Die Customer Journey ist der mehrstufige Prozess der möglichen Kunden vom Erstkontakt bis zum Kauf. Das Marketing gestaltet die Kontaktpunkte mit dem Ziel, die Interessierten zur Reaktion als Conversion zu bringen. Die Conversion-Optimierung gehört zu den wichtigen Disziplinen im E-Commerce.
Aufschlag, Volley, Punkt. Im Tennis zählt der Punkt, der über Erfolgsfaktoren wie gelungene Schlagvarianten, Reaktionsschnelligkeit und Ausdauer erreicht wird. Punkte sind messbare Erfolge, manchmal sind sie leicht erspielt und oft wird mit Einsatz darum gekämpft. In der Vermarktung des Einzelhandels oder Online-Shops zählen auch die Aktivitäten mit Wirkung. In einem herausfordernden Umfeld – wie Auswirkungen der Corona-Pandemie mit verunsicherten Konsumenten, Wettbewerbsdruck im Preiskampf oder vergleichbare Angebote – führt der Weg zum Erfolg regelmäßig über Wissensvorsprung beim Einsatz der Instrumente, Ausdauer und Flexibilität.
Die Conversion Rate als Messgröße
Die „Conversion“ ist eine konkrete und gewünschte Handlung von Interessierten, üblicherweise wird diese Umwandlung in Verbindung mit Aktionen auf der Website oder im Online-Shop betrachtet. Die damit verbundene Kennzahl „Conversion Rate“ ist die als Prozentwert ausgewiesene Kennzahl, welche bezogen auf einen definierten Zeitraum wie ein Monat die Personen mit Aktion den Kontakten gegenüberstellt. Die Aktion kann sich als Macro-Conversion auf den Kauf eines Produktes oder als Micro-Conversion auf eine vorgelagerte Phase (wie das Klicken auf einen Link, das Ansehen einer Produktseite oder das Hineinlegen in den Warenkorb) beziehen. Der Prozentsatz der Besucher in einem Online-Shop, die nach der Recherche auch gekauft haben, gehört zu den wichtigsten Kennzahlen im Online-Marketing. Die Messung läuft über Analyse-Tools wie Google Analytics, die Betrachtung kann sich auf Besuche (Visits) mit Blick auf Sessions oder Besucher (Unique Visitors) zum Berücksichtigen wiederholter Besuche durch Nutzer beziehen.
Doch wie hoch ist eine gute Conversion? Eine kleine Empfehlung: für sich selbst einen Tipp abgeben und dann die eigene Einschätzung mit den nachfolgenden Branchenwerten vergleichen. Der internationale KPI Report 2020 ist ein internationaler Benchmark-Vergleich, abgedeckt werden Europa, UK und USA. Das Ergebnis ergibt eine durchschnittliche Conversion Rate von 1,8 %, wobei der Wert im Handel mit 1,9 % höher ist als in der Reisebranche mit 1,6 %. Bei der Betrachtung der User wird als Richtwert eine Conversion Rate von 3,2 % ausgewiesen, auch hier liegt der Handel mit 3,6 % wieder vor dem Tourismus. Die Werte sind vergleichbar mit den über Statista ausgewiesenen Prozenten zwischen 2 und 3 %, mit 2,17 % für weltweite E-Commerce Conversion im 3. Quartal 2020 (Konversionsrate der Online-Shopper weltweit im 3. Quartal 2020, Statista 2021).
Das 7-Ebenen-Modell der Conversion
Die angeführten Werte geben Orientierung zur Einordnung der eigenen Conversion Rate im internationalen Vergleich. Es ist wichtig, die eigene Conversion genau und laufend zu messen, um die angestrebte Umwandlung kontinuierlich durch Optimierungsmaßnahmen zu verbessern. Wie kann das – abgesehen vom regelmäßigen Blick auf die Werte in Google Analytics – strukturiert gemacht werden?
Wenn man sich die Conversion als Prozess vorstellt, denkt man oft an einen linearen Ablauf von Schritten oder einzelnen Seiten, welche ein Nutzer und möglicher Konsument nacheinander besucht. Gedanklich hat man einen Trichter vor Augen, in dessen Verlauf immer mehr Interessierte die Website verlassen und eine vergleichsweise kleine Anzahl die gewünschte Aktion durchführt. Die nachfolgenden Ausführungen behandeln ein Nutzer orientiertes Modell, welches berücksichtigt, dass die User bei der Recherche von Seite zu Seite springen und dabei laufend die Wahrnehmung mit den Folgen vergleichen. André Morys hat basierend auf diesen Überlegungen und langjährigen Tests zur Conversion Optimierung das „7-Ebenen-Modell“ entwickelt. Er hat die nachfolgenden Ebenen als Faktoren, welche die Entscheidung und das Verhalten von Online-Shoppern beeinflussen, abgeleitet. Das Modell hilft dabei, systematisch die einzelnen Ebenen zu überprüfen und daraus Handlungsempfehlungen zur Conversion-Optimierung abzuleiten.
