Gleichzeitig mussten bereits ein Fünftel der Konsumentinnen und Konsumenten Erfahrungen mit Fake-Webshops machen. BMI & Handelsverband präsentieren im Rahmen der Initiative „Gemeinsam Sicher im Onlinehandel“ die Sicherheitsstudie 2021.
Die Digitalisierung öffnet uns weltweit viele Türen, doch leider mit einem bitteren Beigeschmack. Denn egal ob es sich um Schadsoftware, Datendiebstahl oder digitale Erpressung handelt, die Möglichkeiten von Cyber-Kriminellen nehmen gerade in diesem Bereich rasant zu – auch im Onlinehandel. Der E-Commerce boomt, im Corona-Jahr 2021 ist die Branche in Österreich um 20 % gewachsen. Mit steigendem Umsatz wächst aber auch das Risiko für Betrug, so die zentrale Erkenntnis der Sicherheitsstudie 2021, die vom Handelsverband in Kooperation mit dem Innenministerium und dem Bundeskriminalamt durchgeführt wurde.
62% der Handelsbetriebe Opfer von Betrug, 24% bereits mehrmals
„Das pandemiebedingte Wachstum an Webshops und Onlinebestellungen führte zu häufigeren Delikten, neuen Betrugsmaschen und deutlich höheren Schäden. Handlungsbedarf ist gegeben. 2021 waren bereits fast zwei Drittel der heimischen Händlern Opfer von Betrug im Netz, ein Viertel sogar schon mehrmals. Damit steht Internetbetrug weit oben auf der Liste potenzieller Bedrohungen für den Handel. Die Schäden nehmen zu und gehen teilweise in die Millionen“, bestätigt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes. Ähnlich ist die Situation auf Konsumentenseite: Jeder Zweite schätzt die Gefahren im E-Commerce als hoch ein. Für Online-Shopper zählt Sicherheit mittlerweile zu den wichtigsten Kaufkriterien.
„Der E-Commerce-Boom ist auch den Kriminellen nicht entgangen. Sie nutzen die vermeintlichen Schwachstellen im Bestellprozess von Webshops für ihre Machenschaften. Die missbräuchliche Verwendung real existierender Identitäten beim Kauf auf Rechnung stellt den Großteil der angezeigten Delikte im Jahr 2021 dar“, so Manuel Scherscher, stellvertretender Direktor des Bundeskriminalamts und Leiter der Initiative GEMEINSAM.SICHER.
Abstreiten des Warenerhalts & Angabe verfälschter Daten am häufigsten
Die Arten von Betrug, mit denen Onlinehändler konfrontiert werden, sind mannigfaltig. Zu den gängigsten Betrugsformen zählen laut Sicherheitsstudie 2021 der Retourenbetrug (48 %), Bestellungen, die nicht bezahlt werden können (50 %), die Angabe verfälschter Namens- oder Adressdaten (55 %) und insbesondere das Abstreiten des Erhalts der Ware (63 %).
Finanzielle Schäden durch Online-Betrug steigen rasant
Bezogen auf die Gesamtstatistik zeigt sich, dass die Schadenssumme der Betrugsfälle im Onlinehandel 2019 noch mehrheitlich (55 %) unter 500 Euro lag. 2020 hat sich das Schadensausmaß laut Sicherheitsstudie 2021 signifikant erhöht: Nur noch ein Fünftel der Schadenssummen lag unter 500 Euro, in 30 % der Fälle verloren die Handelsbetriebe hingegen zwischen 5.000 und 10.000 Euro. Auch der Anteil der Fälle mit einem Schaden von bis zu einer Mio. Euro ist von 2 auf 13 % angewachsen.
„Die Händlerinnen und Händler haben in ihren Geschäftslokalen stets sicheres Shopping ermöglicht, gleiches gilt es auch für die ‚digitale Filiale‘ – den Webshop – zu gewährleisten. Die österreichische Sicherheitsstudie 2021 hat gezeigt, dass ein Drittel der heimischen Onlinehändler noch keine Betrugsvermeidungslösung im Einsatz hat. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Sicherheit zu geben, kostet deutlich weniger, als nichts zu tun. Nachdem auch ein Drittel aller heimischen Konsumentinnen und Konsumenten bereits negative Erfahrungen mit Cybercrime gemacht hat, muss der Handel größtmögliche Sicherheit im digitalen Raum gewährleisten, um Neukunden zu gewinnen und Stammkunden nicht zu verlieren“, ist Will überzeugt.
Kreditkarte und PayPal bei heimischen Webshops am beliebtesten
Um das Betrugsrisiko zu reduzieren, kombinieren die heimischen Onlinehändler meist verschiedenste Schutzmaßnahmen– und verzichten dafür auch auf potenzielle Mehrumsätze. So setzen 55 % der Befragten auf sichere Zahlungsmethoden und 29 % auf eingeschränkte Lieferoptionen, etwa ausschließlich Inlandslieferungen. Die gängigste Zahlungsmethode im E-Commerce ist die Kreditkarte, mit der in 88 % der Webshops bezahlt werden kann. Auch PayPal wird laut Sicherheitsstudie 2021 von 85 % der heimischen Onlinehändler angeboten.
