Der Einsatz von Farben im E-Commerce

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Farben erfreuen, Farben wirken, Farben schaffen Verbindungen… Der Alltag ist von Farben geprägt, und die Entscheidungsträger in Marketing & E-Commerce nutzen bewusst und geschickt Farben in der Vermarktung. Der kombinierte Einsatz der langfristig einheitlichen Markenfarben im Rahmen des Designs und der punktuellen Variation für Aufmerksamkeit können einen wesentlichen Mehrwert mit Wiedererkennung bzw. Wirkung schaffen.

Dieser Artikel wurde im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland verfasst. Die Siege des österreichischen Teams führen zu hoffentlich gesunder Euphorie, wir hoffen auf eine erfolgreiche Gruppenphase der „Rot-Weiß-Roten“ und ein Herausfordern der großen Fußballnationen in den anschließenden Entscheidungsspielen.

Italien – die „Azzurri“ (abgeleitet von den traditionell blauen Trikots) – gelten heuer als Außenseiter. Zu den vielversprechenden Titelanwärtern zählen „Les Bleus“, auch Frankreich ist berühmt für die blauen Dressen. Oft genügt das Nennen einer Farbe, und es ergibt sich rasch eine Verbindung: „Oranje“ steht für die niederländische Nationalmannschaft, und das „Weiße Ballett“ verbindet man im Fußball oder oft auch ohne Zusammenhang mit Real Madrid.

Das Schreiben wird auch von den politischen Wahlen der nächsten Monate geprägt. Das Reduzieren der politischen Parteien hat eine lange Tradition: die „Grünen“ machen das Programm rund um Umwelt zum Namen. Bei den „Blauen“ oder „Roten“ hat man auch gleich eine Assoziation zu den damit verbundenen Parteien. Schwammiger wird die klare Einordnung bei den „Schwarzen“ oder „Türkisen“. Auch die NEOS setzen die Farbe bewusst ein, die bei der Gründung angestrebte neue Politik wird durch die ungewöhnliche pinke Farbe optisch unterstrichen.

Wir verbinden mit den Farben Vereine, Parteien oder Erinnerungen. Bzw. Farben beeinflussen die Wahrnehmung beim Einkaufen. Es ist wenig verwunderlich, dass das Marketing rasch die Einsatzmöglichkeiten von Farben entdeckt hat: man denke an Marken wie Milka (lila), Coca-Cola (rot) oder Nivea (blau) mit prägnanter Markenführung über Farben. In der digitalen Vermarktung kann der geschickte Einsatz von Farben auch die Wirkung verstärken, das betrifft die Gestaltung wie Website, Social Media Postings oder den Online-Shop im E-Commerce.

Die Wahrnehmung von Farben

Physikalisch ist Farbe ein durch das Auge vermittelter und das Gehirn aufbereiteter Sinneseindruck, der durch Licht bzw. die Wahrnehmung elektromagnetischer Strahlen hervorgerufen wird. Mehr greifbar werden die Grundlagen bei der Betrachtung der Farblehre.

Der Farbkreis nach Johannes Itten gilt als eines der wesentlichen Farbmodelle. In der Farblehre unterscheidet man Grundfarben bzw. Komplementärfarben und Sekundär- bis Tertiärfarben. Die Grundfarben Gelb, Rot und Blau sind die Basis (ein kleiner Nebensatz: der Verfasser des Artikels blickt beim Schreiben auf Bilder von Piet Mondrian, dessen berühmte Bilder die Wirkung von Grundfarben inszenieren), eine Sekundärfarbe entsteht durch das Mischen von zwei Grundfarben (wie Gelb + Rot = Orange). Das Mischen einer Grundfarbe und einer benachbarten Sekundärfarbe ergibt eine Tertiärfarbe (wie Gelb + Orange = Gelborange).

Von der Farblehre lassen sich für die Anwendung im E-Commerce Grundprinzipien ableiten, die Harmonie von Farben zählt dazu.

