Rund 85 Partner engagieren sich beim Living Tomorrow-Projekt in Brüssel. Living Tomorrow versteht sich als experimentelles Innovationszentrum, das aber nicht nur einfach Ausstellungen und/oder 3D-Projektionen gezeigt. Die neuen Technologien fließen beim angeschlossenen Hotel auch gleich in den Alltag mit ein. Miele ist auf diesem Technik-Spielplatz mit Robotern und einem Food Lab vertreten.
Dabei verbindet das Food Lab digitales Hightech und Künstliche Intelligenz mit aktuellen Küchengeräten des Unternehmens. Assistenzsysteme leiten beim Kochen an und werden multimodal per Sprache, mit Gesten, über ein Tablet oder eine Touchoberfläche auf der Arbeitsplatte bedient. Das Abwiegen von Zutaten geschieht beispielsweise über eine Waage, die im Kochfeld integriert ist.
Im experimentellen Innovationszentrum zeigen die Partnerunternehmen jeweils ihre Visionen vom Leben in der Zukunft. Neben dem Food Lab sind nämlich auch Installationen zum Wohnen, zur Mobilität und zum Arbeiten erlebbar, darunter übrigens auch ein Roboterservice – dieser stammt ebenfalls von Miele.
Intelligente Kochgehilfen
Die Assistenzsysteme im Food Lab heißen „Nutrition Assistant“ und „Cooking Companion“. Beide sind Prototypen, die über die Cloud gesteuert werden und mit Funktionen ausgestattet sind, von denen einige schon in wenigen Jahren serienreif sein könnten.
Die Vision des Nutrition Assistants: Er ist der Planer im Küchenszenario und kennt die Familienmitglieder, ihre Lieblingsrezepte, aber auch Unverträglichkeiten für bestimmte Lebensmittel oder Diäten, die eingehalten werden sollen. Darauf basierend erstellt der Nutrition Assistant Wochenspeisepläne und berücksichtigt, welche Familienmitglieder jeweils an den Mahlzeiten teilnehmen wollen.
Dem Anspruch als Assistent für Ernährung wird er mit einem weiteren Detail gerecht: Auf Wunsch wertet er die Vital- und Aktivitätsdaten des Nutzers aus, die dieser beispielsweise über ein Wearable bereitstellt, und kreiert daraus einen individuellen Wochenspeiseplan.
Der Übergang vom Speiseplan zum digitalen Küchenchef, dem Cooking Companion, ist nahtlos. Liegen die Zutaten bereit, kann es auch schon losgehen. Bei aufwendigen Rezepten können sich zudem mehrere Personen die Aufgaben teilen, etwa nach Hauptgang und Vorspeise. Als lernendes System kennt der Cooking Companion die Fähigkeiten der Köchinnen und Köche im Haushalt und passt sich kontinuierlich an deren individuelles Arbeitstempo und ihr Wissen an. So sind etwa die Erklärungen für Newcomer einfacher gehalten als für Kochprofis.
Zudem ist das Zeitmanagement ein wesentliches Feature des Systems, denn alle Beteiligten haben so die gemeinsame Servierzeit aller Komponenten eines Menüs jederzeit im Blick. So gibt der Cooking Companion Hinweise, wann welche Zutaten in den Backofen und in den Dampfbackofen gegeben oder die Pfanne auf dem Kochfeld vorgeheizt werden sollen. Einstellungen wie Betriebsarten, Temperaturen und Zeiten steuert das System im Hintergrund.
Mit so einem intelligenten System kann in Zukunft jeder in seiner Küche gute, gesunde Speisen zubereiten – unabhängig von Alter oder Vorwissen. Künstliche Intelligenz balanciert alles aus. Sie passt auf, dass nichts anbrennt oder überkocht und steuert den Kochprozess so, dass ein Menü zur gewünschten Zeit fertig wird.
Andreas Enslin, Design-Chef bei Miele
Und das gilt übrigens nicht nur für technikaffine Menschen: So berichtet Enslin von Menschen mit mentalen Einschränkungen, die mithilfe des Systems zum ersten Mal in ihrem Leben, Mahlzeiten völlig selbständig zubereiten konnten. „Sie waren so unendlich stolz. Ein wunderschöner Moment für sie und uns“, so der Chefdesigner.
Roboter als Kofferträger
Ein zweites Projekt hat Miele im Voco Hotel (so der Name) verwirklicht, das sich über mehrere Etagen des Living-Tomorrow-Gebäudes erstreckt. An der Rezeption und auf den Hotelfluren sind Serviceroboter für die Gäste unterwegs. Die autonom fahrenden Prototypen betätigen sich als Kofferträger und sind mit Schubladen für den Zimmerservice ausgestattet: Der Hotelgast bestellt per App, der Roboter wird in Back-Office oder Küche des Hotels mit der gewünschten Bestellung beladen und kündigt seine Ankunft auf dem Smartphone des Gastes an.
Living Tomorrow bietet übrigens Führungen durch das Zukunftsgebäude an. Interessierte können sich auf der Homepage anmelden. Das Miele Food Lab ist zudem Teil des Restaurants „Vapor“ des belgischen Spitzenkochs Marc Clement, kann aber in kurzer Zeit für Showcases und Workshops zum assistierten Kochen für Miele-Veranstaltungen umfunktioniert werden – der Blick aus der zwölften Etage auf Brüssel ist in jedem Fall einzigartig.