Unternehmensinsolvenzen um 12 Prozent gestiegen

Unternehmensinsolvenzen um 12 Prozent gestiegen

© KSV1870

Laut aktueller KSV1870 Analyse sind im ersten Halbjahr 2023 in Österreich 2.625 Unternehmen (+ 11,9 % gegenüber 2022) von einer Insolvenz betroffen. Den größten Zuwachs verzeichnet Kärnten (+ 53 %), den deutlichsten Rückgang meldet das Burgenland (- 3,1 %). Weiters haben sich die vorläufigen Passiva um 33 Prozent auf 1,09 Mrd. Euro erhöht.

Die bis dato größte Firmenpleite betrifft die Leiner & kika Möbelhandels GmbH mit geschätzten Passiva von 132 Mio. Euro. Zudem ist die Zahl der betroffenen Mitarbeiter auf 11.200 Personen (+ 60 %) und jene der betroffenen Gläubiger auf 21.500 Geschädigte (+ 56,9 %) angewachsen. Mit Blickrichtung Jahresende werden bis zu 5.300 Firmenpleiten erwartet.

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen hat sich in den vergangenen Monaten konsequent erhöht. Demnach waren im ersten Halbjahr 2023 in Österreich 2.625 Betriebe von einer Insolvenz betroffen. Das sind um 11,9 Prozent mehr Fälle als im Vergleichszeitraum des Vorjahres und im Schnitt rund 14 Firmenpleiten pro Tag.

Im Vergleich zum Jahr 2019, dem letzten „Normaljahr“ vor der Corona-Krise, gab es seit Jänner 2023 um rund 60 insolvente Unternehmen mehr. Weiters sind auch die mangels Kostendeckung nicht eröffneten Fälle um 12 Prozent auf 1.074 Fälle gestiegen. Aufgrund dieser Entwicklung plädiert der KSV1870 dafür, darüber nachzudenken, ob in Zukunft auch bis dato mangels Kostendeckung abgewiesene Fälle eröffnet werden sollen. Denn es kommt nicht selten vor, verwertbare Assets zu finden, die zugunsten der Gläubiger ausgelegt werden könnten.

Es muss verhindert werden, dass finanziell gesunde Unternehmen aufgrund eines insolventen Geschäftspartners selbst ins Straucheln geraten. Dazu zählt unserer Meinung auch, etwaige Assets der nichteröffneten Fälle genau unter die Lupe zu nehmen. Passiert das nicht, verlieren die Betriebe noch mehr Geld als das ohnehin schon der Fall ist.

Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz

Insolvenztreiber: Handel, Bauwirtschaft, Tourismus/Gastronomie

Wie die aktuelle KSV1870 Analyse belegt, sind die Bauwirtschaft (453 Fälle), der „Handel inkl. Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ (483 Fälle) und der Bereich Tourismus/Gastronomie (350 Fälle) jene Branchen, in denen sich die meisten Insolvenzen ereignen. Diese drei Branchen sind für nahezu die Hälfte aller österreichweiten Firmenpleiten verantwortlich. Darüber hinaus verzeichnen diese drei Bereiche, neben dem Gesundheits- und Sozialwesen, auch die meisten abgewiesenen Fälle.

„Es ist nach wie vor so, dass Insolvenzanträge häufig zu spät gestellt werden. Und zwar erst dann, wenn überhaupt keine liquiden Mittel mehr zur Verfügung stehen und nicht einmal mehr das Verfahren bei Gericht selbst finanziert werden kann. Das ist auch insofern dramatisch, weil dadurch weitaus mehr Arbeitsplätze verloren gehen, als eigentlich notwendig wäre“, so Götze. Was die Höhe der Passiva der einzelnen Branchen betrifft, so liegen der Handel (282 Mio. Euro) und die Bauwirtschaft (206 Mio. Euro) auch hier vorne, während die Passiva im Tourismus bzw. der Gastronomie mit 51 Mio. Euro deutlich geringer ausfallen.

Leiner/Kika-Insolvenz lässt Passiva steigen

Parallel zu den aktuellen Fallzahlen haben sich auch die vorläufigen Passiva erhöht – und zwar um 33 Prozent auf 1,09 Mrd. Euro. Geschuldet ist diese Entwicklung vor allem der aktuell größten Firmenpleite des Jahres, der Insolvenz rund um die Leiner & kika Möbelhandels GmbH, wo rund 132 Mio. Euro an Verbindlichkeiten zu Buche stehen. Ein Blick in die Bundesländer zeigt, dass insbesondere Tirol von einem massiven Anstieg der Passiva betroffen ist. Dieser ist in erster Linie auf die bis dato viertgrößte Pleite des Jahres, jene der „Pharmazeutische Fabrik Montavit Gesellschaft m.b.H.“ mit einem Volumen von 45,2 Mio. Euro, zurückzuführen. Den deutlichsten Rückgang verzeichnete das Burgenland, wo die Passiva von 42 Mio. Euro auf 20 Mio. Euro gesunken sind.

Ausblick: Bis zu 5.300 Firmenpleiten möglich

Der KSV1870 geht aus heutiger Sicht davon aus, dass das Vorjahresergebnis von rund 4.800 Firmenpleiten jedenfalls übertroffen wird und am Jahresende 2023 deutlich über 5.000 Fälle zu Buche stehen werden. In welcher Dimension das Endergebnis ausfallen wird, lässt sich aufgrund der vergangenen Wochen schwierig prognostizieren, zumal das Insolvenzgeschehen zuletzt als durchaus volatil zu bezeichnen ist. Während die Zahl der Pleiten im ersten Quartal des Jahres konsequent gestiegen ist, ist diese in den vergangenen Wochen etwas abgeflacht.

Aktuell gilt es auch abzuwarten, welche Auswirkungen unter anderem die Ausbezahlung des „Urlaubsgeldes“ auf finanziell angeschlagene Unternehmen, und damit auch auf das derzeitige Insolvenzgeschehen, hat. Denn wie die Vergangenheit schon öfters gezeigt hat, bringt die Ausbezahlung von Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeld jene Betriebe, die sich bereits in Schieflage befinden, zunehmend in die Bredouille. Insgesamt bleibt aus Sicht des KSV1870 festzuhalten, dass die aktuelle Zahl der Firmenpleiten mit Blickrichtung Jahresende auf rund 5.300 Fälle zusteuert. Gegenüber Vorkrisenzeiten wären das etwa 300 insolvente Betriebe mehr.

Was im ersten Moment nach einer Menge klingt, ist in der Realität weit weg von einer Insolvenzwelle. Es handelt sich dabei vorwiegend um Nachholeffekte aus Krisenzeiten, die wir auch in den kommenden Jahren wohl erleben werden.

Karl-Heinz Götze

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