeitsmarkt geht der Bestand an unbesetzten Stellen seit Monaten deutlich zurück. Auch im Einzelhandel betrug der Rückgang allein im Dezember fast -25 %. Aktuell gibt es im österreichischen Bereich (inkl. Kfz) aber immer noch 9.339 offene Jobs in allen Regionen Österreichs, die unmittelbar zu besetzen wären.
Steigende Sparquote und Preise
Während sich die österreichische Staatsverschuldung mittlerweile auf über 398 Milliarden Euro summiert, was einer Schuldenquote von fast 83 % entspricht (die EU-Maastricht-Vorgabe liegt bei 60 %), setzt die heimische Bevölkerung verstärkt aufs Sparen.
Die schwache Konsumdynamik spiegelt sich vor allem in einer höheren Sparquote wider. Das WIFO erwartet heuer einen Anstieg auf 12 %. Damit liegt unser Land im EU-Vergleich im oberen Spektrum.
Rainer Will
Nach einem Rückgang auf 2,0 % im Dezember zog die Teuerungsrate im Jänner 2025 wieder auf 3,3 % an. Preistreiber sind aktuell Haushaltsenergie (aufgrund des Auslaufens preisdämpfender Maßnahmen wie der Strompreisbremse) sowie Restaurants, Hotels und Dienstleistungen, während sich der Preisauftrieb bei Industriegütern und Lebensmitteln deutlich verlangsamt hat. Der Handel agiert damit weiterhin inflationsdämpfend.
Verbrauchervertrauen im Sinkflug
Der WIFO-Konjunkturreport zeigt, dass sich die Stimmung im Einzelhandel seit November schrittweise verbessert hat. Allerdings hat sich das Verbrauchervertrauen in den letzten Monaten merkbar abgekühlt. Laut dem harmonisierten EU-Konsumklimaindikator lag das Verbrauchervertrauen hierzulande im Jänner bei -19,2 Punkten.
Auch für Deutschland wies der EU-Indikator zuletzt eine Verschlechterung der Konsumstimmung aus, wenngleich der Rückgang auf -11,9 Punkte sanfter ausfiel. Insgesamt sind die heimischen Haushalte im Vergleich zu Deutschland aktuell deutlich pessimistischer in ihrem Stimmungsbild.
Vorsichtiger Optimismus für den Handel 2025
Der Handelsverband bleibt optimistisch, dass durch gezielte wirtschaftspolitische Maßnahmen das Comeback Österreichs gelingen kann. Davon sind wir aufgrund der jüngsten politischen Entwicklungen leider noch entfernt. Es bräuchte dringend eine Entbürokratisierungsoffensive, eine Innovationsoffensive, eine Entlastungsoffensive und eine Anreizoffensive. Das erwartet sich der Handel von der nächsten Bundesregierung, um den 93.000 österreichischen Unternehmen und mehr als 700.000 Beschäftigten eine positive Zukunftsperspektive zu ermöglichen.
Die Erwartungen für 2025 sind zwar verhalten, aber es gibt durchaus positive Impulse. Wir erwarten für 2025 und 2026 ein moderates Wirtschaftswachstum von 0,6 % bzw. 1,2 %. Die Gesamtjahresinflation dürfte heuer 2,3 % betragen, 2026 rechnen wir mit 2 %.
Jürgen Bierbaumer, WIFO-Ökonom und Studienautor
Auf europäischer Ebene scheint die Botschaft endlich angekommen zu sein, das gestern von der EU-Kommission verabschiedete Arbeitsprogramm bewertet der Handelsverband überwiegend positiv. In den Planungen stehen Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz und eine Regulierungsvereinfachung ganz weit oben auf der Agenda. Einen wichtigen Beitrag könnten vor allem die vorgesehenen Fitness-Checks leisten, mit denen bestehende Vorschriften geprüft werden sollen.
Zum vollständigen Konjunkturreport geht es hier.