JD.com kauft Ceconomy – und damit MediaMarkt und Saturn. Was für die Börse nach einem Coup klingt, könnte sich für die Elektrohandelsbranche als Schockwelle erweisen. Die Chinesen bringen Kapital, Technik und gnadenlosen Effizienzdrang. Doch genau das ist auch die Chance für den kleinen Fachhandel – wenn er den Mut hat, seine Stärken auszuspielen.
4,60 Euro pro Aktie, 23 Prozent über Kurs – mit diesem Angebot greift JD.com nach Ceconomy. Fast 1.000 Filialen in Europa wechseln damit perspektivisch unter chinesische Kontrolle. Offiziell heißt es: keine Schließungen, keine Entlassungen, mindestens drei Jahre Kontinuität. Doch wer glaubt, dass ein chinesischer Online-Riese Milliarden locker macht, um einfach nur Status quo zu verwalten, glaubt auch an den Weihnachtsmann.
JD.com ist nicht Alibaba light, sondern eine der brutal effizientesten Handelsmaschinen der Welt. Same-Day-Delivery, Drohnenlogistik, KI-gesteuerte Preise – all das könnte schon bald Realität im deutschen und österreichischen Elektrohandel sein. MediaMarkt, ohnehin nicht unbedingt klein, bekommt durch JD.com die digitale Aufbauspritze, die man seit Jahren vermisst. Für die Verbraucher klingt das nach Paradies: schneller, billiger, smarter. Für den Wettbewerb und die Lieferanten nach einem Albtraum.
Allerdings: Was mit „Made in China“-Technologie glänzend aussieht, könnte auch recht schnell nach hinten losgehen. Man darf nämlich nicht vergessen: Europäische Märkte sind stark fragmentiert, der Datenschutz und die Regulierungen streng und die Konsumenten sehr unterschiedlich und nicht beliebig formbar.
Und dennoch: Mit dieser Übernahme sitzen Hersteller, Lieferanten und Händler in Geiselhaft. Wer den Volumenkönig bedienen will, muss sich auf dessen Spielregeln einlassen – Preis- und Margendruck inklusive.
JD.com ist gekommen, um den Markt umzukrempeln. Aber Monokultur ist selten nachhaltig. Je größer und gesichtsloser MediaMarkt unter chinesischer Regie wird, desto mehr Sehnsucht entsteht nach Nähe, Vertrauen und Menschlichkeit.
Fachhandel: Klein, aber nicht wehrlos gegen MediaMarkt & Co
Für den Elektrofachhandel bedeutet die Übernahme zweierlei: einerseits massive Konkurrenz durch einen noch mächtigeren MediaMarkt, andererseits die Chance, eigene Stärken auszuspielen – wenn er aufhört, MediaMarkt zu kopieren.
Preise unterbieten? Aussichtslos. Rabattschlachten? Selbstmord. Wer überleben will, muss auf das setzen, was JD.com nie liefern kann: echte Beratung, persönliche Bindung, handwerklichen Service. Ein Fachhändler, der Lösungen individuell plant, vor Ort installiert und langfristig betreut, ist für viele Kunden wertvoller als jedes „Same-Day-Delivery-Schnäppchen“.
Die Risiken: Hersteller könnten bzw. werden ihre Konditionen künftig stärker am Volumen von JD.com ausrichten, der kleine Fachhandel verliert Verhandlungsspielräume. Die Preisschlacht wird härter, die Margen noch enger. Und: Mit einer Logistik, die Same-Day-Lieferung fast überall möglich macht, wird der Druck auf regionale Händler, die klassische Lieferketten nutzen, noch größer.
Die Chancen: Je mehr MediaMarkt & Co. sich in Richtung technokratische Plattform entwickeln, desto mehr können sich kleine Händler als Gegenpol profilieren: mit persönlicher Beratung, lokalem Service, Nischenkompetenz. Ob High-End-Audio, maßgeschneiderte Smart Home-Lösungen oder Reparaturservices – hier schlägt das Herz des Fachhandels. Kooperationen in regionalen Netzwerken könnten helfen, Lieferzeiten zu verkürzen und zumindest partiell gegen JD.coms Logistikoffensive anzukommen.
Klar ist: Der Fachhandel darf jetzt nicht in Schockstarre verfallen, sondern muss lauter werden, mutiger, serviceorientierter. Wer sich hinter der Preisstrategie der Großen versteckt, geht unter. Wer aber die persönliche Note pflegt, Erlebniswelten im Geschäft schafft und Kundennähe ernst nimmt, kann überleben – und im besten Fall sogar profitieren. Denn je anonymer die Riesen werden, desto wertvoller wird das Persönliche.




