Die Wahrnehmung von Farben
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Die Assoziation mit einer Farbe wird von der Kultur, Region oder Religion geprägt. Die Farbe Weiß steht in Europa für Reinheit und den Frieden, in Asien wird mit dieser Farbe Trauer und Tod verbunden. Von den unterschiedlichen Assoziationen lässt sich für den Einsatz im E-Commerce die Berücksichtigung des Kontexts ableiten. Exemplarisch die Bedeutung einiger Farben in unserem Kulturkreis: Blau steht meistens für Vertrauen und Sicherheit, Grün schafft eine Verbindung zur Natur, Rot schafft Dringlichkeit und Aufmerksamkeit, das trifft auch auf Gelb durch die heitere Ausstrahlung zu.

Das Corporate Design (abgekürzt CD) ist als Erscheinungsbild des Unternehmens die wesentliche Grundlage für das kommunikative Auftreten. Dazu gehören Elemente wie ein für die Marke aussagekräftiges und passendes Logo, Vorgaben zur Schrift, Orientierung für die Bildsprache (wie Bilder oder Symbole) und Leitlinien zur Farbe.

Die Entwicklung berücksichtigt die Parameter der Differenzierung (die Unterscheidung zum Wettbewerb), der Wiedererkennung (durch einen wiederholten Einsatz von Farben, Text und Formen) und der praktischen Umsetzbarkeit (darunter fallen die Lesbarkeit bzw. das mögliche Umlegen auf verschiedene Träger).

Vor diesem Hintergrund ergeben sich viele Entscheidungen zur Gestaltung der Kommunikation „von selbst“. Bei einer bestehenden Marke – mit einem damit verbundenen Corporate Design – sind die Leitplanken für die Gestaltung der Website und des Online-Shops für die digitale Vermarktung gelegt. Das bedeutet ein passendes Integrieren der CD-Elemente wie Logo oder Farben für ein einheitliches Auftreten und Wiedererkennen.

Bei einer Studie der Seoul International Expo gaben bis zu 90 % der Befragten an, dass die Farbe beim Einkaufen eine entscheidende Rolle spielt. Da es nicht die einzige Wunderfarbe gibt, liegt die Ableitung im richtigen Einsatz der relevanten Farben.

Die schon angesprochenen Erfolgsfaktoren des Corporate Designs lassen sich auch auf das Verbinden der Anstoß-Kommunikation (wie bezahlte Werbung auf Social Media oder externen Websites) mit der Landing Page umlegen. Es gehört zu den wesentlichen Empfehlungen der Conversion-Optimierung, dass beide Kontaktpunkte zusammenpassen müssen.

Es ist sehr sinnvoll, dass Design-Elemente wie das Logo, das Produkt und die farbliche Gestaltung nach dem Click auf das Werbemittel auf der Landing Page wieder erscheinen. Das schafft Wiedererkennung und Vertrauen bei den Interessierten, auch die Aussagen im Text als Klammer nutzend.

Nach dem Landen im Online-Shop können Farben weiter zur Conversion-Optimierung eingesetzt werden. Die Gestaltung des Call-to-Action gehört dazu. Als Beispiel Amazon: Es gibt einen klar erkennbaren Button für den Einkauf („In den Einkaufswagen“ bzw. in der Folge „Zur Kasse gehen“), durch die Abstufungen von Gelb in Richtung Orange (diese sind sogar farblich passend zum Amazon-Logo) werden ergänzend Prozess-Schritte und steigende Dringlichkeit signalisiert.

Empfehlenswert ist das Vergleichen von Farben und Alternativen der Gestaltung beim Call-to-Action über A/B-Tests.

Zusammenfassend: Der geschickte Einsatz von Farben – wie in Verbindung mit der Landing Page und dem Call-to-Action – kann das Navigieren der möglichen Kunden in den Phasen der Customer Journey positiv beeinflussen, zusätzlich kann durch die Farbwahl Aufmerksamkeit bzw. die einheitliche Linie Wiedererkennung und Vertrauen geschaffen werden.

FH-Prof. Mag. Harald Rametsteiner
UPGROW Marketing Consulting
Leiter des berufsbegleitenden Masterlehrgangs „Digital Marketing“ der Fachhochschule St. Pölten

Mehr Infos dazu finden Sie hier.

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