Die 7-Ebenen von André Morys
- Relevanz
- Vertrauen
- Orientierung
- Stimulanz
- Sicherheit
- Komfort
- Bewertung
Bei der Conversion-Optimierung wird nach Möglichkeit die umfassende Betrachtung des 7-Ebenen-Modells berücksichtigt, Details können in einem ausführlichen Artikel nachgelesen werden: Eine Methodik zur nutzerzentrierten Website-Analyse, von André Morys.
Die Dimensionen der Parameter zur Optimierung
Stellen wir uns Laura als mögliche Kundin vor, die im Online-Shop eines Elektrohändlers auf der Suche nach einem neuen Smartphone ist. Die Ebene der Relevanz bezieht sich auf die Verbindung zwischen der Vorstellung und den im Online-Shop entdeckten Inhalten. Interessentin Laura „scannt“ die Texte und Bilder nach der Eingabe eines Suchbegriffs mit Blick auf Übereinstimmungen. Mögliche Ansätze sind das Wiederholen des Suchbegriffs, das Verwenden der Sprache der Nutzerin abseits von Fachvokabular oder ein rascher Überblick auf das Sortiment. Der Faktor Vertrauen ist verbunden mit dem Vermitteln von Glaubwürdigkeit. Im Beispiel sucht Laura bei einem Smartphone in der engeren Wahl nach Indikatoren wie eine hochwertige Gestaltung, Testberichte oder Bewertungen durch bisherige Käuferinnen und Käufer. Auch Gütezeichen, Testimonials oder eine bekannte Marke helfen. Die Ebene Orientierung verschafft Klarheit zum nächsten Schritt, sie beantwortet Laura die „Wo muss ich jetzt klicken?“ Frage, welche insbesondere bei mobiler Recherche mit kleinen Bildschirmen von großer Bedeutung ist. Bei der Orientierung helfen eine einfache Suchfunktion mit verschiedenen Zugängen, das Verwenden der richtigen Begriffe und das klare Kennzeichnen von Buttons.
Bei der Stimulanz muss der eigene Online-Shop die differenzierende Botschaft vs. Alternativen vermitteln. Laura muss vom Angebot überzeugt werden, es helfen Emotionen durch Bilder und ansprechende Texte ohne Komplexität. Zusätzliche Begeisterung lösen der Blick auf das gewählte Produkt von unterschiedlichen Seiten oder Bewegtbild aus. Die Ebene Sicherheit bezieht sich neben dem Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Online-Shops auf die Verlässlichkeit beim Checkout mit dem Übertragen von Daten zur Person oder beim Zahlungsvorgang. Interessentin Laura beurteilt die Informationen zur Garantie und Kundenservice bzw. mögliche Qualitätszertifikate als vertrauenswürdiger Shop. Es soll der Interessentin das Gefühl der Kontrolle und Transparenz zu den Prozessen vermittelt werden. Der Parameter Komfort ist verbunden mit der Einfachheit beim Kaufabschluss. Beim Beispiel hinterfragt Laura den Umfang der verlangten Informationen (wird das Geburtsdatum wirklich benötigt?) und Einschränkungen bei den Alternativen zum Bezahlen. Regelmäßige Kundinnen und Kunden schätzen Erleichterungen bei weiteren Bestellungen. Die abschließende Ebene Bewertung bezieht sich auf das Vermeiden von Dissonanz nach dem Kauf. Käuferin Laura möchte ein Gefühl der richtigen Entscheidung haben. Kaufreue kann durch eine gelungene Kaufbestätigung oder Überraschung in der Kommunikation nach dem Kauf vermieden werden.
A/B-Tests vergleichen Varianten
Zur Abrundung dieses Artikels wird empfohlen, regelmäßig quantitative Vergleichstests zu machen. Bei A/B-Tests wird das Verhalten der User erhoben, die „Probanden“ sind in der realen Umgebung und wissen nichts von einem Test. Das Grundprinzip ist, dass bestimmte Elemente gegeneinander getestet werden und die Variante mit mehr Wirkung künftig als Optimierungsmaßnahme eingesetzt wird. Zu den möglichen Einsatzgebieten zählen Landing Pages, Layout-Varianten (z.B. bei der Produktdarstellung oder beim Call-to-Action) oder der Checkout. Ein separater Artikel wird zu einem späteren Zeitpunkt vertiefende Tipps und Anregungen zu A/B-Tests geben.
FH-Prof. Mag. Harald Rametsteiner
UPGROW Marketing Consulting
Leiter des berufsbegleitenden Masterlehrgangs „Digital Marketing“ der Fachhochschule St. Pölten.
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