Die Suche, als Recherche für mögliche Lösungen zu einem Problem oder einem passenden Produkt, ist oft der erste Kontaktpunkt des Unternehmens mit möglichen Kunden. Dieser hohe Stellenwert hat die fachlichen Disziplinen rund um die verbesserte Sichtbarkeit über die Suchmaschine zu einem bedeutenden Erfolgsfaktor in der E-Commerce Vermarktung gemacht. Mit der steigenden Nutzung von Künstliche Intelligenz-Tools wie ChatGPT kommt die über viele Jahre gelernte „Google-Suche“ als Einstieg ins Wanken.
Das Verfassen des vorliegenden Artikels fällt mit der Berichterstattung zum Formel 1 Grand Prix in Singapur zusammen. Die Kommentatoren gaben Einblick in das Renngeschehen, interessante Hintergrundgeschichten bereicherten das Verständnis. Neben dem Blick auf das aktuelle Racing wurde auch auf die größeren Regeländerungen mit Gültigkeit ab der nächsten Saison eingegangen: dazu gehören spritsparende Motoren, aktive Aerodynamik statt DRS, Gewichtsreduzierung und kleinere Reifen.
Das bedeutet für die Teams umfassende Entwicklungsarbeit, um sich im Rahmen der neuen Regeln behaupten zu können. Auch im Skisport gibt es wichtige Regeländerungen, einerseits wird der Airbag bei Speedrennen zur Pflicht und andererseits wird das Tragen harter Schienbeinschoner innerhalb des Skischuhs verboten. Diese Regeländerungen führen zu Anpassungen bei der Entwicklung und neuen Abläufen: alle Teams und die Sportler orientieren sich an den geänderten Rahmenbedingungen, mit der Zielsetzung der kompetitiven Ausgestaltung.
Die zunehmend starke Penetration der künstlichen Intelligenz resultiert auch in Marketing und E-Commerce in einem geänderten Umfeld. Die Kundenorientierung bringt es mit sich, dass über die letzten Jahre bewährte Muster und Regeln ins Wanken geraten. Dazu zählt das Suchverhalten von Interessierten als mögliche Kundinnen und Kunden. Es war selbstverständlich, dass Recherchen in einer Suchmaschine gemacht wurden, damit verbunden ergab sich eine starke Dominanz von Google als führende Plattform. Im Zeitablauf haben sich als Touchpoints die beiden Teilbereiche der bezahlten Werbung und der generischen Suchergebnisse etabliert. Dieses gelernte Verhalten der suchenden Kunden verändert sich zunehmend, mit dem Potenzial eines noch größeren Shifts in den nächsten Jahren: man recherchiert über eine KI-Plattform wie ChatGPT oder Gemini.
Daraus ergeben sich für Unternehmen, insbesondere mit Nähe zu E-Commerce, einige Fragen: Über welche Kontaktpunkte kommen die Suchenden auf die eigene Website? Wie kann das Ergebnis der Suche für mehr Traffic zum eigenen Online-Shop optimiert werden? Was kann man als Unternehmen machen, um bei den Antworten von ChatGPT & Co erwähnt zu werden? Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick zur Einordnung vom Match „SEO vs. GEO“ bzw. Ansatzpunkte für das Agieren, basierend auf dem aktuellen Fachwissen der Experten in der Branche.
Definition der wichtigsten Begriffe und Abkürzungen
Die Disziplin der Suchmaschinenoptimierung wird als „Search Engine Optimization“ (abgekürzt SEO) bezeichnet. Es geht darum, die generische (d.h. unbezahlte) Präsenz in den Suchergebnissen zu verbessern. Das Ziel der Optimierung ist einfach erklärt: das eigene Unternehmen soll – basierend auf den Keywords (oft einzelne Worte oder Wortkombinationen) der Suche durch Interessierte – möglichst weit oben in der Liste der ausgewiesenen Ergebnisse erscheinen. Das Erscheinen auf der ersten Seite gilt als Pflicht, da viele Suchende selten mehrere Ergebnisseiten durchstöbern. Zusätzlich geht es bei SEO darum, die Qualität der Ausweisung der Ergebnisse durch aussagekräftige Texte zu verbessern.
