Als Onlinehändler steht man oftmals vor der Frage wo die Vor- und Nachteile liegen, Produkte über einen eigenen Onlineshop oder über einen Marktplatz zu verkaufen. Beides hat sowohl positive Seiten als auch jene, die eventuell nicht ganz den Vorstellungen entsprechen.
Ein Onlineshop gilt als klassischer digitaler Absatzkanal, mithilfe dessen auf einer Website ausgewählte Produkte und Dienstleistungen angeboten werden. Ein großer Vorteil für UnternehmerInnen, die ihren eigenen Onlineshop besitzen, ist der hohe Grad an Gestaltungsfreiheit und Individualisierbarkeit in Bezug auf die Benutzeroberfläche, womit die eigene Marke ausgezeichnet in Szene gesetzt werden kann. Dabei steht es UnternehmerInnen beispielsweise frei, welche Bilder eingefügt werden, welche Farbgebung der Onlineshop hat oder welche Schriftarten genutzt werden oder wie der eigene USP bestmöglich präsentiert wird.
Abgesehen davon haben UnternehmerInnen so die Möglichkeit, Kundendaten zu sammeln, was dazu beiträgt, dass das Kaufverhalten analysiert werden kann und relevante Inhalte an verschiedene Kundengruppen ausgespielt werden können. Weiters kann der eigene Onlineshop auch mit Tracking Tools versehen werden und somit können wichtige Analysen erfolgen, die das Verhalten von Kunden betrachten. Im Gegensatz dazu stehen mit einem eigenen Onlineshop auch monetäre Ausgaben im Raum, die Höhe richtet sich nach eingesetzten Systemen und Systemerweiterungen. Ein weiterer Punkt, der bei einem eigenen Onlineshop nicht außer Acht gelassen werden darf, ist der Fakt, dass es nicht über Nacht gehen wird, dass Neukunden Vertrauen gegenüber einem neuen Onlineshop aufbauen und sich das Unternehmen daher erst mal „beweisen“ muss.
Vor- und Nachteile
Marktplätze wie Amazon oder auch österreichische Alternativen wie MyProduct oder Shöpy bieten Onlinehändlern eine weitere Plattform, ihre Produkte oder Dienstleistungen zu vertreiben. Auf Marktplatz-Lösungen betreiben Onlinehändler keinen eigenen Onlineshop, sondern es sind viele unterschiedliche Händler aktiv. Der Marktplatzbetreiber ist dabei ein Vermittler zwischen Händler und Kunde und stellt sowohl Hardware als auch Software bereit.
Die Nutzung von Marktplätzen bietet sich auch jenen UnternehmerInnen gut an, welche parallel dazu den eigenen Onlineshop weiter betreiben und Marktplätze als zusätzlichen Absatzweg sehen. Die Listung bei Marktplätzen ist mit Kosten verbunden, da Marktplätze über eine Verkaufsprovision am Verkauf der dort angebotenen Produkte beteiligt sind. Im Gegenzug dazu sind Marktplätze jedoch in den meisten Fällen für die gesamte Abwicklung des Verkaufsprozesses zuständig und kümmern sich neben dem Betrieb der Plattform ebenso um Marketing-Maßnahmen und den kompletten Bestellprozess inklusive Zahlungsabwicklung.
Bei Amazon wird beispielsweise noch die Verantwortung des Versands der Produkte übernommen. Damit ist Händlern ein großer Vorteil geboten, da sie einen Teil des Risikos auf den Marktplatz abwälzen können, um Kosten verlässlicher zu kalkulieren. Abgesehen davon profitieren Marktplätze oftmals bereits von einer hohen Vertrauensbasis die Kunden aufgebaut haben und die Hemmschwelle, einen Einkauf zu tätigen ist weitaus geringer als in einem neuen, unbekannten Onlineshop.
Jedoch ist auch oft der Fall, dass Kunden auf Marktplätzen nicht mehr wirklich darauf achten, von welchem Unternehmen bzw. welcher Marke ein Produkt erworben wird. So passiert es, dass Kunden im Endeffekt wenig bis keine Bindung zum Unternehmen an sich aufbauen. Außerdem macht es ein Marktplatz einfacher denn je, Konkurrenzprodukte in den direkten Vergleich zu stellen. Damit besteht für Unternehmen die Gefahr, dass sich Kunden im letzten Moment des Kaufprozesses im Endeffekt doch für eine andere Marke entscheiden.
Multichannel-Strategie
In unserer mittlerweile beinahe voll digitalisierten Welt haben sich die Erwartungen von Kunden insofern geändert, dass sie von Verkäufern eine permanente Erreichbarkeit fordern und erwarten, dann einkaufen zu können, wenn sie es möchten, zeit- und ortsunabhängig. Eine Strategie, mit der gezielt auf solche Anforderungen eingegangen werden kann und die sich bereits viele Unternehmen zu Nutzen gemacht haben, ist die Multichannel-Strategie. Damit lösen sich Unternehmen von einem ausgewählten Absatzkanal und erweitern ihr Absatzportfolio. Ziel dahinter ist es, den potenziellen Käufern ein möglichst breites Spektrum an Möglichkeiten zu bieten, einen Kauf abzuschließen.
Eine Multichannel-Strategie beschränkt sich nicht darauf, ausschließlich online oder offline weitere Absatzwege anzubieten, sondern bietet eine Mischung aus stationärem Handel und Onlinehandel. Mögliche Absatzkanäle wären zum Beispiel Onlineshops, der Einzelhandel, Marktplätze oder Handelsvertreter. Ein Vorteil einer Multichannel-Strategie ist beispielsweise die hohe Präsenz über mehrere Kanäle und Touchpoints hinweg. Durch den häufigeren Kontakt mit einem Unternehmen oder einer Marke wird die Kundenbindung gestärkt. In weiterer Folge profitieren die einzelnen Kanäle untereinander, denn beispielsweise kann ein Newsletter oder ein Banner in einem Onlineshop auf ein Event in einem stationären Geschäft hinweisen, ebenso wie ein Flyer in einem stationären Geschäft einen Gutscheincode für den Einkauf im Onlineshop bewerben kann.
Für Kunden bieten mehrere Absatzwege dahingehend Vorteile, dass ortsunabhängig eingekauft werden kann und Produkte nicht mehr ausschließlich auf einem Weg zu erwerben sind. So steigt die Chance, dass Kunden einem Unternehmen bzw. einer Marke treu bleiben, auch wenn das gewünschte Produkte beispielsweise im unternehmenseigenen Onlineshop nicht vorrätig ist, es aber auf einem digitalen Marktplatz weiterhin erhältlich ist. Die Auswahl der richtigen Kanäle stellt dabei bereits die größte Herausforderung dar, denn es gibt kein Generalrezept, dass den Erfolg beim Einsatz ausgewählter Kanäle gewährleistet.
Somit stehen UnternehmerInnen vor der eigenen Entscheidung, welche Kanäle am besten zum Geschäftsmodell, den bisherigen Absatzwegen und vor allem den zukünftigen Zielen passen. Abgesehen davon sind Aufbau, Koordination und Pflege mehrerer Kanäle aufwändig und kostenintensiv und sollten daher im Vorfeld mit einem fundierten Business Case abgesichert sein, um nicht unterschätzt zu werden.
Isabel Tschuden, Head of Marketing bei Overdose