Der Festnetztelefon-Hersteller Gigaset ist pleite. Das Unternehmen kündigte am Dienstagabend einen Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit für die börsennotierte Muttergesellschaft an und will die operative Tochter Gigaset Communications GmbH in Eigenregie sanieren.
Als Grund für die Pleite wird ein „ein unerwarteter und erheblicher Umsatzrückgang im zweiten Halbjahr“ genannt. Die Nachfrage nach Telefonanlagen habe sich nämlich weiter abgeschwächt und die Verhandlungen mit potenziellen Geld- und Kreditgebern hätten sich „nicht ausreichend konkretisiert, um den notwendigen Finanzmittelzufluss zur Fortführung der Gigaset außerhalb eines Insolvenzverfahrens abzusichern“, heißt es vonseiten des Unternehmens.
Der zu Jahresbeginn 2023 gekommene Vorstandschef Magnus Ekerot macht an dieser Stelle allerdings auch das ehemalige Management für die Schieflage verantwortlich: „Gigaset ist es während der letzten Jahre nicht gelungen, den Rückgang im Kerngeschäft mit Schnurlostelefonen (…) zu kompensieren.“ Diese „ungesunde und einseitige Geschäftsausrichtung“ habe jetzt zu der misslichen Lage beigetragen. Er kündigte zudem an, Gigaset „von Grund auf neu zu strukturieren und auf eine solide wirtschaftliche Basis zu stellen“. Das Unternehmen werde Entwicklung, Produktion und Vertrieb fortsetzen, aber „die Wirtschaftlichkeit jedes einzelnen Geschäftsbereichs intensiv“ überprüfen.
Das dürfte allerdings zu einer echten Herausforderung werden. Der Markt für Festnetztelefone schrumpft seit Jahren, weil vermehrt Smartphones zum Einsatz kommen. Gigaset versuchte dagegen anzugehen und kündigte 2015 sogar die Entwicklung eigener Smartphones an. Gegen Apple, Samsung und den chinesischen Herstellern zog man da allerdings ziemlich schnell den Kürzeren.
Insgesamt sollen die Smartphones – trotz teurer Partnerschaft mit dem Fußballverein Bayern München (bis 2022) – nur 18.8 Mio. Euro eingespielt haben. Die damals ebenfalls stark in den Fokus gerückten Smart Home-Geräte wie vernetzte Heizthermostate, Steckdosen und Rauchmelder spielten mit 1,5 Mio. Euro Umsatz überhaupt keine Rolle. Zum Vergleich: Im Geschäftsjahr 2022 spülte der Verkauf von Telefonanlagen rund 241 Mio. Euro in die Gigaset-Kassa – und damit etwa 90 Prozent des Gesamtumsatzes.
Gigaset: Überbleibsel von Siemens
Noch 2009 verbuchte der Hersteller 3,5 Mrd. Euro, 2015 dann 305 Mio. Euro. Das Geschäft habe sich in der Folge zwar stabilisiert, ist allerdings nicht sonderlich profitabel. 2022 erwirtschaftete man einen Konzernfehlbetrag von 5,6 Mio. Euro, im Jahr davor gab’s noch einen Überschuss von 500.000 Euro.
Gigaset ist eines der letzten Überbleibsel der ehemals stolzen Telekommunikationssparte von Siemens. Der Münchner Konzern war einst Weltmarktführer, verpasste aber den Trend zur Telefonie über das Internet. Bei Auflösung der Sparte wurde der Mobilfunkbereich an Nokia verkauft, die Handysparte wurde an BenQ abgegeben und ging kurz danach pleite. Die Schnurlostelefone mit der Marke Gigaset gab Siemens an die Beteiligungsgesellschaft Arques ab.