Nach mehr als vier Jahren Wartezeit und einem bereits laufenden EU-Vertragsverletzungsverfahren gab es nun doch noch eine Einigung beim neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG). Dieses wurde noch am Donnerstagabend mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Neos und den Grünen beschlossen.
Es war ein Hauen und Stechen bis zum Ende – schlussendlich zeigen sich nun aber alle Beteiligen (bis auf die FPÖ) mit dem Kompromiss einigermaßen zufrieden. Froh ist man jedenfalls, dass es nun endlich einen Planungshorizont für die kommenden Jahre gibt.
Letzte Anpassungen für die PV-Branche
Bis zuletzt wurden beispielsweise wesentliche Punkte für die PV-Branche verhandelt. Auf Initiative der Grünen konnten hier auf den letzten Metern noch wichtige Anpassungen und Verbesserungen erreicht werden. Besonders relevant für PV-Anlagenbetreiber sind:
- PV-Spitzenkappung: Bei neuen PV-Anlagen wird die maximal mögliche Einspeiseleistung (in Kilowatt – kW) künftig auf 70 Prozent der PV-Modulleistung (in Kilowatt peak – kWp) begrenzt. Selbst produzierter Sonnenstrom kann dabei weiterhin direkt im Haushalt oder Betrieb genutzt werden – die reduzierte Einspeisemöglichkeit setzt zudem einen zusätzlichen Anreiz für höheren Eigenverbrauch. Für typische Privathaushalte bedeutet die 70-Prozent-Kappung lediglich rund zwei Prozent weniger Stromeinspeisung pro Jahr, schafft jedoch spürbar mehr Netzkapazität im Gesamtsystem.
- Netznutzungsentgelt: Statt eines jährlich variierenden Netznutzungsentgelts hat man sich nun auf einen fixen Versorgungsinfrastrukturbeitrag geeinigt. PV-Anlagen bis 20 kW netzwirksamer Leistung können weiterhin kostenfrei in das Stromnetz einspeisen. Für größere Anlagen – bestehende wie neue – gilt ab 2027 ein fixer Beitrag von 0,05 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh). Die höhere Leistungsgrenze und die klar definierte Beitragshöhe beseitigen letzte Unsicherheiten für Anlagenbetreiber und sorgen für dauerhaft planbare Rahmenbedingungen.
„Mit dem Beschluss des ElWG herrscht nun zumindest Klarheit über die neuen Spielregeln für erneuerbare Stromerzeuger. Die E-Control ist nun gefordert im Netzbereich rasch für Effizienz zu sorgen und die Einhaltung dieser neuen Spielregeln zu überwachen“, so Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von PV Austria. „Die letzten Monate waren von erheblichen Unsicherheiten geprägt. Jetzt gilt es, nach vorne zu schauen.“, sagt PV Austria-Geschäftsführerin Vera Immitzer. „Wir werden die Branche bestmöglich unterstützen, damit die Branche schnell und sicher mit dem neuen Gesetz arbeiten kann.“
Auch IG Windkraft begrüßt ElWG-Einigung
Nach langen, intensiven Verhandlungen ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg hin zu einem sauberen und sicheren Energiesystem unter Berücksichtigung der regionalen Stromversorgung gelungen, heißt es von Seiten der IG Windkraft.
„Die letzten Tage des Jahres 2025 werden nach monatelangen, intensiven Verhandlungen als Tage des pragmatischen und sinnvollen Kompromisses für ein zukunftsträchtiges, heimisches Energiesystem in Erinnerung bleiben. Wir gratulieren Bundesminister Hattmannsdorfer, Staatssekretärin Zehetner, den Energiesprecher:innen der Regierung und allen Verhandlerinnen und Verhandlern der Koalition ausdrücklich zum ersten großen Energiegesetz“, so IG Windkraft-Präsident Josef Plank.
Das Risiko eines unkalkulierbaren und unsicheren Österreich-Aufschlags für heimischen Strom konnte in guter, demokratischer Kultur des Aufeinander-Zugehens – nicht zuletzt in den abschließenden, konstruktiven Verhandlungsrunden mit den Grünen – entschärft werden. „Das ist sehr erfreulich“, setzt auch IG Windkraft-Geschäftsführer Florian Maringer nach. „Jetzt wäre es wichtig noch stärker in diesen Modus konstruktiver und sachlicher Arbeit für die bereitstehenden Investitionen in günstige, heimische und sichere Energie zu kommen.“
Höhere Planungssicherheit
Statt laufender Netznutzungsentgelte, die von der E-Control jährlich angepasst werden, wird es nun einen Versorgungsinfrastrukturbeitrag geben, der mit 0,5 Euro pro MWh gedeckelt und im Gesetz als Abgabe verankert ist. Das ist ein entscheidender Unterschied in der Planbarkeit von Projekten. „Dass auch die willkürliche Spitzenkappung für Winterstrom gesenkt wurde, ist ein positives Zeichen der Abwägung und Vernunft“, so Maringer. „Jetzt geht es weiter um konstruktive und sachliche Arbeit, um die Zukunft zu gestalten“, ergänzt Plank.
Industriellenvereinigung (IV) reagiert kritisch
Zwar bekräftigt man prinzipiell die Notwendigkeit mit dem Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) das Stromsystem zu modernisieren und auf die Höhe der Zeit zu heben, sowie neue Marktakteure und Geschäftsmodelle besser abzubilden.
Äußerst kritisch sieht die IV jedoch die Einzementierung des nationalen Sonderweges bei den Klimazielen mit der Verankerung der Klimaneutralität 2040 im ElWG. „Wir leisten uns in Österreich ein Gold Plating der europäischen Klimaziele von zehn Jahren mit allen damit verbundenen Mehrkosten für den Umbau des Energiesystems“, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer mit Blick auf die ohnedies angespannte wirtschaftliche Lage. Die nun mit den Grünen ausverhandelten Änderungen zur Finanzierung der steigenden Netznutzungsentgelte würden zudem keine spürbare Entlastung der Entnehmer zulassen.
„Deckelungen und großzügige Ausnahmen für private Einspeiser werden vom übrigen Kundenkollektiv getragen und konterkarieren den ursprünglich angedachten neuen Ansatz im ElWG. Die ursprünglich vorgesehene Lösung hätte, in dem Sinne, dass Energieverbraucher aber auch Energieerzeuger für die Nutzung der Strom-Infrastruktur zahlen müssen, einen echten Paradigmenwechsel in Richtung Verursachergerechtigkeit bei der Netzfinanzierung gebracht“, bedauert Neumayer. Jene, die in den vergangenen Jahren besonders viele Netzkosten verursacht haben und verursachen, tragen auch künftig nicht entsprechend zu deren Finanzierung bei, heißt es seitens der IV.




















