Unerfreuliche Post hat heute das Bundesgremium des Elektrohandels erhalten: Die austromechana will die Speichermedienvergütung (SMV) bzw. die Urheberrechtsabgabe in einer Nacht & Nebel-Aktion auf neue Produktgruppen ausdehnen – die neuen Tarife sollen nämlich bereits morgen (1. Februar 2024) gelten. Und nicht nur das Timing sorgt für Unverständnis, sondern auch die Tatsache, dass hier auch Produktgruppen benannt werden, die eigentlich bereits in einem (bestehenden) Gesamtvertrag geregelt sind.
Das hat’s in dieser Form noch nie gegeben – oder besser gesagt, fast noch nie: Bereits 2013 legte die Verwertungsgesellschaft dem Elektrohandel ein nettes Packerl unterm Weihnachtsbaum und veröffentlichte ausgerechnet an den Weihnachtsfeiertagen die autonomen Vergütungstarife für Smartphones, mit Geltung ab 1. Jänner des Folgejahres (2014). So gesehen lässt sich in der heutigen Vorgangsweise durchaus ein System erkennen, wenngleich die Zeitspanne von wenigen Stunden zwischen Mitteilung und Inkrafttreten schon eine neue Qualität hat. Böse Zungen könnten an dieser Stelle freilich auch behaupten, dass das überfallsartige Vorgehen wohl eine Retourkutsche dafür ist, dass sich das Bundesgremium erst im April des vergangenen Jahres für eine Neustrukturierung der Vergütung eingesetzt hat.
Möge die mächtige Festplatte mit dir sein…
Jedenfalls hat die Verwertungsgesellschaft dem Bundesgremium heute ein neues Tarifblatt übermittelt, nach dem ab sofort auch für Spielekonsolen, digitale Spielzeuge mit integriertem Speicher, Virtual Reality Brillen und Datenbrillen mit integriertem Speicher, sowie „Mediacenter bzw. Media-Server, mächtige(!) Multimedia-Festplatten, netzgebundener Speicher (NAS) und vergleichbare Systeme“ ein Urheberrechts-Obolus zu entrichten ist.
Und vor allem weil auch Spielekonsolen und NAS angeführt sind, bezeichnet Bianca Dvorak, Geschäftsführerin des Bundesgremiums, das Tarifblatt im Telefonat mit ELEKTRO|branche.at auch als „Wunschliste der austromechana“. Der Hintergrund: Beide Produktgruppen sind nämlich bereits im „Gesamtvertrag Speichermedienvergütung: Neue Medien“ vom 1. April 2016 geregelt (diesen können Sie hier herunterladen). „Unseres Erachtens gilt dieser Gesamtvertrag weiterhin und kann nicht einseitig abgeändert werden – das wäre nicht rechtskonform. Das werden wir so auch nicht akzeptieren“, ärgert sich Dvorak.
Geschmalzene Tarife für Speichermedien
Fakt ist auch, dass die Tarife laut austromechana-Informationsblatt recht geschmalzen ausfallen. So beträgt die Vergütung für eine Spielkonsole mit 32GB 15 Euro, für eine Konsole mit mehr als 32 GB Speicher werden 30 Euro fällig. Für die NAS-Systeme oder Multimedia-Festplatten (allerdings nur die „mächtigen“ – was immer das auch heißen mag) bis 6 TB sind 45 Euro fällig, für mehr als 6 TB will die austromechana 67,50 Euro von den Importeuren bzw. Erstinverkehrsbringern.
Hier gibt’s das Tarifblatt als Download – zumal dieses auf der austromechana-Webseite derzeit noch nicht abrufbar ist (Stand: 31.01.2024, 21 Uhr):
Update (1.2.2024, 12 Uhr): Inzwischen sind die Tarife online via AKM/austromechana abzurufen.
Dvorak bezeichnet die genannten Tarife übrigens als „ziemlich überzogen“, zumal sie das Nutzerverhalten nicht richtig widerspiegeln. Und auch dem heimischen Markt, der im internationalen Wettbewerb steht, würde man damit nur einen Bärendienst erweisen. „Wenn es das Ziel ist, dem österreichischen Handel das Leben zu erschweren, dann hat man es damit geschafft.“ Und wenn die Kunden dann im Ausland bestellen, dürfte sich das dann wohl auch bald auf die Einnahmen der austromechana auswirken.
Und jetzt? Was tun?