Die künstliche Intelligenz eröffnet neue Möglichkeiten zum Recherchieren (oft verbunden mit langen Prompts zur Spezifizierung), man sucht über eine KI-Plattform wie ChatGPT, Gemini oder Perplexity. Die daraus entstandene Disziplin zur Verbesserung der Sichtbarkeit in den Ergebnissen wird mit sprachlicher Nähe zu SEO „Generative Engine Optimization“ (abgekürzt GEO) genannt. Alternative Bezeichnungen sind „AI Optimization“ (abgekürzt AIO) oder „Answer Engine Optimization“ (AEO). Interessant ist der gedankliche Transfer von der Suchmaschine zur Antwortmaschine, die Antwort als gewünschte Lösung soll das Search Experience verbessern (SXO).
Veränderungen beim Suchverhalten
Man erkennt an der Reaktion der führenden Suchmaschine Google, dass die im Frühjahr eingeführte Übersicht mit KI den Spagat zwischen den klassischen Ergebnislisten und einer zusammenfassenden – von künstlicher Intelligenz generierten – Antwort schließen soll. Damit verbunden ergibt sich die Herausforderung, dass diese KI-Ergebnisse unmittelbar unter der Eingabe der Suche (am besten kombiniert man eine längere Frage inklusive Fragezeichen) kompakte Antworten liefern. Es ist absehbar, dass die Suchenden weniger zu den bezahlten Anzeigen (das schadet dem Google-Geschäftsmodell) und den generischen Ergebnissen scrollen. Spannend wird in diesem Zusammenhang sein, ob KI-Plattformen im Zeitablauf bezahlte Werbung integrieren.
Interessant sind die Ergebnisse von Studien zur Entwicklung und Verteilung der Suchanfragen. Die „State of Search Studie 2025“ weist aus, dass 77 % der Befragten zum Zeitpunkt der Untersuchung Google mehrmals wöchentlich für die Recherche nutzen, das ist ein leichter Rückgang gegenüber 81 % im Vergleichszeitraum. KI-Chatbots wurden von 33 % benutzt, mit einem deutlichen Plus um 15 Prozentpunkte verglichen mit dem Vorjahr. Bemerkenswert ist der Vergleich im Alter, bei den 16-27 Jährigen lag die Verwendung der KI-Plattformen mit 47 % vergleichsweise nahe bei Google mit 73 %. Fast deckungsgleich ist die Nutzung, wenn es um die Beschäftigung mit komplexen Informationen geht. Diese Zahlen sind erste Indikatoren für den thematisierten Search-Shift, von einer Fortsetzung ist auszugehen.
Aktueller Konsens: SEO-Regeln helfen für GEO
Die Auswirkungen des geänderten Suchverhaltens beschäftigten derzeit die ganze Branche, unter anderem bei einem Digital Marketing Experts Talk des Marketing Club Österreich Ende September. Die Einschätzung der beiden Experten Thomas Urban (Digitalisten) und Lukas Hetzendorfer (Otago), beide haben langjährige Erfahrung in Spezialagenturen, geht in Richtung einer starken Überschneidung von SEO und GEO. Der gemeinsame Konsens ist, dass SEO-Maßnahmen eine wesentliche Grundlage für Sichtbarkeit in KI-Antwortergebnissen sind.
Als bewährte Erfolgsfaktoren für Suchmachinenoptimierung gelten technische Maßnahmen wie schnelle Ladezeiten, inhaltliche Aktivitäten wie hochwertiger Content bzw. Autorität wie durch Nennung oder Verlinkungen auf anderen Seiten. Bei der inhaltlichen Gestaltung geht es um Text, welcher durch das Integrieren möglicher Keywords und längerer Fragen & Antworten (Q&A auf der Website) Überschneidung mit Suchanfragen über die Suchmaschine oder die KI-Plattform abdeckt.
Zusammenfassend: Die steigende Nutzung von KI-Plattformen beim Suchen und Recherchieren untergräbt die bisherige Google-Dominanz, vor allem bei den jüngeren Altersgruppen gibt es eine signifikante Änderung im Suchverhalten. Unternehmen mit E-Commerce müssen beide Kommunikationskanäle im Auge haben, um bei Anfragen Sichtbarkeit zu haben. Der aktuelle Konsens der Branche ist, dass SEO-Aktivitäten für die Suchmaschine noch immer eine wesentliche Grundlage für GEO orientierte Präsenz in KI-Chatbots sind. Das Thema ist in Bewegung, auch mit Blick auf mögliche Anpassungen bei den Möglichkeiten der bezahlten Werbung rund um die Suche.

Harald Rametsteiner
UPGROW Marketing Consulting
Lehrgangsleiter MBA General Management der FH des BFI Wien & E-Learning Group
© ELG Ricardo Randl




















