Immer lauter werden die Stimmen gegen den chinesischen Schrott-Commerce-Anbieter Temu. Nach den Konsumentenschützern hat sich nun auch die deutsche Regierung auf die Billig-Shoppingplattform eingeschossen. Passiert ist außer viel Gebell noch nichts – zumal es auch schwierig werden wird, so richtig zuzubeißen.
Blinkende Kästchen, Glücksräder, Rabatt-Countdowns und viele bunte Bilder – die Smartphone-App des Ramsch-Anbieters erinnert eher an eine neue Candy Crush-Version, denn an ein Online-Shopping-Mal. Hinzu kommt ein permanenter psychischer Druck. „Beeile dich! Über 100 Personen haben diesen Artikel jetzt auch in ihrem Warenkorb“ oder: „Nur noch 5 Stück lagernd“.
Mit solcherlei Anreizen versucht Temu Konsumenten zum Kauf von Produkten zu verleiten. Was auf den ersten Blick nach einem nahezu perfekten Gamification-Ansatz klingt, hat allerdings ein großes Problem: In der EU sind psychologischen Tricks im Online-Handel, die auch „Dark Patterns“ genannt werden, seit dem Inkrafttreten des Gesetzes für digitale Dienste (Digital Services Act) im vergangenen Februar eigentlich verboten.
Zugegeben: Auch seriöse Plattformen arbeiten gerne mit solchen Tricks – besonders beliebt ist hier etwa der so genannte „Verknappungsansatz“, wonach nur noch wenige Stück des begehrten Artikels lagernd sind. Das ist im Grunde auch nicht verboten, sofern die Angabe des Lagerstands auch wirklich stimmt – aber wer kann das schon kontrollieren? Die Chinesen treiben dieses Spielchen jedoch auf die absolute Spitze und lassen es nicht dabei bewenden. Hat man erst Produkte im Warenkorb und will die App verlassen, wird man umgehend auf ein „Glücksrad“ umgeleitet, bei dem es Rabattgutscheine zu gewinnen gibt. Und – oh Wunder – man gewinnt wirklich. Da sag noch einer, er habe nie Glück.
Jetzt müssen Taten folgen
Auch in Österreich hat die Bundesregierung Temu schon auf dem Radar. Bereits im Vorjahr wurde auf der Plattform onlinesicherheit.at eindringlich vor Temu und seinen „fragwürdigen Geschäftspraktiken“ gewarnt. Die Rede ist hier von „teils minderwertiger, völlig unbrauchbarer Ware“, Verstößen gegen Widerrufsrecht bei Einkäufen in Online-Shops und einer Flut an Werbe-Mails nach Registrierung. Man ließe nichts unversucht, um Nutzer und Nutzerinnen ständig zu weiteren Käufen zu bewegen. Interessanterweise scheint diese Reizüberflutung die Verbraucher nicht zu verprellen. Ganz im Gegenteil: Wer auf Temu unterwegs ist, wird das Gefühl nicht los, ein Superangebot liegen zu lassen – und kauft besser heute als morgen.
Die Liste an rechtlichen Verfehlungen ist also jetzt schon recht lang, der Handelsverband legt hier zusätzlich noch Zollbetrug obendrauf. Die EU selbst geht für 2023 von rund zwei Mrd. Paketen aus, die aus China unter dem Titel „zollfrei“ nach Europa geliefert wurden, Tendenz stark steigend. Rund zwei Drittel dieser als zollfrei deklarierten Päckchen könnten falsch ausgewiesen sind, um Zollgebühren zu umgehen und Einfuhrumsatzsteuer zu sparen. Und nicht nur das:
Außerdem ist es inzwischen auch kein großes Geheimnis mehr, dass Temu Bestellungen regelmäßig in mehrere Pakete aufteilt und/oder in unterschiedliche EU-Zielländer liefert, eben um Zollgebühren zu sparen. So landet nicht selten ein Paket, das im Endeffekt für Österreich bestimmt ist, zuerst in Ungarn und wird von dort nach Österreich geschippt. In diesem Sinne: Finanzministerium, übernehmen sie!