Gefährliches Spielzeug, nicht zugelassene Kosmetika, fehlerhafte Elektrogeräte: 8 von 10 Pakete des Online-Ramschhändlers sind mangelhaft und entsprechen nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Nach dem jüngsten Skandal um kindlich aussehende Sexpuppen hat die französische Verbraucherschutzbehörde letzte Woche innerhalb von 24 Stunden rund 200.000 Pakete der Onlineplattform SHEIN am Flughafen Paris – Charles de Gaulle beschlagnahmt. Dabei belegen erste Auswertungen: Rund 80 Prozent (!) der Produkte verstoßen gegen EU-Sicherheitsstandards, etwa durch nicht zugelassene Kosmetika, gesundheitsschädliche Chemikalien, gefährliches Spielzeug oder fehlerhafte Elektrogeräte.
8 von 10 Paketen mangelhaft
Das bedeutet: 8 von 10 Artikeln weisen teils gravierende Mängel auf. Damit sind europäische Verbraucher:innen akut gefährdet, wenn weiterhin unsichere und teilweise sogar für Kinder hochgefährliche Produkte unkontrolliert in europäischen Haushalten landen. „Weg mit dem Gift heißt´s! Die Dimensionen sind gewaltig. Im Vorjahr wurden 100 Mio. Fernost-Pakete nach Österreich geliefert. 80 Mio. davon sind vermutlich nicht EU-rechtskonform. Die Risiken für heimische Verbraucher:innen können gar nicht hoch genug eingeschätzt werden“, erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.
Madeleine Drescher, Konsumexpertin bei Greenpeace Österreich, pflichtet bei: „Das ist ein Skandal in einem Skandal. Während SHEIN mit aggressiver Werbung und Dumpingpreisen die europäischen Märkte überschwemmt, zeigt sich jetzt, dass zehntausende dieser Produkte unsicher oder illegal sind. Das beweist einmal mehr, dass das Geschäftsmodell von SHEIN auf systematischer Missachtung von Schutzstandards basiert – auf Kosten von Menschen und Umwelt.“
SHEIN auf Rang 5 der umsatzstärksten Webshops in Österreich
Der Kern des Problems ist ein tiefes regulatorisches Ungleichgewicht. Während sich europäische Händler an die Spielregeln halten, umgehen viele Fernost-Plattformen systematisch Zölle, Steuern und Sicherheitsauflagen.
„Es ist absurd, dass E-Commerce-Plattformen aus Drittstaaten Milliarden Produkte frei Haus vermitteln und keinerlei Verantwortung dafür tragen. Heimische Händler müssen hingegen für jedes einzelne CE-Zeichen geradestehen. Der unfaire Wettbewerb hat SHEIN bereits auf Rang 5 der umsatzstärksten Webshops des Landes katapultiert. 174 Mio. Euro hat der Online-Ramschhändler im Vorjahr in Österreich erwirtschaftet“, so Will.
Gefahr in Verzug: Sofortige Sperre gefordert
Handelsverband und Greenpeace fordern deshalb:
- eine sofortige Sperrung von SHEIN in ganz Europa, weil Gefahr in Verzug ist,
- verstärkte Schwerpunktkontrollen der Zollbehörden in Österreich und in allen anderen EU-Staaten gegen Fernost-Plattformen,
- die Einführung einer Plattformhaftung für die korrekte Warendeklaration auf nationaler Ebene, um Sicherheitsstandards zu garantieren und Zoll- und Mehrwertsteuerbetrug sofort und effektiv zu bekämpfen.
„Wenn acht von zehn Produkten nicht EU-konform sind, dann gefährdet das nicht nur Konsumentinnen und Konsumenten, sondern auch die Umwelt. Diese Produkte enthalten oft giftige Chemikalien, die in unseren Haushalten, im Abwasser und am Ende in der Umwelt landen. Wenn Unternehmen wie SHEIN unsere Standards ignorieren, dann müssen Behörden handeln und die Plattform sperren – und zwar sofort. Solche Konzerne dürfen in Europa keinen Freifahrtschein mehr haben“, sagt Drescher.
Rasche Abschaffung der Zollfreigrenze
Sowohl Greenpeace als auch der Handelsverband begrüßen zudem die gestrige Einigung der EU-Wirtschafts- und Finanzminister:innen in Brüssel ausdrücklich, die Zollfreigrenze von 150 Euro für Pakete aus Drittstaaten bis spätestens 2028 abzuschaffen. Möglicherweise passiert das auch schon im 1. Quartal 2026 – sofern der Brüssler Ankündigungsstadel nicht nur verspricht, sondern auch einmal in die Gänge kommt. Ziel sollte sein, die Paketflut aus Fernost einzudämmen und den systematischen Zoll- und Mehrwertsteuerbetrug zu stoppen. Bereits im Vorjahr hat der Handelsverband eine UWG-Beschwerde gegen Temu eingebracht – hier wird aber nach wie vor ermittelt.
„Das Schadensausmaß liegt allein in Österreich bei bis zu 4,5 Mrd. Euro. Damit gehen Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und Lebensqualität in unseren Innenstädten verloren. Im Vorjahr ist der Leerstand in Österreichs Innenstädten so stark gestiegen wie nie zuvor. Den Gemeinden entgehen durch die Dezimierung der Handelsjobs in den Ortskernen zusätzlich Kommunalsteuern in Millionenhöhe“, weist Will auf die Zusammenhänge und Auswirkungen für jede Gemeinde Österreichs hin.




















