Der österreichische Handel ist mit 625.000 Beschäftigten zweitgrößter Arbeitgeber des Landes. Es könnten sogar noch deutlich mehr sein, allerdings können zurzeit aufgrund des Arbeitskräftemangels 35.000 offene Stellen nicht zeitnah besetzt werden. Im Einzelhandel zeichnet sich nun allerdings eine leichte Entspannung ab, die Zahl der vakanten Positionen ist zuletzt von 14.100 auf 13.800 zurückgegangen.
Das ist eine der zentralen Erkenntnisse der brandneuen 2. Ausgabe des „Konjunkturreport Einzelhandel“ vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) im Auftrag des Handelsverbandes. Der Report zielt darauf ab, einmal pro Quartal exklusiv alle für den Einzelhandel relevanten Konjunkturinformationen zu analysieren.
Weitere Kernergebnisse des Konjunkturreports Einzelhandel:
- Im Einklang mit der internationalen wirtschaftlichen Eintrübung kühlte die heimische Konjunktur zu Jahresbeginn 2023 ab. Das BIP in Q1/2023 dürfte gegenüber dem Vorquartal leicht gesunken sein.
- Nach einer starken Umsatzentwicklung im Einzelhandel im November und Dezember 2022 fiel der Geschäftsgang im Jänner und Februar 2023 – vor allem im Non-Food-Handel – deutlich schlechter aus.
- Nachdem der Anstieg der Verbraucherpreise im Jänner und Februar 2023 rund 11 % betragen hatte, hat sich die Inflation im März auf 9,2 % zumindest eingebremst.
- Die Stimmung der Händler hat sich seit Oktober 2022 kontinuierlich verbessert, wobei zuletzt eine leichte Abschwächung zu beobachten war. Die unternehmerischen Erwartungen haben sich im März erneut gesteigert.
- Spiegelbildlich ist auch der Indikator zum Konsumentenvertrauen seit Oktober angestiegen, wobei die positive Dynamik zuletzt etwas abgeflacht ist.
- Die Sparquote der österreichischen Haushalte ist 2022 auf 8,8 % gefallen, 2023 dürfte sie in einer ähnlichen Größenordnung bei rund 8 % bleiben, 2024 wieder ansteigen.
Einzelhandelsumsätze im Februar real gesunken
Nominell setzte der Einzelhandel im Dezember 2022 laut Statistik Austria kalenderbereinigt um +9,4 % mehr um als im Jahr zuvor. Im Jänner 2023 betrug der Zuwachs +7,3 %, im Februar +6,3 %. Inflationsbereinigt (real) entspricht das allerdings kalenderbereinigt einem Umsatzrückgang von -3,3 % im Jänner und -4,0 % im Februar.
Vor allem der Non-Food-Einzelhandel verlor in den letzten beiden Monaten deutlich an Schwung (Jänner +3,4 %, Februar +3,7 % nominell). Der Lebensmitteleinzelhandel verbuchte zu Jahresbeginn einen etwas höheren Zuwachs mit nominell +11,3 % im Jänner und +11,1 % im Februar. Rückläufig entwickelten sich im Jänner v.a. der Onlinehandel (-4,9 % nominell) sowie der Einzelhandel mit pharmazeutischen Produkten (-4,1 % nominell), wo sich die Aufhebung der gesundheitspolitischen Pandemie-Maßnahmen gegenteilig auf den Geschäftsgang ausgewirkt haben.
Handel agiert weiterhin inflationsdämpfend
„Die aktuellen Umsatzzahlen aus unserem Konjunkturreport zeigen ganz klar, dass sich die Händler nicht an der Teuerungskrise bereichern. Im Gegenteil, die inflationsbereinigten Umsätze im Einzelhandel sind zuletzt im Februar um fast 4 % zurückgegangen – und das bei weiterhin hohen Kosten. Unsere Branche agiert damit auch weiterhin inflationsdämpfend im Sinne der Konsument:innen“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.
Es gibt aber auch Gründe für vorsichtigen Optimismus: „Hinsichtlich der unternehmerischen Erwartungen für die kommenden Monate zeigte sich in den letzten Monaten eine positive Tendenz im Einzelhandel insgesamt, wobei sich diese auch in der jüngsten Befragung widerspiegelt“, so Studienautor Jürgen Bierbaumer, Senior Economist des WIFO.
Inflation im März bei 9,2 %
Nachdem die Inflation zu Jahresbeginn noch bei über 11 % lag, dürfte zumindest der Teuerungspeak nun überschritten sein. Für März hat die Statistik Austria gestern eine Inflationsrate von 9,2 % ausgewiesen. Vor allem Lebensmittel haben sich im März 2023 weniger stark verteuert als im Februar, in der Gastronomie blieben die Preissteigerungen hingegen fast unverändert hoch.
Wichtigster Inflationstreiber bleibt aber der Bereich Energie, Wasser, Wohnen mit durchschnittlich +14,1 %. Das Preisniveau des Miniwarenkorbs, der einen wöchentlichen Einkauf abbildet und neben Nahrungsmitteln und Dienstleistungen auch Treibstoffe enthält, stieg im Jahresvergleich um +5,9 %.
Menschen greifen auf Erspartes zurück
Nachdem die Sparquote 2022 mit 8,8 % beinahe wieder auf das Niveau vor der COVID-19-Pandemie (2019: 8,6 %; 2020: 13,3 %) gesunken ist, wird im aktuellen Jahr mit einem weiteren Rückgang auf 8 % gerechnet. Erst für 2024 wird dann wieder ein Anstieg der Sparquote auf 9,3 % erwartet, ermöglicht durch eine deutliche Steigerung der realen Einkommen (+3,5 %), die zudem eine kräftige Ausweitung der realen Konsumausgaben (+2,0 %) ermöglicht. Der konjunkturelle Rückgang bremst im Jahr 2023 das Beschäftigungswachstum, auch die Arbeitslosigkeit wird vorübergehend leicht steigen.
Prognose von WIFO & Einschätzung vom HV
Der globale Konjunkturabschwung erfasste im 2. Halbjahr 2022 auch Österreich. Gemäß der aktuellen WIFO-Prognose dürfte die Wirtschaftsaktivität im 1. Halbjahr 2023 weiterhin gedämpft bleiben, aber ab Mitte 2023 wieder Fahrt aufnehmen.
Für das Jahr 2023 geht das WIFO von einer wirtschaftlichen Stagnation (real +0,3 %) aus, 2024 wird ein leichtes Wachstum von 1,8 % erwartet. Nachdem die Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern 2022 stark eingeschränkt wurde, ist für 2023 wieder eine Ausweitung zu erwarten. Auch im Segment der nichtdauerhaften Konsumgüter und Dienstleistungen wird im aktuellen Jahr ein leichter Anstieg prognostiziert.