Das Bundesgremium hat heute außerdem einen @-Insider mit konkreten Handlungsempfehlungen und Hinweisen zur weiteren Vorgehensweise veröffentlicht. Hier im vollen Wortlaut nachzulesen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Verwertungsgesellschaft austromechana hat uns informiert, dass sie mit Geltung ab 1.2.2024 die aus dem Anhang ersichtlichen Tarife für bestimmte Speichermedien, und zwar:
- Spielekonsolen mit integriertem Speicher
- Digitale Spielzeuge mit integriertem Speicher
- Virtual Reality-Brillen und Datenbrillen mit integriertem Speicher
- Mediacenter bzw. Media-Server, mächtige Multimedia-Festplatten, netzgebundener Speicher (NAS) und vergleichbare Systeme
geltend macht.
Worum geht es?
Kurz gesagt ist die Einhebung von Speichermedienvergütung dann vorgesehen, wenn Speichermedien in Österreich in den Verkehr kommen, die insbesondere für Privatkopien geeignet sind.
Schuldner der Speichermedienvergütung ist der Erstinverkehrbringer, also das Unternehmen, das erstmals Speichermedien in Österreich in den Verkehr bringt. Allerdings haften die weiteren Handelsstufen als „Bürge & Zahler“.
Zu den neuen Tarifen
Bei den veröffentlichten Tarifen handelt es sich weder um mit den Gremien abgestimmte Tarife, noch wurden diese von einer Behörde oder einem Gericht festgelegt – es handelt sich im Wesentlichen um die „Wunschtarife“ der austromechana.
Die Gremien vertreten dazu die Ansicht, dass die geforderten Tarife deutlich zu hoch sind, soweit nicht überhaupt davon auszugehen ist, dass bloß ein geringfügiger Nachteil entsteht – und damit keine Speichermedienvergütung anfällt. Jedenfalls wäre zunächst aber eine konkretere Definition erforderlich.
Hinweis: Die Vergütungspflicht oder Vergütungshöhe der vom Gesamtvertrag Leerkassettenvergütung 2010 bzw. Gesamtvertrag „Neue Medien“ 2015 erfassten Medien ändert sich nicht.
Was sollen/können Sie nun tun?
Es ist zu befürchten, dass die austromechana nach ihrer Tarifbekanntgabe auch Klagen gegen mehrere – oder testweise nur gegen einzelne – Handelsbetriebe erheben wird, falls keine Meldung oder Zahlung erfolgt. Wir empfehlen daher folgendes Vorgehen:
Schritt 1: Informationsbeschaffung
Zunächst sollten Sie eruieren, ob Sie Erstinverkehrbringer der jeweiligen Produkte sind. Kontaktieren Sie auch die austromechana (Kontaktinfos auf https://www.akm.at/kontakt/), um nachzufragen, welche Produkte diese konkret als vergütungspflichtig ansieht.
Schritt 2: Meldung
Soweit Sie daher Erstinverkehrbringer der jeweiligen Produkte sind, sollten Sie zur Risikominimierung erwägen, die nach § 90a Abs 1 UrhG erforderliche Meldung (Art & Stückzahl) jeweils innerhalb von 15 Tagen nach jedem Quartal (der nächste Termin wäre somit der 15. April) an die austromechana zu schicken. Sie sollten in Ihrer Meldung aber klarstellen, dass die Meldung unpräjudiziell ist – und insbesondere kein Anerkenntnis einer Meldepflicht oder Vergütungspflicht dem Grunde oder der Höhe nach ist.
Schritt 3: Entscheidung über Zahlung
Schließlich müssen Sie in Hinblick auf die bestehende Rechtsunsicherheit über die Zahlungspflicht und insbesondere über die Höhe der „angemessenen Vergütung“ für die oben angeführten Produktkategorien entscheiden, ob und in welcher Höhe Sie eine Zahlung leisten – außer es erfolgte ohnehin bereits eine Zahlung an die austromechana durch Ihren Lieferanten.
Es bestehen grundsätzlich die folgenden Handlungsalternativen:
1) Sie zahlen nicht oder weniger als den geforderten Tarif
2) Sie zahlen den geforderten Tarif vorbehaltlos
3) Sie zahlen den geforderten Tarif (oder einen niedrigeren Betrag) unter Vorbehalt
Wir haben ausführliche Informationen für Sie zusammengestellt, diese finden Sie hier.
Weiterführende Infos finden Sie auf unserer Website sowie auf der Website der austromechana: https://www.akm.at/service/speichermedienverguetung/