Eine Schneiderpuppe, ein Hund und ein Faible für Chicago: Was sich anhört, wie die fabelhafte Welt der Amelie 2.0 sind Auszüge aus dem Leben und Laden von Marion Plank. Die Kommunikationselektronikerin führt das Geschäft ihres Vaters seit Mitte der 1980er Jahre mit viel Engagement. Kleines Detail am Rande: Sie ist bereits in Pension.
Die Marktgemeinde Loosdorf ist ein ein typisch beschaulicher Ort in Niederösterreich, in dem sich Fuchs und Hase vielleicht nicht gute Nacht, aber zumindest guten Morgen sagen. Eingebettet in den Ortskern, befindet sich in der Wiener Straße Nummer 16 das Elektrofachgeschäft „Radio Plank“. Gegründet 1952 und seither ein fester Bestandteil im Ortskern, präsentiert es sich nach außen hin seit der Eröffnung am 9. Dezember 1970 in derselben Aufmachung. Das hat zweifelsohne Charme.
Empfangen wird man von der gut gelaunten, herzlichen Inhaberin Marion Plank und – je nach Laune – auch von deren Hündin Hazle. „Sie hat ihre eigenen Kunden, die ihr Leckerlis bringen“, lacht sie. Die jung gebliebene Geschäftsfrau empfängt Elektrobranche.at mit Kaffee und Keksen. „Normalerweise backe ich immer etwas, nur hatte ich heute keine Zeit“, entschuldigt sie sich. Plank ist seit Jänner in Pension, arbeitet jedoch als Kleinstunternehmerin weiter. „Solange es mich freut. Großaufträge habe ich nicht mehr“, sagt sie. Trotzdem ist einiges zu tun, unter anderem ehrenamtlich. Dazu aber später.
Allein unter Burschen
Marion Plank hat bereits als Kind mit Elektrokondensatoren gespielt, wie sie erzählt. In der Werkstatt ihres Vaters wurde sie praktisch groß; nicht selten ging der eine oder andere Mitarbeiter mit ihr im Kinderwagen spazieren. 1952 geboren, war es alles andere als selbstverständlich, dass ein Mädchen die Lehre zum Kommunikationselektroniker – das Binnen I war damals noch nicht erfunden – absolviert. „Es stand nie zur Debatte, dass ich etwas anderes machen könnte“, erläutert Plank. Dementsprechend war sie in der Berufsschule eine Ausnahmeerscheinung.
Sie bewohnte mit einer Fleischermeisterin, ebenfalls eine Rarität zu dieser Zeit, ein Vierbettzimmer im Internat. „Wir hatten sogar eine eigene Klingel und einen eigenen Eingang“, schildert sie. Garstig waren die Buben nicht zu ihr. „Als einziges Mädel geht’s einem immer gut“, lacht sie. „Ich habe Radio- und TV-Techniker und Einzelhandelskaufmann gelernt“. 1984 legte sie die Meisterprüfung ab und übernahm 1985 das Geschäft, als ihr Vater in Pension ging.
„Radio Plank“ ist auf Braunware spezialisiert: „Satellitenanlagen, Beschallung und Beleuchtung“, zählt Plank auf. Nicht selten kletterte sie selbst aufs Dach, um die Anlagen zu montieren. Mittlerweile ist sie ein „Ein-Frauen-Betrieb“: Bei Kletter-Erfordernissen heuert sie einen jüngeren Kollegen an. In Pension ist Plank auch nicht zuletzt deshalb, da sie einerseits die Jahre hatte, andererseits aber auch als Schwerarbeiterin eingestuft wurde. „Ich habe immer schwer getragen. Die Fernseher waren ja nicht immer so schlank wie heute“, sagt sie.
Schlaue Partnerschaften in der „Sozialstation“
Eines dringt immer wieder über die Erzählungen in ihren Berufsalltag durch – viele Kunden sähen es als selbstverständlich an, dass die Unternehmerin immer zur Stelle ist. „Wenn ich Urlaub habe, muss ich wegfahren, damit ich meine Ruhe habe. Sonst heißt es ‚könntest du nicht schnell…’“. Ja, irgendwie bin ich auch eine Sozialstation“, lacht sie.
Fernseher neu einstellen, Handyguthaben aufladen, für Hermes-Pakete Retourscheine ausfüllen – für all das verlangt sie nichts. Einige Kunden danken es ihr es auf eine andere Weise – mit Kuchen und Geschenken. Auffällig sind auch zwei Schneiderpuppen in der Auslage, die auf eine Änderungsschneiderei im Nachbarort hinweisen.
Damit geht Plank eine interessante Symbiose ein: Sie wirbt für die Schneiderin, die keinen eigenen Laden hat und daher einmal wöchentlich für ein paar Stunden zu ihr ins Geschäft kommt. Sie nimmt Maß bei den Kunden und nimmt Aufträge an. Für das zur Verfügung stellen ihrer Räumlichkeiten lukriert Plank zwar keine Einnahmen, dafür aber etwas anderes: Neue Kundschaft und Frequenz.
Plank setzt auf Kooperation
Ähnlich verhält es sich im Bereich Computer: „Ich verkaufe sehr erfolgreich Druckerpatronen. Kommt ein Kunde zu mir und fragt, ob ich auch Drucker oder Computer verkaufe, gebe ich ihm den Kontakt zu dem Verkäufer. Dieser wiederum verkauft selbst keine Patronen, sondern empfiehlt mich weiter“, schildert Plank. Sich gegenseitig regional unterstützten, darauf setzt die Loosdorferin, die auch viele Jahre Obfrau der Loosdorfer Wirtschaft war. „Ich schaue darauf, dass auch ich selbst im Ort einkaufe, was geht“, sagt sie.
Natürlich bleibt im Gespräch auch der Internetgigant nicht unerwähnt. „Wissen’s, was ich sage, wenn mir jemand sagt, dass es auf Amazon um 2-300 Euro billiger ist? ‚Dann kauf’s dort!‘. Wenn man’s genau nimmt, müsste sogar ich manchmal dort einkaufen weil’s billiger ist“, scherzt sie. „Ab und zu habe ich dann das Glück, dass ich dann doch was reparieren darf, weil es der Amazon nicht macht“, kommentiert Plank. Den Beitritt zu einer Kooperation hat die Inhaberin zwar mal überlegt, aber dann doch wieder verworfen. „Ich habe ja nur Braunware“, meint sie.
Team Courage
Privat vermisst sie mittlerweile das Reisen sehr. Ihre Lieblingsdestination ist Chicago und der mittlere Westen der USA. Mit dem „Team Courage“ geht sie einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Mit drei anderen Damen aus dem Ort veranstaltet sie Flohmärkte, Suppenessen und dergleichen. Der Erlös kommt dann Bedürftigen aus dem Ort oder der Umgebung zugute. Ob sie denn zufrieden mit ihrer Berufswahl, die als selbstverständlich angesehen wurde, sei, fragen wir sie. Und erhalten darauf eine ehrliche Antwort: „Mein Traum wäre eine eigene Cateringfirma gewesen, da ich sehr gerne backe und koche“. Trotzdem ist sie mit Herz bei der Sache.