Lange hat’s gedauert aber die siebente Verhandlungsrunde brachte schlussendlich ein Ergebnis. Nach mehr als dreistündigen Verhandlungen haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaft heute auf einen neuen Kollektivvertrag geeinigt.
Die Gehälter und Löhne der Angestellten steigen zwischen 8,3 und 9,2 Prozent, das teilte die GPA in einer Aussendung mit. Das entspreche einer durchschnittlichen Erhöhung von 8,43 Prozent. Die Lehrlingseinkommen steigen um zehn Prozent, womit das Lehrlingseinkommen im ersten Lehrjahr nun 880 Euro beträgt, im zweiten Lehrjahr gibt’s 1.130 Euro und im dritten Lehrjahr 1.430 Euro. Mit dem Abschluss erhöht sich außerdem das Mindestgehalt für Berufseinsteiger. Dieses liege nun bei 2.124 Euro brutto, so die Gewerkschaft weiter.
„Für uns war wichtig, dass wir einen dauerhaft wirksamen Gehaltsabschluss für alle erreichen. Wesentlich ist weiters, dass wir die von den Arbeitgebern vorgeschlagene Einmalzahlung vom Tisch bekommen haben. Diese wäre auf Perspektive ein riesiges Verlustgeschäft für die Angestellten gewesen“, wurde die Chefverhandlerin der GPA, Helga Fichtinger, in der Aussendung zitiert.
Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der WKO und Chefverhandler der Arbeitgeberseite, sprach von einem „schwierigen Kompromiss“. Er sei zwar erfreut über den Abschluss, zum Jubeln sei ihm angesichts der weiter schwierigen Rahmenbedingungen für Betriebe aber nicht zumute. Trefelik verbuchte als Verhandlungserfolg, dass der Abschluss nach seinen Worten „deutlich“ unter der rollierenden Inflation liege. Wichtig sei jedenfalls, dass es zu keinem Zweijahresabschluss gekommen sei, weil das den Handlungsspielraum der Branche in der Zukunft eingeschränkt hätte. „Die Situation im Handel ist dermaßen volatil, dass wir hier jedes Jahr einzeln bewerten sollten.“
Handelsverband sieht neuen Kollektivvertrag kritisch
Durchaus kritisch wird das Verhandlungsergebnis vom Handelsverband bewertet. „Der historisch höchste Handels-KV-Abschluss mit durchschnittlich 8,39 Prozent wird den Beschäftigten die Inflation ausgleichen. Auch wenn jeder Euro mehr bei den Personalkosten in den Betrieben erst verdient werden muss, damit die Beschäftigungsstruktur so aufrechterhalten werden kann. ‚A gmahde Wiesn‘ ist das noch lange nicht, weder für die Jobs noch für die Betriebe“, erklärt HV-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.
Der Handelsverband habe zudem immer betont, dass es einen Schulterschluss zur nachhaltigen Sicherung der Arbeitsplätze im Handel braucht und daher auch im Sinne der Arbeitnehmervertreter die oberste Prämisse gelten muss, so viele Beschäftigte wie möglich im Handel zu halten.
„Die deutliche Erhöhung des Mindestgehalts auf 2.124 Euro macht die Attraktivität der Branche auch in Zahlen deutlich. Generell ist diese Tariferhöhung ein Zeichen der Dankbarkeit an die Beschäftigten, von denen viele in den letzten Jahren Außergewöhnliches geleistet haben. Im kommenden Jahr müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam um den Erhalt der Arbeitsplätze im österreichischen Handel kämpfen. Ebenso empfehlen wir den Arbeitnehmervertretern im Gespräch mit den Arbeitgebervertretern zu bleiben, um drängende KV-Reformen in den verhandlungsfreien Monaten anzugehen und voranzutreiben“, so Will.
Auf den letzten Drücker
Wäre es heute zu keiner Einigung gekommen, hätten sich die KV-Verhandlungen im Handel erstmals in der Geschichte über den Jahreswechsel hinausgezogen. Nach gescheiterten Verhandlungsrunden hatte es zuletzt auch immer wieder Warnstreiks und öffentliche Kundgebungen gegeben. Der Handels-KV betrifft rund 430.000 Angestellte und 15.000 Lehrlinge – es ist der größte Branchenkollektivvertrag in Österreich.