Die Online-Dynamik bremst sich im zweiten Pandemie-Jahr ein. „Der große Sprung ist bereits 2020 passiert. 2021 hingegen ist die Online-Revolution ausgeblieben. Die Kundinnen und Kunden haben offenbar gelernt, mit der Pandemie-Situation umzugehen und ihr Shopping-Verhalten wieder etwas normalisiert“, fasst Rainer Trefelik, Obmann der Bundesparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich, die Ergebnisse des EU-27-Online-Shopping-Reports zusammen.
Diesen hat das Institut für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) an der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) im Auftrag der Bundessparte erstellt und dabei auf Basis von offiziellen Eurostat-Zahlen das EU-weite Einkaufsverhalten im Internet analysiert.
Die zentralen Ergebnisse, auf die sich Trefelik bezieht: Im EU-Durchschnitt beträgt die Online-Shopping-Durchdringung im Vorjahr 66 Prozent, das entspricht einer Erhöhung um einen Prozentpunkt gegenüber 2020, vom Vorkrisenjahr 2019 auf 2020 hingegen ist der Wert deutlich stärker gestiegen (von 60 auf 65 Prozent). In Österreich sinkt der Anteil der Online-Shopper:innen an der Bevölkerung (16-74 Jahre) 2021 sogar (von 66 auf 63 Prozent).
Im internationalen Vergleich liegen weiterhin die skandinavischen Länder der Spitze, Nummer Eins ist Dänemark: 91 Prozent der Konsument:innen shoppen dort zumindest manchmal online. Deutliche Zuwächse können vor allem südeuropäische Länder erzielen, wobei das Niveau dort nach wie vor niedriger ist. Insgesamt shoppen in der EU rd. 219,2 Mio. Menschen (16-74 Jahre) online. In Österreich trifft dies auf rd. 4,2 Mio. zu – nach rd. 4,4 Mio. im Jahr 2020.
Am liebsten wird Mode online gekauft, aber auch Lebensmittelzustellung steigt
Besonders beliebt ist der Internet-Einkauf von Mode, in Österreich shoppen 43 Prozent Bekleidung und Schuhe teilweise übers Internet. An zweiter Stelle folgt der Möbelkauf (23 Prozent).„Gerade während der Lockdowns und der Homeoffice-Zeit spielte alles, was Heim und Garten betrifft, eine große Rolle“, begründet dies Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der WKÖ-Bundessparte Handel. Aber auch Lebensmittel werden immer öfter online bestellt. Hier beträgt der Anteil der Online-Shopper 12 Prozent, was einem Zuwachs um 7 Prozentpunkte und somit einer mehr als Verdoppelung der Shopper-Zahlen entspricht. Diese Entwicklung bezieht sich allerdings vor allem auf den urbanen Raum.
Ausgaben im Online-Handel steigen stärker als im stationären Handel
Was die Ausgaben im Online-Handel betrifft, so steigen diese stärker als beim Einkauf im stationären Einzelhandel. „Aber auch hier zeigt sich derselbe Trend: Die Online-Wachstumskurve hat sich gegenüber dem ersten Pandemie-Jahr abgeflacht“, schildert Ernst Gittenberger, Leiter des Centre of Retail and Consumer Research am IHaM. Das bedeutet in Zahlen: EU-weit erhöhen sich die Online-Ausgaben von rd. € 210,9 Milliarden im Vorkrisenjahr 2019 auf rd. € 266,5 Milliarden im Jahr 2020 deutlich stärker als im aktuellen Beobachtungszeitraum 2021 auf rd. € 310,6 Mrd.
In Österreich haben die Konsumenten 2019 rd. € 7,2 Mrd. beim Online-Einkauf ausgegeben, was einem Anteil von 9,9 Prozent an den gesamten, einzelhandelsrelevanten Konsumausgaben entspricht. Das erste Corona-Jahr weist einen „Ausgabensprung“ auf rd. € 8,4 Mrd. (Online-Anteil: 11,3 Prozent) auf, um 2021 auf rd. € 8,9 Mrd. (11,5 Prozent) weiter anzusteigen.
Online-Shopping heißt dabei auch immer öfters Einkaufen im Ausland. Flossen im Vorkrisenjahr 2019 „erst“ 57 Prozent der Online-Ausgaben der österreichischen Konsument:innen zu internationalen Anbietern, steigt der Kaufkraftabfluss im ersten Jahr der Covid-19-Krise auf 62 Prozent und im zweiten auf 63 Prozent.
Trefelik fordert faire Spielregeln für alle
Bezüglich der Entwicklung in den kommenden Jahren erwarten die Experten der JKU, dass Online zwar weiter zulegen wird, aber die Wachstumskurve abflachen wird. „Für den heimischen Handel heißt das, dass wir weiterhin ein funktionierendes Miteinander von Offline-Handel und Online-Handel brauchen. Dafür muss auch der stationäre Handel gestärkt werden, etwa durch eine leichtere Erreichbarkeit, und es muss faire Spielregeln geben – sowohl zwischen Online- und Offline-Anbietern als auch zwischen den großen Online-Plattformen und den kleinen Online-Händlern“, sagt Trefelik. Dazu zählt etwa die Einführung einer Mindest-Ertragssteuer auf OECD-Ebene. „Aber auch eine Abfederung der steigenden Energiepreise für alle heimischen Handelsbetriebe ist in der derzeitigen Situation ein ganz wichtiger Punkt“, so Trefelik abschließend.