Trusted Shops, Österreichisches E-Commerce-Gütezeichen & Trustmark Austria am bekanntesten
Auch die Relevanz von E-Commerce-Gütesiegeln wurde im Zuge der Sicherheitsstudie 2021 thematisiert. Die meistgenutzten Anbieter sind hierzulande das Trusted-Shops-Gütesiegel (35 %), gefolgt vom Österreichischen E-Commerce-Gütezeichen (27 %) und dem Siegel Trustmark Austria (23 %) sowie dem Ecommerce Europe Trustmark (das alle Trustmark Austria-Träger zusätzlich kostenfrei erhalten) mit einem Nutzungsgrad von 13 %.
Bei den Logistik- und Fulfillmentpartnern hat die Österreichische Post mit einer Nutzungsrate von 71 % deutlich die Nase vorne. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen DHL (31 %) sowie DPD (30 %). In puncto Identitätsprüfung liefern sich CRIF (37 %) und der KSV (35 %) ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Spitze. Auch Rang 3 liegt Arvato mit einer Nutzungsrate von 15 %. Diese drei Anbieter führen auch das Beliebtheitsranking bei der Bonitätsprüfung im eCommerce an.
1/3 hat bereits negative Erfahrungen mit Schadsoftware gemacht
Neben der Unternehmensseite wurde für die Sicherheitsstudie 2021 auch die Konsumentenperspektive beleuchtet. In Kooperation mit Mindtake Research wurden hierfür 500 österreichische Verbraucher:innen zu ihren Erfahrungen mit Cyberkriminalität befragt.
Top 5 Cybercrime-Arten aus Konsumentensicht:
- Infizierung von Computern mit Schadsoftware, z.B. Viren, Trojaner (33 %)
- Datendiebstahl, Hacker-Angriffe, Phishing (15 %)
- Betrug bei Online-Transaktionen, z.B. Zahlung ohne Leistung (14 %)
- Identitätsdiebstahl (6 %)
- Digitale Erpressung, z.B. mittels Ransomware (6 %)
Darüber hinaus gab fast ein Fünftel der Befragten (19 %) im Zuge der Sicherheitsstudie 2021 an, bereits zumindest einmal Opfer eines Fake-Webshops geworden zu sein. Die überwiegende Mehrzahl der Konsumentinnen und Konsumenten schützt sich mit Virenschutz-Programmen (78 %) gegen Cyberangriffe, 68 % setzen auf regelmäßige Security Updates, 63 % haben eine Firewall im Einsatz, 29 % schränken die Zugriffsrechte für Dritte bewusst ein, immerhin 26 % verschlüsseln ihren Daten und 7 % nutzen Anonymisierungsdienste wie TOR.
Innenministerium setzt auf Präventionsmaßnahmen im Kampf gegen Cybercrime
„Als Innenminister liegt mir die Sicherheit der Menschen in Österreich am Herzen. Besonders in einer Zeit, in der Cybercrime-Delikte zunehmen, soll gesagt sein: Auch die Kriminalität im Internet ist eine Straftat, die nicht hingenommen wird. Daher werden wir den Kampf gegen Cybercrime noch stärker forcieren und den Fokus auf die Präventionsarbeit richten. Ich möchte mich beim Handelsverband und dem Bundeskriminalamt für die Umsetzung dieser wichtigen Studie zu einer sicheren Zukunft bedanken“, so Bundesminister Karner.
Initiative „GEMEINSAM.SICHER im Onlinehandel“ soll Prävention stärken
Eines zeigt die Sicherheitsstudie 2021 deutlich: „Es ist aus Sicht der Polizei unumgänglich, ein besonderes Augenmerk auf den Faktor Sicherheit im Online-Handel zu werfen. Die Polizei forciert neben der Repression, der Verfolgung der Täter, verstärkt auch den präventiven Aspekt. Mit dem Programm ‚Gemeinsam.Sicher im Onlinehandel‘ haben das Bundeskriminalamt und der Handelsverband eine Plattform geschaffen, die es den heimischen Händlern ermöglicht, Sicherheitsaspekte bei der Etablierung ihres Webshops stets mitzudenken. Die Kooperation zwischen Polizei und Privatsektor stellt ein wesentliches Element dar, die Sicherheit im Onlinehandel zu verbessern“, erklärt Manuel Scherscher das Ziel der Kooperation.
Hierfür wurde im Handelsverband das Ressort „Sicherheit im Handel“ unter der Leitung von Robert Spevak, Abteilungsleiter Revison und Sicherheit bei METRO Österreich, eingerichtet. „Wir bedanken uns bei Bundesminister Gerhard Karner, Manuel Scherscher und seinen Kolleginnen und Kollegen im Bundeskriminalamt für die langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Bereitschaft, den österreichischen Händlern das Thema Sicherheit im Onlinehandel noch intensiver zu vermitteln und gemeinsam Akzente zu setzen“, so Will abschließend.
Über die „Sicherheitsstudie 2021“
Die Sicherheitsstudie 2021 wurde vom österreichischen Handelsverband in Kooperation mit dem Innenministerium und dem Bundeskriminalamt durchgeführt. 143 heimische Unternehmen aller Handelsbranchen und Größenordnungen (vom EPU bis zum Konzern) haben teilgenommen und den Online-Fragebogen vollständig und fristgerecht ausgefüllt. Der Erhebungszeitraum betrug acht Wochen, Studienende war der 9. November 2021.
Weitere Informationen zum Thema Cybercrime und Betrug im eCommerce – sowie auch zum Schwerpunktthema Blackout-Vorsorge – erhalten Sie beim SICHERHEITSGIPFEL 2022 am 24. Mai im Bundeskriminalamt.