Erneuerbare Energie: Erlös-Abschöpfung erweist der Energiewende einen Bärendienst

Erneuerbare Energien

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Polit-Aktionismus in seiner reinsten Form. Die Kritik am „Inflationspaket“ der Bundesregierung reißt weiterhin nicht ab. Vor allem Vertreter der Erneuerbaren Energien sehen darin einen echten Bremsklotz für die Energiewende.

„Unerklärlich, unbrauchbar und unterirdisch“. Richtig geraten, es geht um die österreichische Bundesregierung – genauer gesagt, um ihre Pläne zur Bekämpfung der hohen Energiepreise. Am Mittwoch hat man die Maßnahmen vorgestellt, heute soll der Gesetzesentwurf im Zuge einer Sondersitzung des Nationalrats eingebracht werden.

Vorgesehen ist hier unter anderem eine verschärfte (Gewinn-)Abschöpfung bei den Stromerzeugern – sofern sie die Preise für Endkunden nicht senken. Verlangen sie mehr als 120 Euro/MWh wandert der Rest ins Staatssäckel. Zugleich nehme man aber, so klopft sich jedenfalls die Bundesregierung auf die Schultern, darauf Rücksicht, ob Unternehmen investieren. Daher können Investitionen in den Ausbau von Erneuerbaren Energie, des Leitungsnetzes und der Energieeffizienz, soweit sie 2023 kostenwirksam werden, zur Hälfte angerechnet werden. Damit würde der Abschöpfungsbetrag „nach oben korrigiert“, auf bis zu 160 Euro je MWh.

Das heißt, wenn die Investitionen eines Unternehmens beispielsweise 80 Euro je verkaufter Megawattstunde entsprechen, werden Erlöse erst ab 160 Euro Verkaufswert abgeschöpft statt ab 120 Euro. Alle Erlöse über 160 Euro je Megawattstunde müssen aber in jedem Fall an die Republik Österreich überwiesen werden, auch wenn man noch mehr investieren würde.

Klingt auf den ersten Blick mal sehr schlüssig, ist aber – wie so vieles unserer Bundesregierung – nicht unbedingt zu Ende gedacht. Ein großer Kritikpunkt ist beispielsweise die Tatsache, dass von der Abschöpfung nur Energieerzeuger betroffen sind. Diese haben aber in den seltensten Fällen Konsumenten als direkte Abnehmer. Die Stromvertreiber bleiben hier nämlich außen vor.  

„Die Abschöpfung betrifft Unternehmen, die Strom erzeugen. Und auf der anderen Seite sind die Lieferanten, die den Strom an die Endkunden verkaufen. Und nur die können die Preise der Endkunden reduzieren“, bringt es Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, im Ö1-Mittagsjournal auf den Punkt.

Auf der einen Seite würden also Erzeuger Erneuerbarer Energien wie Windpark- oder Solaranlagenbetreiber stehen, die ihren Strom nicht direkt an Endkundinnen und Endkunden abgeben. Auf der anderen Seite gebe es Lieferanten ohne eigene Kraftwerke, die Strom auf dem Markt zukaufen und von denen man keine Erlöse abschöpfen könne, so Schmidt. Ein gutes Beispiel sei der Verbund, der eine eigene Erzeugungsgesellschaft und eine eigene Vertriebsgesellschaft habe.

Will heißen: Stromversorger können also auch weiterhin eine Kilowattstunde um derzeit etwa 9,60 Cent im Großhandel einkaufen und ums drei- bzw. vierfache den die Konsumenten verkaufen. Hier wird nämlich auch in Zukunft nichts abgeschöpft.

Vertreter der Erneuerbaren Energien laufen Sturm

Sie erinnern sich an die Worte „Unerklärlich, unbrauchbar und unterirdisch“? Diese stammen übrigens von Herbert Paierl, dem Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbands Photovoltaic Austria (PV Austria), der gegen die zusätzliche Belastung der Erneuerbaren jetzt Sturm läuft.  

„Völlig unerklärlich, unbrauchbar sowie unterirdisch ist diese Aktion, die uns in keinster Weise helfen wird, leistbaren Strom zu garantieren. Bundeskanzler Nehammer verkennt die Situation, denn der einzige Garant für günstigen Strom ist der Ausbau der Erneuerbaren, der nun neuerlich behindert wird. Für jeden Schritt nach vorne gehen wir zwei nach hinten. Anstatt alles daran zu setzen, die Erneuerbaren auszubauen und die fossile Stromerzeugung aus dem Strommix zu drängen, wird die grüne Stromproduktion belastet“, zeigt er sich empört über die geplante Maßnahme und fügt hinzu: „Völlig ungeheuerlich ist, dass fossile Energieträger nicht stärker belastet werden sollen.“

Widerspruch auf ganzer Linie

Auf der einen Seite werde der Ausbau der Erneuerbaren gefördert aber auf der anderen Seite würden Projekte ab 1 Megawatt zur Kassa gebeten. Und damit nicht nur die großen Energieversorger, sondern auch KMU´s – ein fundamentaler Widerspruch in sich. Weiters kritisiert Paierl, dass planbare Rahmenbedingungen in Österreich einmal mehr über Bord geworfen werden. 

Bis jetzt habe man sich als PV Austria zur Abschöpfung der erneuerbaren Stromproduzenten nicht geäußert – war es doch eine wichtige Maßnahme um sozial ausgewogen zu bleiben. Die angekündigte weitere Verschärfung ist jedoch nicht mehr einfach so hinzunehmen, zumal die Unternehmen die Einnahmen benötigen, um wieder in neue Projekte investieren zu können.

„Bitte keine Spiegelfechterei und politischer Aktionismus, der an anderer Stelle richtiger platziert wäre. Denn die Verursacher des hohen Strompreises sind die Fossilen, die es aus dem Strommix rauszudrängen gilt“, fordert Paierl die Bundes- und Landespolitik auf, sich endlich von der Polittaktik des kurzsichtigen und schädlichen Aktionismus abzuwenden und zu mehr erstzunehmender und kraftvoller Klima-, Energie- und letztlich auch Sozialpolitik zu kommen.

„Energiewende wird ausgebremst“

Ins selbe Horn stößt auch Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. „Während die Energiewende damit deutlich beschränkt wird, bleibt die fossile Branche ungeschoren und fährt weiter hohe Gewinne ein. Während andere Länder wie Deutschland die Abschöpfung Mitte des Jahres auslaufen lassen, wird diese in Österreich erhöht und bis Jahresende weitergeführt. Damit wird die Bevorzugung von Erdgas, Erdöl und Kohle in Österreich noch weiter verschärft und die Energiewende ausgebremst.“

Und wie Barbara Schmidt erteilt auch iG Windkraft unserer höchstkompetenten Bundesregierung eine Lehrstunde in Wirtschaftsrecht. „Darüber hinaus wird die zusätzliche Abschöpfung davon abhängig gemacht, ob die Energieversorger sinkende Preise in Zukunft an die Konsument:innen weitergeben. Im europäischen Energiemarkt sind Erzeugung und Handel rechtlich voneinander getrennt. Viele Windkraftbetreiber beliefern gar keine Endkonsument:innen und haben daher auch gar keinen Einfluss auf die Verrechnung an die Endkonsument:innen. „Damit sind die Erzeuger in Geiselhaft der Energieversorgung“, wundert sich Moidl über diese Vorgabe.

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